Bevor es in die Spielzeit 2013/14 ging, stellte der Trainer zum Abschluss der Vorbereitung fest: „Meine beiden Torhüter befinden sich leistungsmäßig absolut auf Augenhöhe. Letztlich hat das Kapitänsamt ein wenig den Ausschlag zugunsten von Andreas Luthe gegeben.“
Und so musste sich „Bruno“ Esser wieder einmal mit einem Platz auf der Bank begnügen, entwickelte dabei aber jede Menge Eigeninitiative. So sammelte er auf eigenen Wunsch in der U23 Spielpraxis, die ihm jetzt zugute kommt. Nach dem Feldverweis von Luthe (zwei Spiele Sperre) steht Esser im Fokus.
Das rabenschwarze letzte Wochenende hat er verdrängt. „Was soll ich mir jetzt noch einen Kopf machen, das zieht einen nur runter.“ Der Torhüter stand am Samstag und Sonntag zwischen den Pfosten und kassierte jeweils in der Nachspielzeit bei der U23 und den Profis den entscheidenden Gegentreffer (RS berichtete). Esser: „Ich werde keinen Antrag auf einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde stellen.“
Erinnerungen werden wach
Torwarttrainer Peter Greiber: „So eine Geschichte habe ich während meiner 15-jährigen Tätigkeit auch noch nicht erlebt. Erst hält er einen Elfmeter und ist der König und dann so ein Gegentor in letzter Sekunde, da kann ja jeder einmal versuchen, sich in seine Gefühlslage zu versetzen.“ Doch dass der Keeper daran zu knabbern hat, schließt Greiber kategorisch aus. „Wenn einer so etwas wegsteckt, dann ist es Bruno.“ Und dann gerät der Torwarttrainer über seinen Schützling regelrecht ins Schwärmen. „Den kannst du nachts um drei Uhr wecken und ins Tor stellen, der ist sowas von cool, der hat Nerven wie Drahtseile und eine Bärenruhe.“
Schon einmal im vergangenen Dezember musste Esser zum Auftakt der Rückrunde für drei Spiele in Folge Luthe vertreten. Er erinnert sich: „Die Situation ist diesmal fast vergleichbar mit damals. Wir hatten Negativerlebnisse hinter uns und mussten unbedingt gewinnen. Dies sollten wir am Sonntag auch tun.“ Wenn der erneute Einsatz von Esser auch nur annähernd so erfolgreich ist, wie zum Ende des vergangenen Kalenderjahres, dann sollte der VfL sich nicht sorgen. 3:0 in Dresden, 4:0 gegen Paderborn und 3:1 im Pokal gegen 1860 München hieß es damals. Esser: „Ich hätte wirklich nichts gegen eine Wiederholung.“
Dass ihm sein Umfeld dies zutraut, beweist auch die Aussage seines Arbeitskollegen Luthe. „In Sachen Torhüter brauchen wir uns überhaupt keinen Kopf machen. Bruno ist einer der besten Keeper der zweiten Liga.“
Der Rückhalt ist also vorhanden und Peter Neururer legt mit Lob noch einmal nach: „Nach der indiskutablen Vorstellung in Sandhausen gehen mir tausend Dinge durch den Kopf. Aber was die Torhüter-Position angeht, verschwende ich keinen Gedanken. Da sind wir optimal besetzt.“
Und so ändert Torwarttrainer Greiber auch nichts am normalen Trainingsablauf. „Spielpraxis hat er, daher wäre es Quatsch jetzt etwas umzustellen.“ Bei der U23 hatte er zuletzt entscheidenden Anteil daran, dass das schlecht gestartete Team von Dariusz Wosz sich mittlerweile von den Abstigesrängen ein wenig entfernen konnte. Klammert man seinen Einsatz in Uerdingen aus – Gegentreffer in der 92. Minute – dann war Esser bei der Zweiten fast ausnahmslos der Matchwinner.
Der trainingsfreie Dienstag ist für den ausgeglichenen 25-Jährigen immer der Familientag. Hatte sich „Bruno“ noch vor einigen Wochen beklagt, dass sich sein fünfjähriger Sohn Tom-Carlo partout nicht mit Fußballspielen anfreunden will, so gestand er jetzt schmunzelnd: „Ich glaube, das wird noch was. Mittlerweile gibt es erste Ansätze.“
Schuloffensive in Bochum
Überhaupt, mit Kindern scheint der Keeper gut umgehen zu können. Wie schon in der Vergangenheit hat der VfL auch am Mittwoch wieder seine Schuloffensive gestartet. Bereits zum siebten Mal begleiteten VfL Profis die neueingeschulten Kinder. Holmar Eyjolfsson, Carsten Rothenbach, Heiko Butscher, Richard Sukuta-Pasu, Florian Jungwirth, Danny Latza, Mounir Chaftar, Jonas Ermes, Ken Ilsö und auch Esser hatten einiges im Gepäck, als sie die Erstklässler verschiedener Schulen besuchten. Es gab Schulhefte, Stundenpläne, Mannschaftsposter fürs Klassenzimmer und natürlich das obligatorische Bobby-Bolzer-Maskottchen.
Bei den Geschenken wollte es der Besuch nicht belassen. Eine gute Stunde verbrachten die VfL-Profis an den zehn Bochumer Grundschulen und dürften den einen oder anderen neuen Fan dabei gewonnen haben. „Es war ein richtig netter Vormittag. Schließlich ist meiner ja auch bald Erstklässler“, blickt Esser nach vorne.