Nicht auszudenken wäre es gewesen, hätte das Team von der Castroper Straße schon nach der Hinrunde das Kapitel Aufstieg zu den Akten legen müssen. Danach nämlich sah es lange Zeit aus und nach der erschütternden 1:4-Niederlage am 20. November gegen Ingolstadt sprach nichts, aber auch wirklich gar nichts dafür, dass das Team von Funkel sich noch einmal ins Gespräch bringen könnte.
Die Ursachen dafür sind vielschichtig und die Anfänge liegen bereits in der Vorbereitung. Nachdem nämlich lange Zeit das Team von Verletzungen verschont blieb und der Coach personell aus dem Vollen schöpfen konnte, schlichen sich fast unbemerkt die ein oder anderen Hindernisse ein.
Da ist zunächst die Verletzung von Philipp Bönig zu nennen, der sich in einer ganz starken Vorbereitung seinen Platz auf der linken Seite erkämpft hatte. Sein monatelanger Ausfall blieb folgenschwer, denn Björn Kopplin musste, das bewiesen gerade die letzten zwei Spiele, auf die nicht gerade geliebte Seite ausweichen, womit eine neue Baustelle rechts eröffnet war.
Auch nicht gut tat es dem Team, dass sich Andreas Luthe am letzten Trainingstag in Greetsiel verletzte und so die Torwartposition ohne Konkurrenzkampf vergeben wurde. Ganz offensichtlich hat sich dies bei Philipp Heerwagen nicht leistungsfördernd ausgewirkt.
Doch das eigentliche Übel war, dass die vermeintlichen Topscorer Giovanni Federico und Mahir Saglik, die im Jahr zuvor die Zweitliga-Abwehrreihen aufgemischt hatten, quasi nicht stattfanden. Welcher Fußballfan hätte nicht Haus und Hof gewettet, dass Chong Tese, Saglik und Federico die Liga mit ihrem Offensivwirbel aus den Angeln heben.
Doch nichts davon, klammert man Tese aus, war davon zu sehen. Und so war das eigentliche Prunkstück – der Angriff – plötzlich die Achillesferse. Immerhin hat sich Saglik im Laufe der Vorrunde in die Mannschaft eingearbeitet, malocht und wird sich in Zukunft sicherlich auch noch Tore erarbeiten.
Auch Neuzugang Faton Toski entwickelte im VfL-Team noch keine Konstanz, so dass man für die Rückrunde eigentlich glauben kann, dass diese Mannschaft noch viel Luft nach oben hat. Allzu lange hat die Truppe nämlich die Zweite Liga und die gestellten Herausforderungen nicht angenommen. Offensichtlich ist der ein oder andere im Kopf immer noch Erstliga-Spieler gewesen und so etwas hat zuweilen brutale Folgen.
Die Partie in Ingolstadt riss endlich einigen Akteuren die Augenklappen vom Gesicht. Dass Funkel als erfahrener Coach dieses Spiel zum Anlass nahm, Umgangston und Spielregeln zu verändern, ist verständlich. Fortan nahm der 57-Jährige jedem vermeintlichen Stammakteur seinen Erbhof und stellte ausschließlich nur nach gezeigter Trainings- und Spielleistung auf. Da überraschte es dann nicht mehr, dass etablierte Spieler wie Milos Maric, Mergim Mavraj und Federico sich auf der Tribüne wiederfanden.
Zudem hatte der Trainer Courage genug, in Sachen Nachwuchsförderung Signale zu setzen. Marc Rzatkowski, Kevin Vogt und zuletzt Matthias Ostrzolek, allesamt schon Jugendspieler des VfL, bekamen ihre Einsatzmöglichkeiten und nutzten sie konsequent.
Auch von vier Siegen in Folge ließ der Trainer sich nicht blenden und hielt jetzt Wort. Maric wurde abgegeben, für Pfertzel und Mavraj ist im Profikader kein Platz mehr. Der Wind ist rau, aber sorgt offensichtlich auch für eine Belebung und frischen Wind im Profi-Aufgebot.
So gesehen hat der VfL im Monat Dezember vielleicht endgültig die Weichen gestellt, doch noch in den Kampf um die ersten drei Plätze einzugreifen. Auch wenn Concha langfristig ausfällt, der VfL muss sich hinter den Topteams nicht verstecken. Zumal ja noch ein ganz besonderer „Neuzugang“ das Team bereichern könnte. Nach einem halben Jahr im Stahlbad Regionalliga wäre Mimoun Azaouagh ein begnadigter. Vielleicht der Kreativspieler, der Federico trotz aller Möglichkeiten in der Hinrunde nie war.