Nach einer enttäuschenden Hinrunde bedient die Mannschaft des FC Schalke wieder einmal sämtliche Klischees. Wer so viel Stoff für schmutzige Geschichten abseits des Platzes liefert, muss sich auch nicht wundern, dass der sportliche Aufwärtstrend in der Außenwahrnehmung in den Hintergrund gerät.
Denn obwohl die fußballerische Leistung beim 1:1 am Sonntag beim neuen Bundesliga-Herbstmeister Hoffenheim in Ordnung war und Anlass zu der Hoffnung gibt, dass es im neuen Jahr in der Tabelle wieder aufwärts geht, wird auf Schalke nur ein Thema diskutiert: Wie kriegen Trainer Fred Rutten und Manager Andreas Müller - in den Augen vieler S04-Fans ohnehin nicht mehr die richtigen Personen in der Schaltzentrale - diese Truppe in den Griff?
"Ich sehe kein allgemeines Disziplinproblem in unserer Mannschaft", findet Müller die Diskussion über Schalkes "böse Buben" nicht gerechtfertigt. "Von uns hat keiner einen Gegenspieler geschlagen oder gewürgt. Die beiden Roten Karten in Dortmund waren Foulspiele und der Vogel von Orlando Engelaar in Cottbus zwar eine unüberlegte Aktion, aber eben nicht vergleichbar mit einer krassen Tätlichkeit oder dergleichen", möchte der 46-Jährige die Relation zwischen vorsätzlichen Tätlichkeiten, wie zum Beispiel der Bremer Diego sowie Claudio Pizarro am letzten Samstag, und eben leichteren Vergehen berücksichtigen. "Wir haben sehr viele Spieler in der Mannschaft, die sehr diszipliniert sind. Trotzdem müssen wir daran arbeiten, dass die Jungs versuchen die Ruhe zu bewahren, auch wenn wir benachteiligt werden", mahnt Müller an.
Jermaine Jones, Rafinha und auch Gerald Asamoah sind Kandidaten, die immer für eine Karte gut sind. Jones traf es in Hoffenheim zwar im falschen Moment, er hätte aber durchaus schon in der ersten Halbzeit vom Platz fliegen können. Heißsporn Rafinha hat wegen seiner oft unfairen Spielweise und seines Hangs zur Theatralik den Ruf als Flegel der Liga weg, zu Unrecht ist das alles nicht. Müller und Rutten sind nun gefordert, diesen Spielern den Druck aus dem Kessel zu nehmen, ohne dass sie gleichzeitig ihrer Stärken beraubt werden.
Dass man schon während des Spiels von außen versuche, Einfluss auf das Geschehen zu nehmen, sei normal. Es muss ja nicht zwangsläufig dazu führen, dass die Schalker Bank vereinsamt, weil zum Beispiel die Co-Trainer auf die Tribüne verwiesen werden. "Das war nach einer Szene, als Jefferson Farfan auf der rechten Außenbahn von Andreas Ibertsberger gehalten wird, sich von ihm lösen will und dann gegen ihn gepfiffen wird. Das hätte das 2:0 für uns sein können", erinnert sich Müller an die Aktion. "Youri und Mike haben aber weder den Schiri beleidigt noch sonst was. Sie sind nur hochgesprungen, auf der anderen Seite sind die Hoffenheimer bei der Rudelbildung sogar auf den Platz gelaufen. Man muss immer bewerten, wie eine Situation zustande gekommen und was vorgefallen ist."
Die Fakten – auf dem Platz: Mit fünf Platzverweisen ist Schalke zur Saisonhalbzeit immerhin in einer Rangliste ganz vorne. In der Fairnesstabelle, in der fünf Zähler für eine Rote, drei für eine Gelb-Rote Karte und einer für eine Verwarnung gegeben werden, hat Schalke allerdings nicht die meisten Punkte auf dem Konto. Der VfL Bochum (62) und der 1. FC Köln (51) rangieren hier vor den Gelsenkirchenern (49).
Neben dem Platz: Carlos Grossmüller und Gustavo Varela wurden im Oktober aus der ersten Mannschaft geschmissen, nachdem sie ein Training geschwänzt hatten. Beide haben keine Zukunft mehr im Klub. Ein größeres Problem ist Rafinha. Der Brasilianer war am vergangenen Freitag wegen nächtlicher Ruhestörung mehrfach von der Polizei aufgesucht worden, soll aber Opfer von Nachbarn sein, die sich ein Spaß daraus machen, den 23-Jährigen bei jeder sich bietenden Gelegenheit anzuschwärzen.
Wenige Tage zuvor war er im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle mit einem Promillewert von 0,5 bis 0,8 erwischt worden. Rafinha muss wohl einen Monat auf seinen Führerschein verzichten. Zudem stehen vier Punkte in der Flensburger Verkehrssünderkartei sowie eine Geldstrafe von 250 Euro im Raum.