Nach einer fast beispiellosen Absageflut soll nun Hans Meyer den krisengeschüttelten 1. FC Nürnberg vor dem Gang in die 2. Bundesliga bewahren. Der ehemalige Trainer von Borussia Mönchengladbach und Hertha BSC Berlin erhält beim Tabellenletzten einen Vertrag bis zum Saisonende. Im Falle des Nichtabstiegs verlängert sich der Kontrakt automatisch um ein weiteres Jahr. Der 63-Jährige, der die Hertha in der Saison 2003/04 vor dem Gang in die zweite Liga bewahrte, beerbt in Nürnberg den am 31. Oktober beurlaubten Wolfgang Wolf.
"Es geht nur um den Klassenerhalt"
"Es geht nur um den Klassenerhalt. Wir wollen der Stadt das Jammertal Abstieg ersparen", sagte Meyer, der nach seinem Abschied aus Berlin im Mai 2004 nicht mehr als Profi-Trainer gearbeitet hat, bei seiner Präsentation am Mittwoch. Meyer leitete bereits am Nachmittag sein erstes Training und wird beim Punktspiel am 19. November beim 1. FC Kaiserslautern auf der Bank des FCN debütieren.
"Club"-Präsident Michael A. Roth bezeichnete Meyer als "alten Haudegen, der uns sicher helfen wird". Die Mannschaft habe vor Meyer Respekt, zudem verliere der bei den Fans seiner bisherigen Vereine stets enorm beliebte Coach nie seinen Humor. Auch Meyers Vorgänger Wolf hält große Stücke auf seinen Kollegen. "Wenn einer dem "Club" jetzt helfen kann, dann er", sagte er. Meyer kündigte an, sich mit Wolf besprechen und an Co-Trainer Dieter Lieberwith festhalten zu wollen.
Viele Kandidaten im Gespräch
Vor Meyers Verpflichtung hatten Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus, Peter Neururer sowie Jürgen Röber, der bei Partizan Belgrad arbeitet, dem FCN einen Korb gegeben. Nach Neururers Absage wurde über zahlreiche mögliche Kandidaten spekuliert, darunter die ehemaligen Bundesliga-Trainer Werner Lorant, Eduard Geyer und Lorenz-Günther Köstner.
Auch die beiden einstigen norwegischen Bundesliga-Spieler Jörn Andersen und Kjetil Rekdal sollen im Gespräch gewesen sein. "Durch die vielen Spekulationen hatte ich zumindest Zeit, die Gespräche mit Hans Meyer in Ruhe zu führen", sagte FCN-Sportdirektor Martin Bader, der Meyer noch aus seiner Zeit als verantwortlicher Leiter der Abteilung Fußball von Hertha BSC kennt.
"Positive Stimmung in die Mannschaft bringen"
Bis zum späten Dienstagabend verhandelte Bader in Nürnberg mit Meyer, musste doch dessen Vertrag als Spielerbeobachter bei Hertha erst noch aufgelöst werden. "Es geht jetzt darum, eine andere, eine positive Stimmung in die Mannschaft zu bringen", sagte Meyer: "Es wird sehr schwer, aber ich bin guter Hoffnung. Es gibt fünf, sechs Mannschaften, die nicht besser besetzt sind als wir."
Über seine Beweggründe zur Rückkehr in den Profi-Fußball machte Meyer gewohnt süffisante Angaben. "Ihr könntet jetzt schreiben, dass ich geldgeil bin, oder mich meine Frau aus dem Garten gejagt hat", meinte er. Tatsächlich aber besitze er in Bad Hersfeld "ein nackiges Haus ohne Fliesen und Teppiche". Präsident Roth überreichte Meyer noch bei dessen Präsentation einen 3500 Euro teuren persischen Scherkat und kündigte an: "Der Teppich hat noch einen großen Bruder. Den gibt es dann nach Sicherstellung des Klassenerhalts."
Der gebürtige Briesener Meyer hatte seine Trainer-Karriere 1970 als Assistent beim DDR-Oberligisten Carl-Zeiss Jena begonnen. Von 1971 bis 1983 war er hauptverantwortlich für den Klub tätig, den er 1981 ins Europapokalfinale der Pokalsieger führte (1:2 gegen Dynamo Tiflis). Über Rot-Weiß Erfurt (1984 bis 1987), den Chemnitzer FC (1988 bis Juni 1993), erneut Jena (Oktober 1993 bis August 1994) und den niederländischen Erstligisten FC Twente Enschede (Januar 1996 bis September 1999) kam Meyer am 7. September 1999 nach Gladbach.
Aufstieg mit "Fohlen"
Meyer führte die bei seiner Amtsübernahme in der 2. Liga auf einem Abstiegsplatz rangierenden "Fohlen" im zweiten Jahr zurück in die Bundesliga. Dort vermied er zunächst den Abstieg, ehe er am 1. März 2003 das Handtuch warf, weil Gladbach nach dem 23. Spieltag auf einem Abstiegsplatz stand. Ende Dezember 2003 kehrte Meyer als Trainer des Tabellen-17. Berlin in die Bundesliga zurück.
Nachdem er den Hauptstadtklub vor dem Abstieg bewahrt hatte, verkündete Meyer seinen Abschied, obwohl ihn Hertha-Manager Dieter Hoeneß zum Bleiben überreden wollte. Seitdem hatte er wiederholt betont, nicht mehr als Profi-Trainer tätig werden zu wollen. Zuletzt war Meyer als Experte für das DSF und als Scout für Hertha tätig.
Dass Meyer nicht Nürnbergs Kandidat Nummer eins war, stört ihn wenig. "In Mönchengladbach wurde ich von einem Boulevardjournalisten mit den Worten empfangen, ich sei nur die Nummer zwölf auf der Liste", sagte er. Seine damalige Antwort, gewohnt schnoddrig: "Stimmt nicht, ich war die Nummer elf."
Bereits am Samstag kann Meyer das erstemal für seinen neuen Verien auf der Trainerbank Platz nehmen. Der "Club" bestreitet ein Freundschaftsspiel gegen den tschechischen Erstligisten FK Mlada Boleslav. Die Begegnung wird ab 14.30 Uhr in Hof ausgetragen.