Das DFB-Bundesgericht hat am Freitag, 28. Februar, bestätigt, was viele Beobachter erwartet hatten. Nachdem ein Union-Fan dem Bochumer Torwart Patrick Drewes beim Stand von 1:1 kurz vor Schluss ein Feuerzeug an den Kopf geworfen hatte, wurde das Spiel mit 2:0 pro VfL Bochum gewertet.
Die Unioner haben sich nun noch einmal in einem Statement des Präsidiums zu Wort gemeldet. Sie distanzieren sich erneut von dem Werfer, schreiben von "asozialem Verhalten". "Täter müssen ermittelt, bestraft und möglichst lange aus den Stadien ferngehalten werden. All das ist im vorliegenden Fall erfolgt: Wir haben den Werfer des Feuerzeuges unmittelbar identifiziert und gefasst und noch vor der Fortsetzung des Spiels der Polizei übergeben. Der Täter wurde von uns hart bestraft und es wurde das längste in Deutschland mögliche Stadionverbot verhängt."
Beide Mannschaften brachten das Spiel in der Folge mit einem Nicht-Angriffspakt zu Ende. Darauf fußt auch die Argumentation von Union.
"Auf dem Rasen standen nach dem Wurf zwei Mannschaften, die beide Betroffene des Fehlverhaltens eines Zuschauers waren. Eine der Mannschaften wurde geschwächt, da ein Spieler nicht weiterspielen konnte. Diese Schwächung konnte sich aber nicht nachteilig auswirken, weil die Mannschaft des 1. FC Union Berlin ihren Vorteil nicht ausnutzte, sondern den geschwächten VfL Bochum nicht mehr angriff. Das Spiel wurde von beiden Mannschaften unter Berücksichtigung der besonderen Situation sportlich-fair weitergeführt und schließlich durch den Schiedsrichter ordnungsgemäß beendet. Warum der VfL Bochum sich aus dieser für beide Mannschaften gleichermaßen belastenden Situation einen einseitigen sportlichen Vorteil verschaffen will, kann nur der VfL Bochum selbst beantworten."
Und weiter: "Die DFB-Sportgerichtsbarkeit argumentiert hingegen, dass die Schwächung des VfL Bochum vom 1. FC Union Berlin verschuldet wurde. Das ist nicht nur faktisch falsch, weil der Täter festgestellt und bereits vor Fortsetzung des Spiels aus dem Stadion entfernt wurde. Rechtlich hat das Sportgericht damit den Täter mit der gastgebenden und von der Handlung des Täters ebenfalls betroffenen Mannschaft gleichgesetzt. Diese Argumentation geht auch deshalb fehl, weil die DFB-Gerichte auf diese Weise das sportlich-faire Verhalten der nicht geschwächten Mannschaft gegenüber der geschwächten Mannschaft in den letzten zwei Minuten der Nachspielzeit als strafbar werten. Sie setzen sich mit ihren Urteilen über die Tatsachenentscheidungen und den ordnungsgemäßen Ermessungsspielraum des Schiedsrichters hinweg und werten das Spiel entgegen dem tatsächlichen sportlichen Ausgang um."
Das Präsidium kommt zu folgendem Urteil: "Für den Fußball ist diese Entscheidung der DFB-Sportgerichtsbarkeit fatal. Anstatt den sportlichen Wettbewerb und die teilnehmenden Klubs zu schützen, auch vor einzelnen Tätern auf den Rängen, wird erstmals im deutschen Fußball ein sportlich erzieltes Ergebnis umgewertet, um das Fehlverhalten eines Zuschauers zu bestrafen.
Diese Bestrafung ist jedoch die Aufgabe des Veranstalters, der staatlichen Ordnungsbehörden oder der ordentlichen Gerichte. Es ist hingegen nicht die Aufgabe eines Sportgerichtes. Ein Sportgericht muss alles in seiner Macht Stehende tun, das sportlich erzielte Ergebnis zu schützen und zu erhalten. Die Umwertung sportlicher Ergebnisse zur Bestrafung des Fehlverhaltens von Zuschauern oder aus generalpräventiver Motivation ist ein falscher und gefährlicher Ansatz. Er kann dem Fußball größeren Schaden zufügen, als es ein Fehlverhalten einzelner Zuschauer jemals könnte.
Die gestrigen Äußerungen von Seiten des DFB-Kontrollausschusses sowie ihre damit zum Ausdruck gebrachten Intentionen sind alarmierend. Die Vergangenheit zeigt, dass die bisherige verfehlte Sanktionspolitik mit exorbitant ansteigenden Geldstrafen für beispielweise den Einsatz von Pyrotechnik oder anderes Fehlverhalten von Zuschauergruppen oder Einzeltätern keinerlei präventive Wirkung entfaltet hat. Im Gegenteil, der sanktionierte Einsatz von Pyrotechnik hat sich kontinuierlich verstärkt. Anstatt diese verfehlte Sanktionspraxis zu hinterfragen und gemeinsam mit den Vereinen neu auszurichten, wird nun sogar in den Wettbewerb eingegriffen. Was kein Fehlverhalten von Zuschauern je vermochte, führt der DFB damit selbst herbei: die Gefährdung der Integrität des sportlichen Wettbewerbs.
Diese für den Fußball gefährliche Entwicklung muss gestoppt werden. Daher werden wir zunächst das Ständige Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen anrufen und die aus unserer Sicht falschen Rechtsanwendungen überprüfen lassen. Unsere Auffassung ist klar:
- Wenn Schwächung einer Mannschaft, dann Wiederholung des Spiels ohne Schwächung am gleichen Ort
- Wenn Fehler des Schiedsrichters aufgrund fehlenden Abbruchs, dann Wiederholung des Spiels am gleichen Ort
Das DFB-Sportgericht hat keinen Ermessensspielraum - schon gar keinen politischen -, ordnungsgemäße und regelgerechte Entscheidungen eines Schiedsrichters umzuwerten. Somit ist der sportliche Ausgang des Spiels von 1:1 aufrechtzuerhalten, oder das Spiel ist an gleicher Stelle zu wiederholen.
Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung für die Integrität des Wettbewerbs und somit zum Schutz unseres Vereins werden wir parallel auch die Möglichkeit der Einleitung zivilrechtlicher Schritte prüfen. Das laufende Verfahren lässt erkennen, dass die Rechtsorgane des DFB ihrem Sanktionsbegehren gegenüber Zuschauern, also Menschen außerhalb dieses Wettbewerbs, den Vorrang geben vor ihrem eigentlichen Auftrag, den sportlichen Wettbewerb und die teilnehmenden Klubs zu schützen. Dieser für den Sport gefährlichen Entwicklung müssen und werden wir uns mit allen verfügbaren rechtlichen Mitteln entgegenstellen."