Am Mittwoch wird über die Zukunft entschieden. In höchster Not ist der Einsatz zur Rettung seiner "alten Liebe" für Toni Kroos eine Herzensangelegenheit. "Ein Leben ohne den Fußball ist für mich genauso unvorstellbar wie Mecklenburg-Vorpommern ohne Hansa Rostock", sagte der Nationalspieler vom deutschen Rekordmeister Bayern München, der seine Karriere an der Hansa-Nachwuchsakademie begann: "Ich weiß, dass Hansa für seine Fans nicht nur irgendein Fußballverein, sondern eine Lebenseinstellung ist."
Doch all das ist aufgrund enormer Finanznöte in akuter Gefahr. Am Mittwochnachmittag entscheidet die Bürgerschaft der Hansestadt über den geplanten "Rettungsschirm" für den von der Insolvenz bedrohten Zweitliga-Absteiger. Wird dem Hilfspaket für den hoch verschuldeten Klub nicht zugestimmt, droht nach einem sportlich katastrophalen Jahr die Zahlungsunfähigkeit und der Zwangsabstieg in die Regionalliga.
Weil der Finanzausschuss der Stadt dem von Oberbürgermeister Roland Methling vorgeschlagenen dreiteiligen Hilfspaket im April seine Zustimmung klar versagt hatte (2:8 Stimmen), kommt es zu einem neuerlichen Votum. Vor der Bürgerschaft scheint dabei der Rückkauf des Trainingszentrums in Rostock-Evershagen, der etwa 530.000 Euro in die Vereinskasse spülen soll, eher unstrittig. Problematischer soll es jedoch aussehen, wenn es zum einen um einen Teilerlass der 4,5 Millionen Euro Steuerschulden, der sich auf rund 680.000 Euro beläuft, und zum anderen um eine direkte Finanzspritze von 750.000 Euro geht.
Was den Verantwortlichen des früheren Bundesligisten trotzdem Hoffnung macht, ist die scheinbar grenzenlose Unterstützung. Fotos mit riesigen Plakaten mit der Aufschrift "Wir sagen Ja zum FCH" aus der ganzen Welt machen im Internet die Runde, Vertreter anderer Vereine und prominente Sportler wie Ex-Boxweltmeister Sebastian Zbik machen sich für den Erhalt des Vereins stark. "Ich bin optimistisch, dass die Bürgerschaft für uns stimmt. Die Fakten sprechen für uns. Es gibt viele Gründe, Hansa Rostock zu retten", sagte der Vorstandsvorsitzende Bernd Hofmann: "Wir sind noch lange nicht gesunken."
Sollte der Rettungsschirm abgesegnet werden, will Bayern München im 2013 zum Benefizspiel in Rostock antreten. "In diesen schweren Zeiten müssen alle, die sich Hansa verbunden fühlen, zum Verein halten", sagte Bayern-Präsident Uli Hoeneß am Dienstag, der Münchner Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigger meinte: "Hansa ist ein Verein mit langer Tradition und muss dem deutschen Profifußball erhalten bleiben."
Zwar bekamen der Klub zwischenzeitlich die Lizenz von der Deutschen Fußball Liga (DFL) und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) für die 2. und 3. Liga erteilt, allerdings nur unter Auflagen. Bis zum 24. Mai (2. Liga) beziehungsweise 1. Juni (3. Liga) muss Hansa die Liquidität für die kommende Spielzeit belegen.
Tausende Fans werden am Mittwochnachmittag zu einer Fankundgebung vor dem Rathaus erwartet. Sie wollen verdeutlichen, wie wichtig Hansa für die Stadt und die Region ist. "Ich wünsche mir, dass der überwältigende Zuspruch aus der Bevölkerung in den letzten Tagen und Wochen am Mittwoch bei unserer Kundgebung seinen Höhepunkt erreicht", sagte Hofmann.
Und auch Toni Kroos macht deutlich: "Dass ich den Weg auf die große Fußballbühne geschafft habe, habe ich zu einem großen Teil auch Hansa Rostock zu verdanken." Karrieren wie die des gebürtigen Greifswalders, der einer von nur zwei Spieler aus den neuen Bundesländern im vorläufigen EM-Kader von Bundestrainer Jogi Löw ist, seien in der Region sonst nur schwer möglich. "Deshalb hoffe ich, dass sich die Rostocker Bürgerschaft für Hansa entscheiden wird", betonte der 22-Jährige, der zwischen 2002 und 2006 in Rostock spielte.