Startseite

Koschinat
Fortunas Erfolgstrainer über RWE, Atalan und Viktoria

(1) Kommentar
Fortuna Köln, Uwe Koschinat, Fortuna Köln, Uwe Koschinat
Fortuna Köln, Uwe Koschinat, Fortuna Köln, Uwe Koschinat Foto: firo
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund Logo
20:30
VfL Bochum Logo
VfL Bochum
18+ | Erlaubt (Whitelist) | Suchtrisiko | Hilfe unter www.buwei.de | -w-

Uwe Koschinat verrät, was ihn von Atalan unterscheidet, warum er ein riesiger Fan von Carl Zeiss Jena war und warum er sich ein Engagement bei Rot-Weiss Essen vorstellen könnte.

Köln: Das ist Leben, das ist Liebe – und das ist vor allem die Begeisterung zum Fußball. Doch es ist auch eine ungewöhnliche Situation in der Domstadt. Der 1. FC Köln befindet sich in der größten Schaffenskrise seit Jahren, muss nach nur zwei Zählern in neun Partien akut um den Klassenerhalt bangen. Diese Situation hätte man vor dieser Spielzeit viel eher dem kleinen Bruder aus der Südstadt zugetraut. Die Fortuna eilt in der 3. Liga aber von Erfolg zu Erfolg, hat nach 13 Spielen bereits 27 Zähler auf dem Konto und darf sich berechtigte Hoffnungen auf den Aufstieg machen. Bei den Gründen für diesen Aufschwung kommt man unweigerlich auf einen Namen: Uwe Koschinat. Der 46-jährige Trainer verrät im Exklusiv-Interview wie realistisch ein Aufstieg seiner Mannschaft ist, was ihn von Lottes Aufstiegstrainer Ismail Atalan unterscheidet, warum er in der vergangenen Saison kurzzeitig ein riesiger Fan von Carl Zeiss Jena war und warum er sich ein Engagement bei Rot-Weiss Essen vorstellen könnte.

Uwe Koschinat, Fortuna steht nach 13 Spielen auf dem dritten Tabellenplatz. Wie lautet Ihr Fazit? Wir sind sicherlich für viele Experten die große Überraschung in der Liga. Auch für mich ist es beeindruckend, welche Punkteanzahl wir zu diesem Zeitpunkt gesammelt haben.

Wie erklären Sie sich diesen sensationellen Start? Natürlich war das so nicht zu erwarten. Nicht überraschend ist allerdings die Art und Weise, mit der die Mannschaft auftritt. Wir haben vor der Saison eine bewusste Veränderung in der Kaderstruktur vorgenommen. Die neuen Spieler setzen meine Ideen einfach sehr gut auf dem Platz um. Dennoch ist es ungewöhnlich, dass sie meine Philosophie so schnell verinnerlichen konnten. Und ich habe den Eindruck, dass die Jungs noch lange nicht satt sind. Diese Phase ist sehr spannend und wir wollen sie optimistisch und zielführend angehen.

Wenn der Klassenerhalt jetzt noch unser Ziel wäre, könnten wir heute in den Winterurlaub fahren und würden die Klasse trotzdem halten

Uwe Koschinat (Fortuna Köln)

Auf Grund des großen Umbruchs wollten Sie sich vor der Saison auch nicht auf ein bestimmtes tabellarisches Ziel festlegen. Der Klassenerhalt erschien realistisch. Wie sieht es nach einem gespielten Drittel aus? In der täglichen Arbeit mit der Mannschaft spielen veränderte Zielsetzungen keine große Rolle. Die Jungs sind einfach sehr neugierig und fokussiert auf die kommenden Aufgaben. Deshalb denken wir im Dialog untereinander auch noch nicht an den 38. Spieltag. Aber wir sind momentan in einer sehr positiven Situation. Da haben wir schon andere Zeiten erlebt, als der Existenzdruck ein ganz anderer war.

Aber Fortuna hat 17 Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz. Klar müssen die Ziele nachvollziehbar und realistisch bleiben. Ich kann nach diesem Saisonstart nicht mehr permanent von dem Ziel Klassenerhalt reden. Das wäre auch ein fatales Signal an die Mannschaft, die sich dadurch zurücklehnen könnte. Wenn der Klassenerhalt jetzt noch unser Ziel wäre, könnten wir heute in den Winterurlaub fahren und würden die Klasse trotzdem halten. Von daher muss unser Ehrgeiz nun darin bestehen, diese traumhafte Konstellation so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Das funktioniert aber nur über Leistung und die entsprechenden Ergebnisse.

Wo sehen Sie Ihre Mannschaft im Vergleich mit den direkten Konkurrenten Magdeburg, Paderborn und Wehen Wiesbaden? Unsere erste Elf ist sicherlich auf demselben Leistungsniveau wie die genannten Mannschaften anzusiedeln. Da haben wir eine enorme Qualität im Team. Unsere Problematik liegt in der Breite des Kaders. Uns fehlt ganz einfach die Tiefe. Ganz speziell Magdeburg und Wehen, aber auch Paderborn haben da ganz andere personelle Möglichkeiten und sind auf jeder Position doppelt besetzt. Das könnte, über die Saison gesehen, ein entscheidender Nachteil für uns sein.

Diese Tiefe hat Ihrer Mannschaft vor allem gegen die Sportfreunde Lotte (0:3) gefehlt. Ganz genau. Allerdings muss ich da auch die Spielansetzungen kritisieren. Ich will nicht weinerlich klingen, aber wir haben dahingehend einfach das schlechteste Los gezogen. Wir mussten nach einem harten Spiel am Mittwoch direkt wieder am Samstag ran. Wir hatten keine Zeit um irgendwelche Trainingsinhalte einzustudieren. Ich glaube, dass es mit einem Tag mehr Vorbereitung sicherlich nicht so deutlich geworden wäre. Aber richtig ist, dass wir es nicht kompensieren können, wenn vier oder fünf Stammspieler gleichzeitig wegbrechen.

Also ist der Aufstieg realistisch, wenn Fortuna von Verletzungen verschont bleibt? Da gehören immer sehr viele Faktoren zu. Aber ich bin davon überzeugt, dass unsere ersten zwölf oder 13 Spieler eine sehr gute Rolle in der Liga spielen können. Unsere Defensive gehört zu den Besten der Liga, wir haben eine tolle Bilanz in der Fremde. Und wir haben in der Rückrunde noch zehn Heimspiele. All diese Faktoren lassen die Fantasie eines Aufstieges zu.

Wenn ich heute eine Entscheidung treffe, dann gilt die auch noch morgen und übermorgen

Uwe Koschinat (Fortuna Köln)

Ihr Vertrag läuft zum Ende der Saison aus. Ihre Erfolge dürften nicht verborgen geblieben sein. Ist Fortuna dennoch der erste Ansprechpartner? Natürlich. Ich bin nach Abschluss der Saison seit sieben Jahren Trainer dieses Vereins. Aber es ist ein fortlaufender Prozess. Ich werde mich sicherlich nicht nur einmal mit den Verantwortlichen zusammensetzen und dann den Daumen heben oder senken. Ich habe vernommen, dass man sich von Seiten des Klubs wünscht, die Zusammenarbeit auszudehnen. Das ist sicherlich nicht selbstverständlich. Es wäre durchaus legitim, nach sieben Jahren auch mal eine Veränderung auf der Trainerposition herbeizuführen. Und auch ich habe prinzipiell ein großes Interesse daran, meinen Vertrag bei der Fortuna zu verlängern. Ich fühle mich in der Stadt Köln sehr wohl. Meine Frau ist hier aufgewachsen, wir haben hier unseren Lebensmittelpunkt. Das sind alles Argumente für eine Verlängerung.

Und was spricht dagegen? Ich habe den Ehrgeiz den Verein permanent weiterzuentwickeln. Dafür müssen aber die Rahmenbedingungen stimmen. Die müssen verbessert werden, um sportlich zu wachsen. Deshalb werden wir uns zusammensetzen und schauen, was realisierbar ist. Ich kann aber versprechen, dass ich keine Spielchen mit dem Verein spielen werden.

Wie meinen Sie das? Schauen Sie sich den Fall zwischen Ismail Atalan und den Sportfreunden Lotte an. So etwas wird es bei mir niemals geben. Wenn ich mich zur Fortuna bekenne, dann auch mit aller Konsequenz.

Also keine Ausstiegsklausel? Das würde doch keinen Sinn und mich unglaubwürdig machen. Wenn ich heute eine Entscheidung treffe, dann gilt die auch noch morgen und übermorgen. Das habe ich bislang in meiner Laufbahn immer bewiesen.

Aber Sie sind doch sicherlich ehrgeizig genug, um irgendwann auch einen Verein mit größerer Strahlkraft trainieren zu wollen, oder? Mit dieser Fragestellung habe ich mich bislang noch nicht beschäftigt, weil ich nicht wüsste, was Fortuna Köln sportlich begrenzen soll.

Zum Beispiel der Fakt, dass der 1. FC Köln das Aushängeschild der Stadt ist und die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zieht. Aber das bringt doch auch enorme Vorteile für uns mit sich. Man unterschätzt so etwas immer gerne. Wenn ich sehe, mit welchen Nebenkriegsschauplätzen Rot-Weiss Essen tagtäglich zu kämpfen hat, dann muss das die Arbeit nicht zwingend erleichtern. Immer nur davon zu reden, dass eine große Fanbasis vorhanden ist und dich jede Woche 10.000 Fans nach vorne peitschen, hilft dir als Verein auch nicht ausschließlich, um sportlichen Erfolg zu haben. Diese Medaille hat eine Kehrseite. Wir können uns ausschließlich auf den Fußball konzentrieren. Deshalb lebt es sich im Schatten des 1. FC Köln sehr gut.

Rot-Weiss Essen ist ein schlafender Riese

Uwe Koschinat (Fortuna Köln)

Bleiben wir dennoch bei Ihren Visionen. Haben Sie einen Karriereplan? Natürlich habe ich den Ehrgeiz, höherklassig zu arbeiten und würde mich gewissen Dingen nicht verschließen. Es gibt sicherlich Vereine, die ein oder zwei Klassen höher angesiedelt sind und wo ich mir die Aufgabe im höchsten Maße zutrauen würde. Aber auch nicht um jeden Preis, die Konstellation muss einfach passen.

Wäre das Ausland ein Traum? Es wäre zumindest sehr reizvoll. Ich würde es aber ganz klar auf ein Land reduzieren wollen. Ich bin ein Mensch, der sehr stark über die Sprache kommt. Und da ich die englische Sprache perfekt beherrsche, wäre es ein Traum in England zu arbeiten. Gerade weil unbekanntere deutsche Trainer dort eine Chance erhalten und Erfolge feiern können. Auf so etwas hätte ich logischerweise auch Lust.

Wäre es nicht spannend, einen Traditionsverein wie den RWE nach oben zu führen? Sie wissen doch wie es geht. Dem würde ich mich nicht verschließen. Rot-Weiss Essen ist ein schlafender Riese. Aber dafür müssten auch die Rahmenbedingungen stimmen. Damit meine ich nicht nur den finanziellen Aspekt, sondern auch die Ausgestaltung der Vereinsphilosophie. Da geht es vor allem um gewisse Kompetenzen. Ich bin nicht so blauäugig und denke, dass ausschließlich die Tradition und der Name des Vereins reichen. Das Gerüst muss einfach stimmen. Aber nur weil ich in der 3. Liga angekommen bin, wäre ich einem solchen Projekt sicherlich nicht abgeneigt – wenn mir die Ziele und die Philosophie des Vereins zusagen und realistisch erscheinen.

Die Regionalliga ist das einzige Hindernis für Viktoria Köln

Uwe Koschinat (Fortuna Köln)

Sie sprachen im vergangenen Jahr davon, dass ein Aufstieg von Viktoria Köln eine absolute Katastrophe für Ihren Verein wäre. Erklären Sie uns dies bitte. Bei der Viktoria braucht es keine wirkliche Budgetierung. Deren Geldgeber Franz-Josef Wernze ist permanent in der Lage, den Etat des Vereins seinen Ideen anzupassen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Zusammenstellung des Kaders einzig und allein durch die Viertklassigkeit minimiert ist. Wenn die Viktoria uns in die 3. Liga folgen würde, könnte sie sich auf dem Transfermarkt bedienen, wie sie will. Sie wäre auf direktem Wege ein absoluter Aufstiegskandidat und eine typische Mannschaft, die den direkten Durchmarsch schaffen kann. Wie gesagt, die Regionalliga ist das einzige Hindernis für diesen Verein.

Also waren Sie in den Relegationsspielen für Carl Zeiss Jena? (lacht) Sie können sich sicher sein, dass ich in diesen Partien ein riesiger Jena-Fan war.

In der Sportstadt Köln wird man nicht am Effzeh vorbeikommen. Wie beurteilen Sie die anhaltende Negativserie dort? Klar bekommt man die Stimmung in der Stadt mit. In den vergangenen Jahren hat der Verein einen herausragenden Job gemacht. Ich wünsche dem Klub und vor allem Trainer Peter Stöger, dass sie zusammen aus diesem Tal herauskommen und der 1. FC Köln in der Bundesliga bleibt.

Welche Konstellation wäre Ihnen lieber: ein Stadtderby in der 3. Liga gegen Viktoria Köln oder ein Stadtderby in der 2. Bundesliga gegen den 1. FC Köln? Das können Sie mich gerne nach dem 30. Spieltag fragen, wenn die Konstellation immer noch dieselbe ist. Noch ist es zu früh, sich darüber Gedanken zu machen. Wir wollen so lange wie möglich oben mitmischen – das wäre ein Traum.

Deine Reaktion zum Thema
Dieses Thema im Forum diskutieren » (1 Kommentar)
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
Neueste Artikel