BVB-Spieler im WM-Check

Wie aus Zaungästen Favoriten wurden

Als der Abpfiff des Testspiels gegen Chile in Stuttgart ertönt war, konnte Jochim Löw wieder einen Tag in seinem Kalender abhaken. 87 Tage sind es noch, dann muss der Bundestrainer seinen endgültigen Kader für das Projekt „Weltmeister 2014“ an die FIFA übermitteln. Theoretisch könnte Borussia Dortmund dabei mehr Nationalspieler als je zuvor stellen (siehe Seite 2; Höchstwert bislang: sechs Spieler bei der EM 1996 und der WM 1998), schließlich bewerben sich gleich sieben Schwarzgelbe um einen Platz. Die Chancen, dass es alle in den Flieger nach Südamerika schaffen, sind jedoch vergleichsweise klein.

Bei fünf Borussen sieht es - teilweise durchaus überraschend - gut bis sehr gut aus, einer wackelt und für einen wird es wohl nicht reichen.

Roman Weidenfeller Dass er neben Manuel Neuer als zweiter Torhüter im Kader für das Testspiel gegen Chile stand, darf durchaus als großer Vertrauensbeweis des Bundetrainers bewertet werden. Löw hat die Vorzüge des routinierten Dortmunders lange zugunsten des Talents seiner jüngeren Konkurrenten verkannt, seine Meinung aber offensichtlich revidiert. Hinter Neuer eine verlässliche Alternative zu haben, bei der keine Lampenfieber-Gefahr besteht, ist ein hohes Gut.

Bisherige Saison: Grundsolide und ohne nennenswerte Patzer. Konkurrenten: Rene Adler, Ron-Robert Zieler, Bernd Leno, Marc-Andre ter Stegen. WM-Chance: 85 Prozent

Marcel Schmelzer Das Verhältnis zu Joachim Löw war in der Vergangenheit nicht immer störungsfrei, doch etwaige Differenzen sind inzwischen ausgeräumt. Schmelzer weiß, dass er bei seinen Einsätzen im DFB-Trikot häufig unter seinen Möglichkeiten blieb, was nicht zuletzt an Abstimmungsschwierigkeiten mit seinen Vorderleuten lag. Bei der WM könnte das Marco Reus sein, womit dieses Problem beseitigt wäre.

Bisherige Saison: In der Hinrunde mehrfach wegen Muskelverletzungen außer Gefecht gesetzt, nimmt der 26-Jährige zum richtigen Zeitpunkt Fahrt auf und zeigte zuletzt starke Leistungen beim BVB. Konkurrenten: Marcell Jansen. WM-Chance: 95 Prozent

Mats Hummels Betrachtet man das sportliche Gesamtpaket (Stellungsspiel, Zweikampfstärke, Kopfballspiel, Spieleröffnung) muss der 25-Jährige auch in der Nationalmannschaft einen Stammplatz sicher haben. Als Liebling von Joachim Löw gilt er jedoch nicht – auch wegen der einen oder anderen polarisierenden Aussage in der Vergangenheit. Wenn er seine Leistung bringt, führt aber kein Weg an ihm vorbei. Seine Nicht-Berücksichtigung für das Chile-Spiel hat natürlich keine Aussagekraft, da er lediglich nach seiner langen Verletzungspause nicht zu stark belastet werden sollte.

Bisherige Saison: Zu Beginn mit überzeugenden Auftritten, dann lange Zeit wegen einer Fußverletzung nicht einsatzbereit und am Wochenende mit einem vielversprechenden Comeback, das als Grundlage dienen soll, immer besser in Form zu kommen. Konkurrenten: Jerome Boateng, Per Mertesacker, Benedikt Höwedes, Heiko Westermann, Matthias Ginter. WM-Chance: 100 Prozent.

Kevin Großkreutz 2013 noch Zuschauer, 2014 plötzlich mit besten Aussichten, einen Stammplatz als Rechtsverteidiger zu ergattern. Philipp Lahm soll im Mittelfeld spielen, Jerome Boateng ist für die Innenverteidigung eingeplant und Heiko Westermann und Benedikt Höwedes sind außer Form. Dass er dazu in der Lage ist, absolute Weltklassespieler mit seiner Beharrlichkeit auszuschalten, hat er in der Champions League unter Beweis gestellt. Davon abgesehen ist seine Vielseitigkeit definitiv ein Trumpf, weil er beispielsweise im Notfall auch auf der linken Seite agieren könnte. „Wunderbar“ fände Großkreutz eine Nominierung für die WM, der er plötzlich ganz nah ist.

Bisherige Saison: Kam in 34 von 35 Pflichtspielen zum Einsatz und spielte bis auf wenige Ausnahmen irgendwo zwischen solide und richtig gut. Konkurrenten: Benedikt Höwedes, Heiko Westermann. WM-Chance: 70 Prozent.

Ilkay Gündogan Die Tatsache, dass Dortmunds Spielgestalter in dieser Saison bis dato nur mit Meldungen über seine langwierige Rückenverletzung und immer neuen Gerüchten um seine Zukunft in den Schlagzeilen aufgetaucht ist, zeigt schon das ganze Dilemma, in dem sich der 23-Jährige befindet. Gündogan betonte in den letzten Wochen mehrfach, dass er davon überzeugt sei, bis zur WM fit zu werden. Die schleppende Entwicklung der letzten Wochen lässt daran aber Zweifel aufkommen. Seine taktischen und gestalterischen Fähigkeiten sind jedoch derart begehrt, dass Löw ihn wohl auch mitnehmen wird, wenn Gündogan erst kurzfristig gesund wird.

Bisherige Saison: Eine Gala-Vorstellung im Supercup gegen Bayern München, ein Einsatz am 1. Spieltag und seither eine Menge Arbeit in der Reha und viele Rückschläge. Konkurrenten: Sami Khedira, Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm, Sven Bender, Lars Bender, Toni Kroos. WM-Chance: 50 Prozent.

Sven Bender Gehörte wegen des riesigen Angebots an defensiven Mittelfeldspielern zu den Wackelkandidaten bei der Ticketvergabe, obwohl gerade seine defensive Stabilität durchaus gefragt ist. Dass er traditionell mit vielen Verletzungen zu kämpfen hat, ist bei „Iron Manni“ keine Neuigkeit. Die Schambeinentzündung, die ihn aktuell auf Eis legt, lässt allerdings frühestens Anfang Mai ein Comeback zu. Damit dürfte er die Vorgaben von Löw (topfit und im Rhythmus) nicht erfüllen.

Bisherige Saison: Immer wieder von Blessuren geplagt, bei seinen Einsätzen aber in Sachen Balleroberung vorbildlich und im Spielaufbau ausbaufähig. Konkurrenten: Sami Khedira, Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm, Ilkay Gündogan, Lars Bender, Toni Kroos. WM-Chance: 5 Prozent.

Marco Reus Nachdem er zu Beginn seiner Karriere gleich vier Einladungen vom DFB verletzungsbedingt absagen musste und eine zeitlang auf der linken Seite nicht an Lukas Podolski vorbeikam, war er im letzten Jahr meist fester Bestandteil der offensiven Dreierreihe. Löw schätzt die Abschlussqualitäten des 24-Jährigen, der immer dazu in der Lage ist, mit einer herausragenden Aktion ein Spiel zu entscheiden.

Bisherige Saison: 29 Torbeteiligungen in 34 Pflichtspielen sprechen eine deutliche Sprache. An der Tatsache, dass er dabei phasenweise auch schwächere Auftritte hatte, offenbart sich sein riesiges Potenzial erst recht. Konkurrenten: Lukas Podolski, Julian Draxler, Andre Schürrle. WM-Chance: 100 Prozent.

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