Ein altes Gesicht, dass die wenigen Fans bei ihrem üblichen Besuch am Trainingsgelände voller Freude begrüßten. Jörg Böhme ist zurück auf Schalke.
Seit Freitag bereitet sich der Linksfuß gemeinsam mit S04-Fitness-Coach Christos Papadopoulos (noch) abseits der Team-Kollegen auf sein Comeback vor. „Der Heilungsverlauf ist optimal, es gab in keiner Phase der Reha irgendwelche Komplikationen. Viereinhalb Monate nach der schweren Verletzung kann ich im läuferischen Bereich wieder alles machen. Das ist sensationell“, freut sich Böhme über die rasche Genesung.
Am 5. Juli diesen Jahres hatte sich der 29-Jährige beim Testspiel in Aue (1:0 für Schalke) einen Kreuzband-Riss im rechten Knie zugezogen. „Viele haben mir prophezeit, dass ich nach der schweren Verletzung in ein mentales Loch fallen würde. Dem war nicht so“, macht Böhme klar.
In den vergangenen beiden Wochen weilte der Nationalspieler in Donaustauf, absolvierte erfolgreich im Center von Klaus Eder die letzte Phase seiner Reha. „Die Rezeptoren, sprich Muskulatur und so weiter sind wieder völlig hergestellt. Jetzt kommt der Ball dazu. Wenn ich bei diesen Übungen auch reizfrei bleibe, kann ich vielleicht in zwei Wochen wieder ins Mannschaftstraining einsteigen“, hält Böhme ein Comeback noch in diesem Jahr nicht für ausgeschlossen. „Ich weiß aber, dass ich jetzt Geduld haben muss“, setzt sich der Ex-Bielefelder aber nicht unnötig unter Druck.
Mit einem Jörg Böhme in alter Verfassung dürfte nicht nur der FC Schalke seine vor dem Saisonstart gesetzten Ziele neu anpeilen. Auch der zuletzt vom Leid geplagte Profi hat Visionen. „Das Kapitel National-Mannschaft ist längst nicht beendet, ich bin schließlich erst 29. Aber ich muss natürlich erst fit werden und spielen. Dann möchte ich mich mit guten Leistungen bei Schalke wieder für die DFB-Auswahl empfehlen“, hat Böhme „die EM 2004 als mein großes Ziel“ vor Augen. „Darauf arbeite ich hin, um dann gegen die besten Teams der Welt antreten zu können.“
Denn das Länderspiel am gestrigen Abend verfolgte Böhme mit einer Menge Wehmut. „Ich hätte sehr gerne gespielt, hier in meinem Wohnzimmer und dazu noch gegen Frankreich“, gibt der ruhiger gewordene Exzentriker zu. „Schließlich war ich in der Vergangenheit gegen fast alle großen Nationen dabei, zum Beispiel gegen Argentinien, England und Holland. Das waren echte Highlights in meiner Karriere“
Rudi Völler jedenfalls wird die Tür für Böhme offen halten, wenn der wieder gesund ist. „Man muss abwarten, wie er nach seiner langen Verletzungspause im neuen Jahr wieder in Form kommt“, gibt sich der DFB-Teamchef diplomatisch. Böhmes Karriere im Adler-Trikot steht bisher schließlich unter keinem guten Stern. Sein zehntes und bislang letztes Länderspiel bestritt er am 29. März diesen Jahres in der EM-Qualifikation beim 1:1 gegen Litauen in Nürnberg. Bei der WM in Südkorea und Japan im vergangenen Sommer zog er sich beim Aufwärmen vor dem letzten Gruppenspiel der DFB-Auswahl gegen Kamerun einen Muskelfaserriss zu und musste vorzeitig nach Hause reisen. Und vor dem Doppelpack in der EM-Qualifikation in Schottland und auf den Faröern im Juni dieses Jahres schickte Völler den Freistoßspezialisten noch vor dem Test gegen Kanada aus dem DFB-Quartier in Wolfsburg Richtung Heimat. „Er ist körperlich und geistig nicht in der Lage, uns zu helfen“, begründete der Teamchef damals den überraschenden Rauswurf.
Am Freitagabend war Böhme auf Einladung von Völler im deutschen Mannschafts-Quartier im Essener „Sheraton Hotel“ zu Gast, nachdem er am Dienstag zuvor das gemeinsame Essen der Vize-Weltmeister beim Gelsenkirchener Edel-Italiener „La Scala“ wegen seines Aufenthalts in Donaustauf sausen lassen musste. „Das eine schöne Geste von Rudi, darüber habe ich mich sehr gefreut“, hat Böhme die Vergangenheit verarbeitet, nur noch die Zukunft zählt.