Max Eberl könnte inzwischen problemlos einen Universitätslehrstuhl für Understatement ausfüllen. Seit Wochen wiegelt der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach ab, lässt sich nicht festlegen, umdribbelt das Wort Dreikampf so geschickt, wie er es einst auf dem Platz niemals vermocht hätte. Doch eine alte Bökelberg-Ikone wie Stefan Effenberg lässt sich nicht austricksen.
"Sie werden das nie kommunizieren, es nicht gerne hören, und sie müssen natürlich zuallererst selbst dran glauben. Aber: Sie haben eine riesige Chance auf die deutsche Meisterschaft", schrieb der frühere Borussia-Kapitän in seiner Kolumne für t-online.de. Denn: "Sie treten auf wie eine absolute Spitzenmannschaft."
Eberl weiß das selbstverständlich. Ihm gefällt jedoch vorzüglich, dass sich die Borussia ganz klammheimlich in das vermeintliche Meisterduell zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund gemogelt hat. Er bleibt daher eisern bei seiner Linie: "Vom Labern ist noch keiner erfolgreich geworden."
Das Abwehren auf den Pressekonferenzen wird Woche für Woche schwieriger. "Ich weiß, viele von ihnen können das nicht mehr hören", sagte Eberl am Donnerstag, und er lachte. Schließlich spielt seine Borussia ihre beste Saison seit 42 Jahren, ein Heimsieg wäre der 13. in Serie, ein Rekord für den ruhmreichen Traditionsverein.
Wird Hertha BSC am Samstag (15.30 Uhr) bezwungen, hätte Gladbach nach 21 Spielen 45 Punkte - bereinigt nach Drei-Punkte-Regel mehr als in vier von fünf ihrer Meistersaisons. Noch mehr spricht dafür: Sie haben beide Rivalen noch zu Hause, Dortmund muss nach München. Doch Eberl kappt allzu wilde Träume: "Es geht nur ums Tun und Machen. Gefeiert wird dann im Mai. Wenn es was zu feiern gibt."
Auch die Konkurrenten haben längst auf dem Schirm, was am Niederrhein mit viel weniger Finanzgewalt als bei ihnen selbst geschieht. "Ich rechne absolut mit Gladbach. Die waren so ein bisschen unterm Radar, jetzt holen wir sie mal raus. Sie sind jetzt mittendrin", sagte Bayern-Trainer Niko Kovac am Freitag. Mit Recht: Die Gladbacher stehen punktgleich vor den Bayern, beide trennen sieben Punkte vom BVB. Mönchengladbach hat zudem keine Doppel- oder Dreifachbelastung zu tragen.
Der Rekordmeister hingegen hat äußerst gut damit zu tun, sich auf sich zu besinnen und die dummen Fehler abzustellen. "Wenn wir etwas erreichen wollen, dürfen wir so einfache Tore nicht herschenken", sagte Kovac nach dem Patzer von Mats Hummels, der den Münchnern beim Pokalsieg bei der Hertha (3:2) die unnötige Verlängerung eingebrockt hatte.
15 ihrer 23 Gegentore haben die Bayern nach der Halbzeitpause kassiert, inklusive Champions League reichte siebenmal eine Führung nicht zum Sieg - gegen Fortuna Düsseldorf (3:3) sogar eine doppelte Zwei-Tore-Führung nicht. "Da entwickeln wir das Gefühl, das reicht so, wir müssen vielleicht einen Tick weniger machen", mahnt Kovac vor dem Spiel gegen Schalke 04 am Samstag (18.30 Uhr). "Das funktioniert aber nicht."
Für die Bayern ist der Titel Jahr für Jahr Pflicht, für Dortmund wäre es bitter, ihn zu verspielen. Trainer Lucien Favre konnte sich dazu und über die Oberschenkelverletzung von Marco Reus vor dem Duell mit der TSG Hoffenheim (Samstag, 15.30 Uhr/alle bei Sky) nicht äußern: Er war zu grippekrank, um zur Pressekonferenz zu erscheinen. Reus, bestätigte Sportdirektor Michael Zorc, wird weiterhin fehlen.
Gladbach kann, wie Eberl es formuliert, "die Mannschaft jetzt so laufen und spielen lassen, wie sie es gerade tut". Er trete bei aller Zurückhaltung "nicht die Euphoriebremse. Wir haben 42 Punkte, das ist herausragend. Wir lassen uns nur nicht treiben von Zielen, die im Mai erreicht werden könnten". Es könnte sogar der Titel werden. SID