In Bremen auf der Tribüne, gegen Bremen in der Startelf – wer noch einen Beleg dafür benötigt, dass die viel zitierte Schnelllebigkeit wirklich elementarer Bestandteil des Fußballgeschäfts ist, der muss sich nur die vergangene Woche aus Sicht von Oliver Kirch ansehen. Beim Pokalspiel im Weserstadion gegen den FC Oberneuland schaute Kirch seinen Mitspielern von der Tribüne aus zu. Sechs Tage später, beim Bundesligaauftakt gegen Werder Bremen, bestritt er erstmals ein Pflichtspiel im Dortmunder Trikot, vor über 80.000 Zuschauern. Auf diese rasante Entwicklung angesprochen, wartete der Glückliche gleich mit einem Lächeln auf. „Dass es so läuft, habe ich zu Beginn der Woche wirklich nicht erwartet. Es war der Wahnsinn, vor dieser Kulisse einzulaufen. Das war ein super Erlebnis für mich.“
"Das Kribbeln wurde immer größer"
Am Freitagmorgen hatte Lukas Piszczek, etatmäßiger und unumstrittener Rechtsverteidiger beim BVB, erfolglos versucht zu trainieren. Kurz darauf teilte Jürgen Klopp dem ehemaligen Kaiserslauterer mit, dass er ihn am Abend als Vertretung des Polen einsetzen werde. Eine Nachricht, die einen gestandenen Profi, der zuvor schon 125 Einsätze in der Bundesliga absolviert hat, eigentlich wenig beeindrucken sollte. Doch wenn man im nicht mehr ganz zarten Alter von 30 Jahren plötzlich sein Debüt für seinen Leib- und Magenverein feiern darf, treibt das den Puls doch ein wenig in die Höhe. „Der Tag ist doch ziemlich lang gewesen“, schmunzelte Kirch. „Je mehr Zeit verging, desto größer wurde das Kribbeln. Aber das ist auch irgendwie das Schöne.“
Auf dem Feld fügte er sich zu Beginn sehr gut ein, gewann die ersten Duelle gegen den flinken Eljero Elia, bekam im Laufe des ersten Durchgangs jedoch auch einige Probleme mit dem Neu-Bremer, der ihm mitunter entwischte. Da war es hilfreich, dass er seinen Dienst unmittelbar vor der Trainerbank verrichtete, denn Klopp gab lautstark Anweisungen, mit welchen Mitteln die gefährlichen Pässe in die Schnittstelle verhindert werden sollten, was in der Folge auch gut gelang. Erwies er sich in der Defensive als zuverlässige Alternative, offenbarte er im Spiel nach vorne noch viel Steigerungspotenzial. Zwar lief er unermüdlich die kräftezehrenden Wege, die er als „das A und O bei Borussia Dortmund“ bezeichnet, doch ging ihm die Explosivität im Antritt und die Präzision beim Flanken ab, die Piszczek auszeichnen.
Daran, dass der EM-Teilnehmer, so er denn beschwerdefrei ist, am kommenden Wochenende wieder in die Startelf rückt, besteht kein Zweifel. Gleichwohl hat Kirch bewiesen, dass er da ist, wenn er gebraucht wird, und nehmen kann ihn das am Freitag erlebte keiner mehr. Wie war es denn nun? „Einfach traumhaft!“