Dass ähnliche Urteile nach knapp einem Jahr im Amt bei Fans und Beobachtern der Königsblauen mittlerweile weit verbreitet sind, versucht der 43-Jährige auszublenden.
"Davon lasse ich mir keine Energie rauben", sagte Keller vor dem Vorrundenfinale in der Champions League am Mittwochabend gegen den FC Basel. Sein Credo: "Ich konzentriere mich auf das, was ich selbst beeinflussen kann."
Ob es für ihn auf Schalke eine Zukunft gibt, hat er längst nicht mehr selbst in der Hand. Nach den verlorenen ersten beiden Endspielen in der "Woche der Wahrheit", dem peinlichen Pokal-Aus und dem Rückschlag in der Bundesliga beim direkten Konkurrenten Borussia Mönchengladbach deutete alles auf ein baldiges Ende seines zweiten Bundesliga-Engagements hin.
Denn auch die Führungsetage der Gelsenkirchener hat mittlerweile festgestellt, dass die angestrebte Kontinuität auf der Trainerbank mit dem Ex-Stuttgarter wohl nicht zu erreichen ist. Dazu fehlt die Konstanz auf dem Platz - auch bei den Ergebnissen, aber erst recht bei den Leistungen.
In 45 Spielen hatte Keller bis zum Showdown gegen Basel auf der Schalker Trainerbank gesessen, 21 Siege, 9 Unentschieden und 15 Niederlagen waren seine Bilanz - zu wenig für die hohen Ziele der Königsblauen. In der Bundesliga holte er in 32 Spielen nur 54 von möglichen 96 Punkten, 1,69 Zähler pro Spiel.
Im Amt blieb er im Sommer nur, weil er sich als Tabellenvierter ins Ziel rettete. Dass dabei weniger die eigene Stärke als die Schwäche der Konkurrenz entscheidend war, konnte niemand übersehen. Keller jedoch, der beim VfB Stuttgart 2010 nur gut drei Wochen Cheftrainer hatte sein dürfen, sah sich und sein Team "auf einem guten Weg".
Nach dem "Wahnsinn" des ersten halben Jahres glaubte der frühere Abwehrspieler, ihn könne "in den nächsten Jahren so schnell nichts erschüttern". Im Sommer sah er Schalke als "Traumjob", weil er hochtalentierte Spieler wie Julian Draxler, Max Meyer und Leon Goretzka unter seinen Fittichen hat. "Spieler zu entwickeln, ist meine große Stärke", sagte er damals.
Vier enttäuschende Monate später ist Keller nicht nur diesen Beweis schuldig geblieben. Der unbekümmerte Meyer hat sich zwar in der Tat zu einer Stammkraft gemausert, Nationalspieler Draxler indes stagniert, "Jahrhunderttalent" Goretzka hat die Umstellung aus der 2. Liga in die Bundesliga noch überhaupt nicht geschafft.
Die Vorwürfe der Kritiker, es sei kein Konzept zu erkennen und die Mannschaft entwickle sich nicht weiter, konterte der umstrittene Coach stets mit dem Hinweis, man habe in der Bundesliga "nicht so schlecht gepunktet". Bei mittlerweile sieben Zählern Rückstand auf die Champions-League-Plätze ist ihm auch dieses Argument abhanden gekommen.
Als er 100 Tage im Amt war, sagte Keller: "Ich ziehe einen Helm auf und gehe da durch." Den Helm hat er noch nicht abgesetzt, doch in den letzten Wochen wirkte der Coach angeschlagen. Dass nun sogar sein Sohn in der Schule wegen Schalke in eine Rauferei geriet, macht es noch schwieriger, die ewige Diskussion um seine Person auszublenden.