Die gespielte Einsicht des ungezügelten Verschwenders. Nach außen hin präsentierte sich Dr. Gerd Niebaum während der Bilanzpressekonferenz durchaus geläutert. "Es gibt schönerer Tage, als so einen spektakulären Verlust zu vermelden", erklärte der Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA, um später zu ergänzen, "die eine oder andere Fehleinschätzung von uns war dabei. Es waren nicht nur höhere Mächte." Anschließend gelobte der Rechtsanwalt Besserung und sprach von einem "erfolgreichen turnaround." In einer Presseinformation wurde sogar groß propagiert "Borussia Dortmund setzt Konsolidierungskurs fort." Dabei schaut der BVB-Präsident so treuherzig aus den Augen, dass man ihm diese Worte sogar abnehmen könnte, zumal er ja Gründe und gleichzeitig Entschuldigungen für das Finanzdebakel anführen kann. Die Insolvenz der Kirch-Media-Gruppe und der damit verbundene Einbruch bei den Fernsehgeldern sowie die verpasste Champions League Qualifikation im Sommer 2003 seien für das riesige Kassenloch verantwortlich. "Wir haben die Lektion gelernt", verkündet der Jurist aus ganzem Herzen. Starke Zweifel sind angebracht. Lernfähigkeit genau ist nämlich die Eigenschaft, die dem obersten schwarz-gelben Macher auf jeden Fall abgesprochen werden muss. Der von ihm als Kapitalgesellschaft geführte Verein hat im normalen Geschäftsbetrieb auch in den zwei Geschäftsjahren zuvor tiefrote Zahlen geschrieben, doch die konnten durch den Verkauf des Tafelsilbers, insbesondere das Stadion, noch geschickt in schwarze umgestrickt werden. So wurden bereits in der Saison 2001/2002 immerhin stolze 32 Prozent an die Düsseldorfer Molacra Vermietungsgesellschaft für 22,9 Millionen Euro verkauft, insgesamt betrugen die sonstigen betrieblichen Erträge in diesem Zeitraum 37,8 Millionen Euro. Ohne diese Transaktionen hätte unter dem Strich nicht ein Gewinn von 1,4 Millionen Euro gestanden, sondern der erschreckende Verlust von über 36 Millionen Euro. Trotz der Teilnahme an der Königsklasse und dem anschließenden UEFA-Cup-Finale. Reagiert hat Dr. Gerd Niebaum nicht. Wahnsinnige 66,2 Millionen Euro zahlte er dagegen an Löhnen und Gehältern für seine Angestellten. Lernfähig? In der Spielzeit darauf wäre erneut ein Finanzkrater von 29,8 Millionen Euro, statt des ausgewiesenen Gewinns von 3,3 Millionen Euro entstanden, wenn nicht der Deal mit der Molsiris Gesellschaft die Bühne gegangen wäre. Auch in dem Jahr machte der BVB-Konzern atemberaubende 67,9 Millionen Euro locker, um seine Arbeitnehmern zu beglücken. Von Kehrtwende keine Spur, der Größenwahn kannte keine Grenzen. Lernfähig? Erst als es nichts mehr zu verkaufen gab, Perlen wie das Stadion nahezu vollkommen in fremder Hand waren, selbst die Namensrechte nicht mehr den Borussen gehören und zukünftige Werbeeinnahmen durch den Vermarkter "sportfive" teilweise stark vorfinanziert wurden, kam es zur angeblichen Einsicht. Die war gar nicht zu vermeiden, weil dem BVB das Wasser bis zur Oberkannte Oberlippe stand und steht. Das Ergebnis des eingeleiteten Konsolidierungskurses ist bekannt. Unter dem Strich stehen 67,5 Millionen Euro als Rekordminus. Das wiederum stellt die Frage, ob die Verantwortlichen nicht zu lange aus dem Vollen geschöpft haben und es für eine Kehrtwendung vielleicht nicht schon zu spät ist. Von einem möglichen Rücktritt will Dr. Gerd Niebaum, der Erfolge schätzt, Kritik allerdings als eine Art Gotteslästerung auffasst, nichts wissen. So dementiert er eine Focus-Meldung, dass er bei der Notarkammer in Hamm eine erneute Zulassung als Notar beantragt haben soll. Die wird nur erteilt, wenn er sein Amt als Geschäftsführer bei der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA niederlegt. Dem Antrag ist angeblich eine Freistellungserklärung des BVB beigefügt. Niebaum: "Schade, dass kein Journalist bei der Bilanzpressekonferenz anwesend war, sonst wäre es nicht zu solchen Falschmeldungen gekommen."
BVB: Gespielte Einsicht eines ungezügelten Verschwenders
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