Die Affäre um Aufsichtsrat Clemens Tönnies und seine umstrittenen Äußerungen beim Tag des Handwerks in Paderborn zieht weitere Kreise.
Kritik an vereinsinternen Strukturen
Als Konsequenz der Entscheidung des fünfköpfigen Ehrenrates, den Schalke-Boss nicht zu belangen, sondern dessen Entscheidung, für drei Monate seine Ämter niederzulegen, ohne weiteres zu billigen, ist jetzt Kornelia Toporzysek mit sofortiger Wirkung aus dem Ehrenrat ausgeschieden. Offenbar störte sie sich auch an dem öffentlichen Eindruck, dass der Ehrenrat Tönnies' Entscheidung, seine Ämter für drei Monate ruhen zu lassen, ohne weiteres abnickend gebilligt habe.
Die Richterin am Oberlandesgericht in Düsseldorf begründet das auf Twitter: "Ich bedanke mich für das Vertrauen, glaube aber nicht mehr daran, dass die vereinsinternen Strukturen eine meinem Amtsverständnis entsprechende Erfüllung der Aufgaben zulassen." Der Vollständigkeit sei erwähnt, dass sie das nicht öffentlich postete, über den Kurznachrichtendienst dennoch sich schnell verbreitete.
Schalke 04 reagierte am Dienstagnachmittag: "Wir können bestätigen, dass Frau Toporzysek Ihren Rücktritt aus dem Ehrenrat des FC Schalke 04 bekannt gegeben hat", teilte der Verein mit. "Der Ehrenrat bleibt damit satzungsgemäß beschlussfähig. Nur dann, wenn zwischen den ordentlichen Mitgliederversammlungen eine dauernde Beschlussunfähigkeit eintreten würde, hätten Aufsichtsrat und Vorstand durch gemeinsamen Beschluss so viele Ehrenratsmitglieder zu bestellen, wie zur Beseitigung einer Beschlussunfähigkeit bis zur nächsten Mitgliederversammlung erforderlich wäre."
Nach Informationen dieser Redaktion kam es am Montag zu einem Treffen des Ehrenrates. Dort soll Kornelia Toporzysek ihren Entschluss gefasst haben. Zu den Gründen äußert sich Schalke nicht. "An Spekulationen zu Gründen des Rücktritts werden wir uns nicht beteiligen", so der Verein.
Die Sitzung des Ehrenrates und das Ergebnis der Beratungen hatte derartige Kreise gezogen, dass der Ehrenrat sich wenige Tage später zu einer Erklärung genötigt sah: „Keines der Mitglieder ist befangen“ heißt es einleitend in der Erklärung des Gremiums, in dem Richter sitzen, ein Anwalt, ein ehemaliger Pfarrer und ein Steuerberater. In der Erklärung legten die Mitglieder des Ehrenrates Wert darauf, dass sie Clemens Tönnies die „nach der Satzung zweithöchste mögliche Sanktion, eine mehrmonatige Suspendierung von bis zu drei Monaten eröffnet“, hätten. Die Stellungnahme erfolgte als Reaktion auf die Spekulationen, Tönnies habe den Verzicht selber vorgeschlagen. Er habe, so hatte der Ehrenrat vor der klarstellenden Stellungnahme verkündet, sich nicht rassistisch geäußert, aber „gegen das in der Schalker Satzung und im Leitbild verankerte Diskriminierungsverbot verstoßen“.
Wie genau die Entscheidung in der viereinhalb Stunden währenden Sitzung zustande kam, ist weiterhin nicht klar, aber die Süddeutsche Zeitung schrieb am 7. August, dass die Sitzung deutlich kontroverser verlaufen war, als nach außen durchgedrungen war: „Die Juristin Kornelia Toporzysek, Richterin am Oberlandesgericht Düsseldorf und seit 2005 Schalke-Mitglied, soll die Paderborner Tönnies-Äußerungen sofort sehr scharf kritisiert haben.“ Offensichtlich konnte Tönnies, so schreibt die Süddeutsche unter Berufung auf „verlässliche Quellen“, mit der Drohung sofort hinzuwerfen, ein schärferes Urteil abwenden.
Jetzt hat mit einiger Verzögerung die Richterin Kornelia Toporzysek doch noch ihre Konsequenzen gezogen. Diesmal reagierte Schalke schnell. Bereits am Nachmittag war sie auf der Webseite nicht mehr als Mitglied des Ehrenrates geführt. (jk/MH)