Was macht Sponsoring im Fußball so attraktiv?
Die Zielgruppe wird direkt angesprochen. Gleichzeitig hat der Betrachter aber nicht das Gefühl, sich Werbung auszusetzen. Werbeschriftzüge und -logos sind im Sport mittlerweile akzeptiert. Die aktuellen Studien zweier großer Beratungsfirmen zeigen, dass Sponsoring weiterhin ein Standardinstrument für werbetreibende Unternehmen ist. Der Sport nimmt rund 60 Prozent der Ausgaben ein.
Also engagiert sich ein Unternehmen nur bei einem Sportverein, um dadurch mehr Produkte zu verkaufen?
Nein, es ist eher so, dass sie ein Signal setzen, ein Zeichen, dass sich hinter einem simplen Logo ein Produkt verbirgt. Neben der reinen Bekanntheit durch Präsenz in den Medien soll sich die Botschaft festsetzen und grundsätzliche Sympathie entstehen. Schließlich bekommt der Förderer auch immer etwas vom Erfolg ab. Das Ganze kann natürlich auch negativ wirken, wenn der Erfolg ausbleibt.
Wo liegen die Grenzen des Sport-Sponsorings?
Die Gemeinschaft eines Vereins, die Masse an Personen, ist für Firmen schon ein Wert an sich. So fördert die Dortmunder Versicherung Continentale beispielsweise seit Jahren dezidiert den Breitensport. Dabei geht es auch darum, Namen und Adressen zu sammeln. So eine Partnerschaft kann für Clubs unterhalb der Bezirksliga interessant sein. Aber man muss aufpassen, dass die Mitglieder nicht vergrätzt werden. Im Spitzensport müssen die Verbände und Verein aufpassen, dass sie nicht den Ast absägen, auf dem sie sitzen. Fußballfans sind eine der am besten organisierten Konsumentengruppen, die schnell und schlagkräftig mobilisierbar ist.
Medienpräsenz und Zuschauerzahlen sind in den unteren Klassen gering. Welche Chancen hat der Amateursport da überhaupt, sich auf dem Sponsoring-Markt interessant zu machen?
Grundsätzlich hat der unterklassige Sport immer Probleme, da geht es den Fußballern noch am Besten. Doch es gibt für die Unternehmen in den unteren Ligen durchaus auch Vorteile. Die Überschneidung mit Konkurrenzmarken ist geringer. Außerdem sind die Profiligen eben nun einmal begrenzt. Unternehmen können konkrete Botschaften platzieren, vom Stadion bis zur lokalen Sportseite in der Zeitung. Es ist eine lokale Zielgruppe.
Was ist die spezielle Situation im Amateurfußball des Ruhrgebiets?
Dr. Markus Kuhrscheidt gehört zu den angesehensten Sportmarketing-Experten in der Region. Er war im Jahr 2001 Mitbegründer des Instituts für Sportmarketing an der Ruhr-Universität Bochum. Kuhrscheidt leitete mehrere größere Forschungsprojekte zur ökonomischen Dimension der Fußball-WM 2006 und erwarb sich dadurch in der ganzen Welt akademische Anerkennung. Aktuell forscht er am Institut zum Thema „Vermarktung von Teamsport in ressourcenschwachen Umfeldern“. Bei der Studie vergleichen die Sportökonomen die Vermarktungsmöglichkeiten verschiedener Sportarten und beziehen dabei vor allem untere Ligen mit ein.
Es gibt in dieser Region das Problem, dass in den ersten drei Ligen einfach zu viele starke Clubs spielen. Städte wie Essen, Oberhausen oder Wattenscheid haben eben starke Strukturen und schaffen es letztlich immer wieder, hoch zu kommen. Da wird es für alles unterhalb der dritten Liga schon schwierig. Gleichzeitig gibt es trotz der Vielfalt an Sportarten keinen Ballungsraum, wo Fußball so dominant ist.
Welche Unternehmen investieren in den Amateurfußball?
Häufig solche, die Kunden vor Ort ansprechen wollen. Das können lokale Biermarken oder Energieversorger und Sparkassen sein. Aber auch Betriebe aus der Gastronomie, Kaufhäuser und immer mehr Freiberufler engagieren sich. Viele Unternehmen sehen Sponsoring als Zeichen der Verbundenheit mit der Region oder der Sportart. Aber es geht weniger um den Werbeeffekt oder Absatzmärkte, sondern eher um ein gutes Image und gute Beziehungen. Sportvereine sind zudem interessant, was die Rekrutierung von Personal angeht. Das Geld sitzt nicht mehr so locker. Der kleine Elektriker leidet eben auch unter dem großen Mediamarkt. Interessant sind die Sparten, die im Wachstum sind wie die Telekommunikation oder Dienstleistungen oder Unternehmen, die größere Konsumgüter vertreiben, etwa Möbelhäuser. Allerdings sind Unternehmen auch anspruchsvoller geworden.
Wie können sich die Amateurvereine für potenzielle Partner attraktiver machen?
Viele Vereine verkennen, dass sie auch im kaufmännischen Bereich so professionell arbeiten können wie im sportlichen. Das kann mit einer Art „Rotary Club“ im Kleinen beginnen. Es gibt keine Logen, aber es macht Sinn, das Clubhaus zu erweitern oder VIP-Zelte aufzubauen. Man kann die Grundidee eines Sponsorenpools auch auf unterem Niveau umsetzen. Es sind ähnliche Elemente wie im Spitzensport. Dazu gehören solche Dinge wie Sponsorenpräsentationen an Spieltagen oder Vereinszeitungen und Stadionhefte. Die Vereine brauchen eine Plattform, auf der sie sich weiter vermarkten können. Allerdings ist das ein großer Betreuungsaufwand, der oft unterschätzt wird. Deshalb investieren die Vereine ihre Geld lieber in den fünften Stürmer, als in eine Halbtagskraft, die sich um solche Dinge kümmert.
Wie kann man die Vorstände für das Thema schulen?
Von den Regionalverbänden müsste mehr Sensibilisierung und Schulung kommen, es läuft nur über Aufklärung. Die Vereine sitzen an einem starken Hebel, da sie sportlich viel Erfahrung und Tradition haben. Aber in der Geschäftsführung besteht häufig noch großer Nachholbedarf. Es bedarf auch eines gewissen gesellschaftlichen Geschicks und geschäftlicher Kontakte. Schließlich werden durch Sponsoring Eitelkeiten bedient.
Wie ist das Phänomen des Mäzenatentums zu betrachten?
Bis in die Bezirksliga kann mit lokalen Partnern gut kommen, aber dann wird es langsam eng. Dann braucht man jemand pfiffigen, charismatischen, der sich um einen Sponsorenpool kümmert und Impulse setzt. Das heißt, es geht kaum ohne einen Mäzen. Dieses Finanzmodell wird es in den unteren Ligen immer geben.
Wie kommt es, dass Mäzen-Projekte immer wieder scheitern?
Wenn man sich nicht um weitere Sponsoren kümmert, entsteht eine Abhängigkeit. Es kommt bis in die Regionalliga vor, dass auf einmal ganze Sponsorenpools wegbrechen. Im Grundsatz ist es nicht falsch, wenn eine Person sich engagiert. Es darf nur nicht zum Privatclub werden. Man muss sich weiter um Zuwachs kümmern, sonst geht es ganz schnell wieder runter. Welche Zukunftsperspektiven hat der Amateurfußball in Sachen Sponsoring?
Grundsätzlich gilt: Man muss einen langen Atem haben und Kärrner-Arbeit leisten, das ist auch in der Bundesliga so. Die Vereine sollten nicht nur auf Partnerschaften aus sein, die sofort Geld bringen, sondern auf solche, die das Niveau anheben. Es ist von Vorteil, wenn ein Verein etwas Markantes hat, für das er steht. Im Endeffekt hängt es aber immer wieder an Persönlichkeiten und den richtigen Weichenstellern.