Ein Raunen nach einem schönen Steilpass von Marco Reus und höflicher Applaus wie bei einer Preisverleihung für Felipe Santana, der nach einem harten Zweikampf wieder auf die Beine kam. Ansonsten: Stille. Keine Totenstille, davon zu sprechen wäre übertrieben, wenn sich 80.000 Menschen versammelt haben. Eher ein gespenstisches Murmeln, das mit dem, was normalerweise im Dortmunder Stadion los ist, wenn der BVB ein Heimspiel hat, wenig zu tun hatte.
12 Minuten und 12 Sekunden schwiegen die Fans von Borussia und Fortuna - wie alle Anhänger bundesweit -, um damit ihrem Protest gegen das von der DFL entwickelte Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ Ausdruck zu verleihen. RevierSport sprach mit Mitorganisator Jan-Henrik Gruszecki.
Jan-Henrik Gruszecki, Sie gehören zu den Organisatoren der Aktion „12:12 – Ohne Stimme keine Stimmung“ und sind Gründungsmitglied der BVB-Ultragruppe „The Unity“. Wie fällt Ihr Fazit nach dem Protest gegen das von der DFL entwickelte Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ aus? Wir sind mehr als zufrieden. Wir hätten nie damit gerechnet, dass sich wirkliche alle Fans im Stadion der Aktion anschließen würden. Es war ein deutliches Zeichen, dass sich die komplette Fanszene, egal ob Ultra auf der Südtribüne oder Sitzplatzbesucher auf der Haupttribüne, gegen das Papier der DFL gestellt hat. Es war ein richtiger Paukenschlag. Die Südtribüne zum Schweigen zu bringen, ist alles andere als selbstverständlich.
War im Vorfeld viel Überzeugungsarbeit nötig, um alle Fans für die Aktion zu gewinnen? Wir waren sehr früh im Stadion, haben auf jeden Sitz einen Flyer gelegt, um alle über die Hintergründe und unsere Ziele zu informieren. Natürlich kam es auch immer wieder zu Diskussionen, bei denen wir unseren Standpunkt erklärt haben. Die Resonanz war durchweg positiv, was uns natürlich unglaublich freut.
Ist es nicht seltsam, ausgerechnet die Unterstützung zu verweigern und dadurch möglicherweise die eigene Mannschaft zu schwächen? Wir haben die Mannschaft am Sonntag auf der Mitgliederversammlung über unseren Protest informiert. Sie wussten also, dass sich das Schweigen nicht gegen sie gerichtet hat. Es ist natürlich trotzdem nicht schön für die Spieler, aber für uns ist es auch nicht schön. Uns tut es auch weh, wenn wir unsere Mannschaft dadurch ein bisschen im Stich lassen. Aber in diesem Fall ist das große Ganze, um das es uns geht, wichtiger.
Was kann die Aktion bei den angesprochenen Personen bestenfalls bewirken? Wir wollen der DFL letztlich eine Argumentationshilfe leisten, dass sie sich nicht von der Politik, die Fußballfans kriminalisiert, unter Druck setzen lassen muss und unsere Interessen, die Interessen der Fans, offensiver verteidigt. Es war eine Stimmung wie beim Tennis – oder eben beim Fußball in Großbritannien. Diese Verhältnisse wollen wir nicht haben. Im Moment wird das Produkt Bundesliga, für das die DFL wirbt, von Politikern durch den Dreck gezogen.
Der Protest soll auch an den nächsten beiden Spieltagen weitergehen. Befürchten Sie, dass es Abnutzungserscheinungen geben könnte? Nein, im Gegenteil. Am nächsten Wochenende haben wir mit Bayern gegen Dortmund das absolute Topspiel der Liga, bei dem es um sehr viel geht. Dass auch bei diesem Spiel geschwiegen wird, ist ein eindeutiges Zeichen. So muss es weitergehen, um der DFL zu zeigen, dass sie mit ihrem Konzept eine Grenze überschritten hat.