In der Champions League auf Kurs, im DFB-Pokal noch dabei, in der Liga nach dem 600. Sieg wieder in Schlagdistanz: Doch die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist bei den Königsblauen weiterhin groß.
"Das ist Schalke, oder?", fragte Kevin-Prince Boateng nach dem 4:1 gegen den FC Augsburg, das trotz des klaren Ergebnisses sehr mühselig war und die Fans nicht zufrieden stellte: "Wenn man nicht spielt wie Bayern oder Barcelona, schauen hier alle sehr genau hin und sind sehr kritisch."
Dass dies berechtigt war, untermauerte Boateng allerdings selbst, als er nach seiner Auswechslung in der 68. Minute (Schlag aufs Knie) noch minutenlang auf der Bank Platz nahm und seinem Unmut über das Spiel seiner Kollegen freien Lauf ließ. "Da hätten wir einfach mehr Druck ausüben müssen", sagte der 26-Jährige, der Schalke nach katastrophaler Anfangsphase durch seinen mit Wut ins Tor gedroschenen Foulelfmeter (16.) wieder mal in die Spur gebracht hatte.
[player_rating]890022-207001-211200411[/player_rating] Die Augsburger ärgerten sich über die eine Szene, die nach dem 0:1 von Sascha Mölders (10.) das Spiel kippte - Ragnar Klavan sah nach einer Notbremse vor dem Elfmeter die Rote Karte (15.). Vor allem deshalb, "weil die Zuschauer schon unruhig waren", wie Trainer Markus Weinzierl anmerkte: "Und ich hätte mal hören wollen, was sie gemacht hätten, wenn das 2:2 gefallen wäre."
Heldt glättet die Wogen
Der potenzielle Unmut des Volkes war auch Horst Heldt nicht entgangen. Doch Schalkes Sportchef war nach dem erlösenden Sieg durch Tore von Adam Szalai (28./78.) und des erst 18 Jahre alten Max Meyer (86.) darum bemüht, die Wogen zu glätten. "Was hängen bleibt, ist, dass es eine erfolgreiche Woche war", sagte er mit Blick auf das 1:0 am Mittwoch in der Champions League beim FC Basel. Die Zuschauer könne er "durchaus verstehen. Wir waren ein Mann mehr und haben kein berauschendes Spiel gemacht. Von daher kann ich das nachempfinden, es ist vollkommen in Ordnung. Aber in den vergangenen Wochen war unser Publikum sensationell. Von daher gibt es da nix zu mäkeln."
Auch Jungstar Julian Draxler hoffte darauf, dass die Zuschauer die Umstände des Sieges nach dem Schlusspfiff vergessen würden. "Das war keine große Zirkusnummer", meinte der 20-Jährige: "Aber die drei Punkte standen über allem, von daher werden uns die Fans sicher verzeihen." Auch Draxler erkannte aber "unser altes Problem, dass wir am Anfang mit dem Kopf noch nicht auf dem Platz sind".
So nahmen die Schalker aus diesem Spiel neben dem Sieg vor allem die positive Tatsache mit, dass bei Abpfiff fünf Eigengewächse auf dem Platz standen. "Das macht mich stolz", erklärte Trainer Jens Keller. Doch es war auch der Not geschuldet. Deshalb ist auch Heldt der Meinung, dass die Länderspielpause "für uns zur rechten Zeit kommt".
In zwei Wochen könnten dann auch Torjäger Klaas-Jan Huntelaar und Abwehrspieler Kyriakos Papadopoulos dabei sein. Vor allem deshalb wichtig, weil schon in drei Wochen das Derby gegen Borussia Dortmund ansteht - das die Stimmung der Schalker Fans bekanntlich auf Wochen beeinflusst.