Dr. Rauball, übernehmen sie - am Montag trat Sportjurist Dr. Reinhard Rauball zum dritten Mal seinen "Dienst" bei Borussia Dortmund an. "Das wird allerdings meine schwierigste Aufgabe", meinte der designierte Nachfolger des nach 18 Präsidenten-Jahren entmachteten Gerd Niebaum angesichts des Schuldenstands von 118,8 Millionen Euro. Rauball wird seine Tätigkeit beim Bundesligisten bis zur Jahreshauptversammlung am 14. November kommissarisch ausüben.
Bereits in seinen beiden ersten Amtsperioden von 1979 bis 1982 und 1984 bis 1986 hatte sich der "Wunderdoktor" als exzellenter Krisenmanager einen Namen gemacht. Der 57-Jährige, der die Borussia vor 20 Jahren mit damals horrenden 8,3 Millionen Mark als Notpräsident rettete, hat für sein neues Engagement mit dem Schwerpunkt Lizenzspieler-Abteilung Prioritäten gesetzt: "Es muss bei Borussia Dortmund wieder mehr über den Fußball geredet werden. Ich sehe mich als Anwalt von 24.000 Mitgliedern, denen ich zu dem Einfluss verhelfen will, wie es früher im eingetragenen Verein gewesen ist."
Homm soll in Schach gehalten werden
Oder anders ausgedrückt: Hauptaktionär Florian Homm, der rund 25 Prozent der BVB-Aktien hält ("Ohne unser finanzielles Engagement wäre dieser Verein heute schon amateurligareif") und sich als Bedingung durch Niebaum per Fax Einflussmöglichkeiten zusichern ließ, soll in Schach gehalten werden. Homm: "Wir werden sicherlich unseren Einfluss konstruktiv, aber auch kritisch, was die Wirtschaftlichkeit des Fußball-Unternehmens angeht, durchsetzen."
Dazu Rauball: "Wir müssen ihm dankbar sein. Aber Herr Homm sollte auch überlegen, welche Rolle er spielt und welche ihm zusteht. Ich bin jedenfalls derjenige, der die Rechte des BVB-Aktionärs e.V. vertritt. Wir müssen zu ihm ein ordentliches Verhältnis finden, doch eine Einflussnahme auf den personellen Bereich wird es nicht geben."
Neckermann-Erbe wittert großes Geschäft
Homm wittert ein großes Geschäft mit den BVB-Aktien. "Borussia Dortmund ist eine absolute Traummarke", meinte der Neckermann-Erbe in einem Interview in der WDR-Sendung "Sport im Westen" und verweist unter anderem auf die höchste Zuschauer-Resonanz in Europa, insgesamt fünf Millionen Fans, 60.000 Aktionären und 24.000 Mitglieder. Ein gut geführter BVB müsse eigentlich so bewertet werden wie börsennotierte Klubs in England, sagt Homm und spricht von einem Kurspotenzial von 500 bis 1000 Prozent.
Niebaum habe in den letzten Jahren viel verbrannte Erde hinterlassen und gravierende Fehler gemacht. Es sei notwendig gewesen, die Macht stark zu reduzieren. Zudem sollen alle Gremien mit konfliktfähigen, talentierten Menschen" besetzt werden, um den Verein wieder auf eine saubere finanzielle Basis zu stellen.
Für den Investor gibt es drei Etappenziele: eine Bestandsaufnahme, ein Sanierungskonzept, das schon in vier Wochen vorliegen soll, die Reduzierung der Verbindlichkeiten und sportlicher Erfolg. Homm: "Aber aus dieser Debatte halte ich mich raus."
Nur graues Mittelmaß
Denn das ist das neuen Feld von Rauball, der 1979 mit 32 Jahren als jünster Präsident Bundesliga-Geschichte schrieb. Derzeit dümpelt das schwarz-gelbe Starensemble einen Punkt von den Abstiegsrängen entfernt im Mittelmaß herum. Rauball will eng mit Trainer Bert van Marwijk und den Sportmanagern Michael Zorc und Stefan Reuter zusammenarbeiten, "denn aus dieser Mannschaft ist noch mehr rauszuholen". Der niederländische Coach hofft indes auf ruhigere Wochen: "So geht es jedenfalls nicht weiter, die Lage in Dortmund muss schnellstens geklärt werden."
Was allerdings auch für Rauball schwer ist. Selbst Transfers schloss der künftige BVB-Chef nicht aus. "Man muss den Fans klar sagen, wie schwer die Situation ist. Fest steht: Es heißt Abschied zu nehmen von Transfers wie Jan Koller oder Tomas Rosicky. Wir müssen wieder verstärkt auf Talente oder ablösefreie Spieler setzen."