Die Bayern dürfen gerne kommen. Nach dem Sprung auf einen Europacup-Platz mit dem 1. FC Köln machte Steffen Baumgart eines klar. Gesundes Selbstbewusstsein und standesgemäße Demut müssen kein Widerspruch sein. Gegen den Rekordmeister aus München will der wie immer knorrig freundliche Geißbock-Coach bei allem gebotenen Respekt jedenfalls am kommenden Samstag kein bisschen von seiner Fußball-Freude einbüßen. Diese führte ihn schließlich beim Rückrundenauftakt zu einem reichlich abgebrühten 3:1 bei Hertha BSC und vorerst auf Platz sechs der Bundesliga.
„Ich habe das Gefühl, wenn ich mich hinten reinstelle, kann ich genauso den Arsch vollkriegen, wie wenn ich nach vorne spiele. Ich habe mit nach vorne Spielen mehr Spaß, deswegen werde ich gucken, dass wir gegen die Bayern ein gutes Spiel machen“, sagte Baumgart am Sonntagabend nach dem dritten Sieg in Serie in Berlin. So einfach kann Fußball sein.
Kein dreiviertel Jahr ist es her, da befand sich Köln noch ohne Baumgart als Übungsleiter nach einer erschreckend ängstlichen Nullnummer in Berlin in allerhöchster Abstiegsgefahr. Nun zählt der FC zum besten Liga-Drittel und den ernsthaften internationalen Kandidaten des deutschen Fußballs. Was macht das mit Baumgart? Nichts. Die opportune wie obligatorische Frage nach dem Europacup perlte an dem seit vergangener Woche 50-Jährigen einfach ab.
„Wenn die Leistung so bleibt, wenn die Ergebnisse so bleiben, dann werden wir gewisse Sachen nicht aufhalten, aber wir werden nicht darüber reden. Das überlassen wir dann gerne ihnen. Wir sind froh über die Punkte, die wir gesammelt haben“, lautete seine total abgeklärte Antwort. 28 Punkte hat er schon. Eiertänze gibt es mit Baumgart nicht.
Seine Spieler haben die erfrischende Direktheit ihres Coaches verinnerlicht. Gerne werde man wie beim knappen 2:3 im Hinspiel versuchen, „die Bayern wieder zu ärgern“, sagte Verteidiger Luca Kilian, der in Berlin für den nach Chicago abgewanderten Rafael Czichos in die Startelf rückte. Der 22-Jährige wurde gemeinsam mit Nebenmann Timo Hübers (25) zum tagesaktuellen Sinnbild für den Kölner Aufschwung. „Wir können uns auf alle verlassen“, konstatierte Torwart Marvin Schwäbe über die neue, noch recht junge Innenverteidigung.
Diese Worte passten irgendwie zum ganzen Team. Denn von selbst lief das Spiel auf dem Berliner Holper-Rasen auch nicht. „Kritik gibt es immer“, knurrte Baumgart herzlich, ohne über ein paar zu lang gespielte Bälle hinaus ins Detail zu gehen. Anthony Modeste ist mit nun 56 Bundesliga-Toren besser als Köln-Ikone Lukas Podolski (55). Die weiteren Treffer von Ondrej Duda und Jan Thielmann machten den Sieg möglich. Einen Punkt besser war Köln in diesem Jahrtausend zum gleichen Saisonpunkt nur 2017. Am Saisonende war man Fünfter und spielte anschließend bislang letztmals im Europacup.