Herr Eschweiler, schon während Ihrer Schiedsrichterlaufbahn waren Sie als Diplomat im Auswärtigen Amt tätig. Auch heute pendeln Sie noch regelmäßig zwischen Bonn und Berlin. Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Vorwiegend kümmere ich mich um die Sportdiplomatie. Dazu zählt unter anderem die Vorbereitung der Fußballwelt- und Europameisterschaften, der olympischen Sommer- und Winterspiele, der Sommer- und Winterparalympics und Special Olympics. Außerdem helfen wir über unsere deutschen Botschaften den inländischen Sportverbänden.
In welchen Fällen leisten Sie Unterstützung?
Wir helfen wenn es um Probleme bei Auslandsreisen mit der Visa-Erteilung oder um ähnliche Dinge wie beispielsweise den Familiennachzug geht. Oft muss das sehr schnell gehen. Über diesen Weg können wir dem deutschen Sport sehr viel helfen. Cottbus, Dortmund und Rostock waren zuletzt auf PR-Reisen im Ausland. Darüber haben wir selbstverständlich die deutsche Botschaft unterrichtet, so dass die jeweiligen Botschafter den deutschen Clubs vor Ort sehr viel helfen konnten. Ihr offizieller Chef ist Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Pfl egen Sie zu ihm ein ähnlich gutes Verhältnis wie in früheren Jahren zu Hans- Dietrich Genscher?
Er ist sehr sportfreudig und weiß, dass in seinem Haus viel für den internationalen Sport getan wird. Diese Tatsache erleichtert die Tätigkeit. Aber auch mit meinen früheren Vorgesetzten habe ich in der Beziehung bisher nur positive Erfahrungen gemacht. Joschka Fischer war schließlich selbst früher aktiver Fußballer, Klaus Kinkel war ein absoluter Fußballfan und auch Hans-Dietrich Genscher konnte sich immer für den Sport begeistern. Das Auswärtige Amt hat immer das große Glück gehabt, dass an der Spitze stets sportfreudige Minister waren.
Auf dem Platz haben Sie stets besonnen gewirkt. Hat die Ausbildung zum Diplomaten Ihnen dabei geholfen, sich die nötige Gelassenheit anzueignen?
Als Schiedsrichter benötigt man ein hohes Maß an Besonnenheit und Durchsetzungsvermögen. Über diese Eigenschaften muss auch ein guter AA-Angehöriger verfügen. Man kann das aber nicht auf einen Einzelfall anwenden, denn es gibt hunderttausend Möglichkeiten. Durch die verschiedenen Facetten ergänzt man sich gegenseitig.
Selbst in schwierig zu durchschauenden Situationen hatten Sie stets einen lockeren Spruch auf Lager.
Die Spieler werden doch von ihren eigenen Leuten schon genug verrückt gemacht. Dann ist es immer gut, wenn ein Schiedsrichter eine gewisse Ruhe ausstrahlt und auch mal in einer hektischen Situation ein nettes freundliches Wort sagt. Lockerheit entkrampft viele Situationen. Mit einem guten Schuss Humor lässt sich vieles leichter ertragen und auch entscheiden. Die Zuschauer gehen doch ins Stadion, um ein Fußballspiel zu erleben und nicht um dem Schiedsrichter zu sehen.
Können Sie sich denn an kein einziges Spiel erinnern, wo Sie nachts lieber nicht nochmal von träumen?
Nein. Da muss ich sie enttäuschen. Meine sportliche Laufbahn habe ich bis zum heutigen Tage in sehr guter Erinnerung. Ich pfeife ja immer noch Prominenten-Spiele.
Was haben Sie 1982 in der berühmten Szene des WM-Gruppenspiels zwischen Italien und Peru (1:1) empfunden, als Sie vom peruanischen Spieler Velásquez versehentlich umgerannt wurden?
Sie haben es ja im Fernsehen gesehen. Der Spieler Velasquez hat mich nicht gesehen und ich ihn nicht. Kurz danach ging es sofort weiter. Ich war ihm da wirklich nicht böse und habe ihn auch später nochmal bei einem internationalen Match getroffen. Das ist ein ganz lieber netter Mensch.
In wieweit hat sich die Arbeit der Unparteiischen im Laufe der Jahre verändert. Ist es nicht durch die vielen Kameras noch schwieriger als früher geworden, weil jeder Fehler sofort öffentlich analysiert wird?
Nein, denn im Laufe eines ruhenden fließenden Spiels darf nichts passieren, was nicht einer des vierköpfigen Schiedsrichterteams sieht. Oberstes Gebot ist eine gute Teamarbeit. Das war zu meiner Zeit so und wird auch so bleiben. Hat der Wettskandal, der Deutschland vor etwa drei Jahren ereilte, dem Ansehen der Schiedsrichter geschadet?
In der Tat hat das dem Schiedsrichterwesen ansehensmäßig sehr geschadet. Wir leben aber in einer schnelllebigen Zeit. Ich hoffe und wünsche, dass sich der Fall Hoyzer nicht wiederholt, denn das hat das Schiedsrichterzunft nicht verdient.
Sie sind aus sportpolitischen Gründen sehr oft bei den Heimspielen des 1.FC Köln und von Bayer Leverkusen zu Gast. Fiebern Sie auch als Fan mit?
In erster Linie bin ich Fan des Fußballs und besuche die Spiele der Vereine, die in der näheren Umgebung stattfinden. Wenn es zeitlich möglich ist, besuche ich auch viele andere Partien.
Wie bewerten Sie die sportliche Entwicklung des 1.FC Köln unter Christoph Daum?
Ich hoffe, dass es weiter aufwärts geht, denn der 1.FC Köln war immer eine Bereicherung der Bundesliga und gehört auch dort hin. Es wäre schön, wenn Köln und Leverkusen im kommenden Jahr wieder im rheinischen Derby gegeneinander spielen könnten. Christoph Daum kenne ich seit über dreißig Jahren und weiß, dass er etwas bewegen kann.