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Bochum: Philipp Bönig will noch kein Urgestein sein
„Ich war schon weg vom Fenster“

Bochums Philipp Bönig (Foto: firo).
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Am Donnerstag hatte die fußballfreie Zeit für Philipp Bönig ein Ende. Das Auftakttraining zur Rückrunden-Vorbereitung ist für den Linksverteidiger mittlerweile ein gewohntes Ritual, schließlich befindet er sich bereits in seiner fünften Saison beim VfL. Eine lange Zeit, in der Bönig alle Höhen und Tiefen des Fußballs hautnah miterlebt hat. Neben Bundesliga-Aufstieg und Erreichen des UEFA-Cups musste der 27-Jährige zwischenzeitlich auch die Schattenseite kennen lernen:

als Zielscheibe der Fan-Wut im Abstiegs-Jahr. Dennoch fühlt sich der sympathische Erdinger gemeinsam mit Freundin Tanja und den beiden Kindern durchaus wohl im Ruhrgebiet, wie er im RS-Interview verdeutlicht. Philipp Bönig, sind Sie schon ein Bochumer Urgestein? Martin Meichelbeck ist der Dienstälteste, danach kommen Thomas Zdebel und ich. Ich bin schon lange dabei, aber für ein Urgestein ist es noch zu früh. Hätten Sie mit einem langen Aufenthalt in Bochum gerechnet, als Sie 2003 zum VfL kamen? Nein, eigentlich nicht, so etwas kommt eher selten vor. Aber es freut mich, dass man mal konstant bei einem Club bleibt. Ich habe schon eine sehr abwechslungsreiche Zeit mit diversen Hochs und Tiefs erlebt, daher hänge ich auch sehr an dem Verein. Ich bin froh, dass ich hoffentlich noch eine Weile bleiben kann. Wenn man Ihre Zeit beim MSV Duisburg hinzunimmt, leben Sie schon seit sechs Jahren im Ruhrgebiet. Bleibt da etwas hängen? Auf alle Fälle! Viele Freunde von mir meinen, dass ich trotz meines bayerischen Akzents immer öfter „ey“ sage und die Aussprache etwas an den Ruhrpott-Slang angeglichen habe. Das ist meine zweite Heimat geworden, meine Familie und ich fühlen uns sehr wohl – auch wenn wir nach der Geburt des zweiten Kindes von Bochum in die Nachbarstadt Herne gezogen sind.

Ihre Zeit bei den Blau-Weißen verlief bislang durchaus wechselvoll… Als ich kam, hat keiner mit mir gerechnet – ich selbst auch nicht. Am Ende hatte ich fast alle Spiele gemacht und wir waren für den UEFA-Cup qualifiziert. Es lief phantastisch, wie im Traum. Die nächste Saison war das genaue Gegenteil, der Abstieg wurde an einzelnen Spielern festgemacht. Das hat dann unter anderem auch meine Person betroffen.

Wie haben Sie diese schwierige Phase erlebt? Das war keine einfache Zeit, schließlich ging es davor immer Stückchen für Stückchen bergauf. Das hat eine Kante hinterlassen, auch weil ich mit mir selbst nicht zufrieden war. Es ist nie leicht, wenn man vom eigenen Publikum beschimpft und ausgepfiffen wird. Ich habe relativ lange gebraucht, bis ich aus diesem Loch wieder herausgekommen bin. Ich habe meine Lehren daraus gezogen. Wenn so etwas wieder passieren sollte, könnte ich mittlerweile besser damit umgehen. Wobei Sie inzwischen wieder obenauf sind… Ich habe mich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen. Im Aufstiegsjahr ging es langsam wieder besser, nachdem ich ursprünglich keinen neuen Vertrag bekommen sollte. Ich war eigentlich schon weg vom Fenster, aber es hat doch noch geklappt. Und im letzten Jahr hat sich alles wieder zum Positiven gedreht, ich habe eine ganz andere Resonanz bekommen. Das war ein langer und harter Weg.

Weiß man nach so einem Tief auch die Höhen besser einzuschätzen? Auf alle Fälle! Ich habe in Bochum fast alles erlebt, andere nehmen sich dafür eine ganze Karriere. Dadurch lernt man, mit den verschiedenen Situationen besser umzugehen. Inwiefern haben sich die Anforderungen gerade an einen Außenverteidiger wie Sie gewandelt? Früher war man wirklich nur Abwehrspieler und ist den Stürmern 90 Minuten hinterher gerannt. Das hat sich in den letzten Jahren extrem geändert, man kann nicht mehr einfach nur kämpfen und treten. Gerade die Flügelverteidiger sind immer mehr gefordert, sich in die Offensive einzuschalten und Druck auszuüben. Mittlerweile werden vor allem spielstarke Akteure benötigt, die auch mal den Weg nach vorne suchen. Wann ist denn Ihre erstes Bundesliga-Tor fällig? Ich setze mich da jetzt nicht mehr unter Druck, auch wenn ich eh vor jedem Spieltag etwas zu hören bekomme. Ich hoffe schon sehr lange darauf und hatte auch genügend Chancen, es zu machen. Aber irgendwann wird es der Fall sein. Und wenn es so weit ist, werde ich mit Sicherheit einen ausgeben müssen, denn neben mir warten sehr, sehr viele Leute darauf.

Demnächst steht Ihr 100. Spiel im Oberhaus an. Ist das eine besondere Zahl für Sie? Das ist eine stolze Hausnummer, auch wenn noch mehr Einsätze dazukommen sollen. In dem Zusammenhang denke ich auch gerne an meinen ersten Auftritt in der Bundesliga zurück. So einen Moment vergisst man einfach nicht.

Und was kommt danach? Ich will mich langfristig mit Bochum in der ersten Liga etablieren, das ist ganz wichtig für den Club. Das Image der Fahrstuhlmannschaft haftet uns seit Jahren an, daher müssen wir mal vier, fünf, sechs Mal am Stück den Klassenerhalt packen. Ihre Planung klingt ungewöhnlich langfristig… Mein Vertrag läuft bis 2010, das war ein sehr wichtiger Schritt für mich. Wenn der Kontrakt immer nur um eine Saison verlängert wird, weiß man nicht, wie und wo es weitergeht, jetzt bin ich über einen gewissen Zeitraum auf der sicheren Seite. Werden Sie denn irgendwann noch einmal mit Ihren Brüdern zusammenspielen? Das ist ein kleiner Traum, den ich hege. Mit Sebastian, der Kapitän bei Union Berlin ist, bin ich nur anderthalb Jahre auseinander. Unser Kleiner Vincent ist zehn Jahre jünger, aber er spielt schon bei den Bayern in der A-Jugend. Vielleicht klappt es ja, das wäre eine schöne Sache – auch für unsere Eltern.

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