Trainingslager können den Verdacht erwecken, für Spieler ermüdend zu sein. Im wahrsten Sinne des Wortes sind sie es natürlich auch, schließlich schlauchen die bis zu drei Einheiten pro Tag ordentlich. Langweilig werden sie allerdings nicht. Das liegt zum einen an den abwechselungsreichen Übungen, die sich das Trainerteam erdacht hat, und ist zum anderen dem Umstand geschuldet, dass jeden Tag, wenn die Spieler mit ihren Fahrrädern in Richtung Trainingsplatz aufbrechen, die Frage im Raum steht, ob am Ziel die berühmt-berüchtigte "Schweineeinheit" wartet.
"Es geht auch um Willensschulung"
Es ist zur schönen Tradition geworden, dass Jürgen Klopp die Zeit im Trainingslager nutzt, um seine Spieler in einer besonders harten Einheit an ihre Grenzen zu bringen. Ob es sich auch in Bad Ragaz geben wird, verrät der Coach ganz bewusst nicht: "Wenn wir sie machen, dann unangekündigt, weil es auch um Willensschulung geht." Am Montag war es jedenfalls noch nicht so weit. Stattdessen stand am Nachmittag erstmals eine Einheit unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf dem Programm. Klopp wollte in Ruhe einige taktische Dinge mit seiner Mannschaft einstudieren und die Zugänge weiter mit seiner Vorstellung von Fußball vertraut machen.
Ob sich diese durch seine Erlebnisse am Vorabend verändert hat, ist nicht anzunehmen. Unter den Augen von Klopp spielte die versammelte Medienschar gegen eine BVB-Auswahl, bestehend aus Spielern aus dem Trainer- und Betreuerstab und Mitarbeitern der Medienabteilung. Auch Nuri Sahin, Marcel Schmelzer und Kevin Großkreutz waren erschienen, um zu schauen, wie diejenigen, die sie sonst bewerten, selbst spielen. Schon während des Aufwärmens zog Klopp ein erstes Fazit: "Wieso macht ihr etwas, das ihr so wenig könnt, so gerne", fragte er lachend.
Nicht schön, aber spannend
Zugegeben, von hochklassig war das Duell relativ weit entfernt. Dafür war es aber hochspannend und wurde nach zwei Minuten in der Verlängerung durch das zweite Golden Goal der Fußballgeschichte mit 5:4 für die Pressevertreter entschieden - ein historischer Sieg. Den angekündigten Perspektivspieler hatte Klopp dabei zwar nicht gefunden, dafür aber eine Menge Spaß gehabt, schließlich konnte er jede Aktion mit einer spitzen Bemerkung kommentieren. Beispiel gefällig? "Gilt man schon als beidfüßig, wenn man mit beiden Füßen gleich schlecht ist?"
Auch am Montagmorgen schien Klopp das Dargebotene noch nicht ganz verarbeitet zu haben. Er müsse nun erst einmal intensiv seinen Jungs zuschauen, um die Bilder aus dem Kopf zu bekommen, meinte der BVB-Trainer. Gut, dass die definitiv das Zeug dazu haben, ihm schnell den für eine gute Stunde wohl verlorenen Glauben an den schönen Fußball zurückzugeben.