Eine Stunde und fünfzehn Minuten. So lange hatte Tim Oermann Zeit, sich auf sein Bundesliga-Debüt für den VfL Bochum vorzubereiten. Beim 1:1 gegen den 1. FC Köln warf Heiko Butscher den 18-Jährigen ins kalte Wasser und stellte ihn von Anfang an in die Innenverteidigung - überraschen konnte er den Youngster damit aber nicht.
"Es hatte sich schon angedeutet. Dementsprechend hab ich mich darauf vorbereitet, obwohl ich es nicht hundertprozentig wusste." Großartiges Nervenflattern vor Anpfiff habe er aber nicht gehabt. "Ich wusste, dass ich erfahrene Spieler um mich herum habe, die an mich glauben. Natürlich ist die Nervosität groß, wenn du in so einer Situation in so einem Stadion spielst, aber ich bin sehr froh, dass ich so unterstützt wurde."
Sein Geheimnis: "Nicht daran denken, was alles schiefgehen könnte." Zudem habe er ausreichend Rückendeckung von seinen Teamkollegen erfahren. "Die Mannschaft hat mir das Gefühl gegeben, dass ich nichts zu verlieren hab. So bin ich dann auch in das Spiel gegangen." Im Anschluss gab es Lob von allen Seiten.
"So musst du erstmal performen, wenn du nach sechs Spielen ohne Punkte reinkommst", bescheinigte Simon Zoller dem Innenverteidiger eine sehr gute Leistung. Gerrit Holtmann war von dem souveränen Auftritt Oermanns ebenfalls angetan: "Man hat nicht gemerkt, dass er frisch aus der A-Jugend raus ist. Er war heiß, gallig und sehr stabil."
Dazu haben auch die VfL-Fans ihren Teil beigetragen. "Das Publikum hat gemerkt, dass der Unterstützung braucht und das hervorragend gelöst", freute sich Trainer Butscher für seinen Schützling, den er aus der U19 kennt. "Ich hatte ihn zwei Jahre und seine Entwicklung in den letzten Wochen und Monaten war sehr positiv."
Parallele zu Bella-Kotchap
Oermanns Gefühl, in der Startelf zu stehen, sei daher auch nicht von ungefähr gekommen. "Ich habe schon die ganze Woche damit geliebäugelt. Er hat eine Top-Trainingswoche gehabt. Ich finde, er hat das sehr ordentlich gemacht", lobte Butscher, der diesen Schachzug als "Bochumer Weg" bezeichnete.
"Wir haben immer wieder junge Spieler eingesetzt", zog der 42-Jährige die Parallele zu dem positivsten VfL-Beispiel der jüngeren Vergangenheit: Armel Bella-Kotchap. "Den haben wir auch reingeschmissen in einer Situation, wo es schwierig oder vielleicht nicht angebracht wäre. Und er ist jetzt A-Nationalspieler." Druck möchte Butscher damit keineswegs aufbauen, die Bochumer Fans würden gegen eine ähnliche Entwicklung aber bestimmt nichts einzuwenden haben.
orth mit gp