Mit niedlichem Ailton-Deutsch, einer Charme-Offensive und der Unterstützung von Lukas Podolski will Chong Tese die kritischen Fans des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln überzeugen. Da er als Zweitliga-Spieler für viele als "Podolski-Ersatz" eine Nummer zu klein war, schlug dem Nordkoreaner nach Bekanntwerden seiner Verpflichtung in den Medien und Fanforen erst einmal Ablehnung entgegen.
"Kopfkämpfe" als Spezialität
Nach seiner sympathischen Vorstellung änderte sich das Bild. Für viele ist der aus Bochum gekommene Stürmer ein Sympathie- und plötzlich auch ein Hoffnungsträger. Und das braucht der FC im Moment, denn vor dem Kellerduell am Sonntag beim 1. FC Kaiserslautern (17.30 Uhr/Sky und Liga total!) beträgt der Vorsprung auf die Pfälzer (16. Tabellenplatz) nur noch drei Punkte.
Als Tese auf der Pressekonferenz in eigentlich sehr respektablem Deutsch "Kopfkämpfe" als seine Spezialität bezeichnet und für die kommende Saison einen "Hochplatz" als Ziel ausgegeben hatte, wurde ihm sogleich das Kultpotenzial des Dschungelcampers Ailton bescheinigt. Als der 27-Jährige dann noch schüchtern und nervös erklärte, er habe als Hochschüler bereits ein Trikot des 1. FC Köln besessen und mehrmals das Stadion und die Stadt besichtigt, hatte er so manches Fanherz erobert.
Schwerste Bürde in der Domstadt
Es gibt allerdings in Köln keinen ungünstigeren Tag für die Vorstellung eines neuen Stürmers als den nach einer Podolski-Verletzung. Nachfolger oder Ersatz des kölschen Volkshelden zu sein, ist die schwerste Bürde, die man in der Domstadt tragen kann. Doch dies ist Tese ohnehin nur kurzfristig.
Der rund vierwöchige Ausfall Podolskis gebe ihm die Chance, direkt zu spielen. Diese wolle er nutzen, im Team bleiben - und dann neben Podolski spielen. Auch menschlich will Tese die Nähe des besten und beliebtesten neuen Mitspielers suchen. "Vielleicht kümmert er sich ja ein bisschen um mich", sagte er. Ganz nach dem Motto: Erst Ersatz und Nachhilfeschüler Podolskis sein, dann dessen kongenialer Partner.
Dass er grundsätzlich Qualitäten mitbringt, hat Tese mehrfach bewiesen. In der japanischen J-League, in der er sich den Namen "Wayne Rooney Asiens" verdiente. In der Nationalelf Nordkoreas, die er sensationell zur WM 2010 schoss. Oder in der Hinrunde der Vorsaison in Bochum, als er mit acht Toren sensationell einschlug.
2011 - Ein Jahr zum Vergessen
Das Jahr 2011 war freilich eines zum Vergessen. Beim Asien-Cup schied er mit Nordkorea überraschend im Viertelfinale aus, nach der Rückkehr verpasste er in Bochum den Anschluss. Im April fiel er unglücklich auf den Kopf und verletzte sich an der Halswirbelsäule, im Relegationsrückspiel um den Aufstieg saß er wegen schwacher Trainingsleistungen auf der Tribüne. Und im Sommer schob er schließlich Frust, als ihm der VfL trotz eines lukrativen Angebots von Leicester City die Freigabe verweigerte.
Viel Holz für einen extrem sensiblen Spieler, der dadurch berühmt wurde, dass er vor dem ersten WM-Spiel gegen Brasilien bei der nordkoreanischen Hymne weinte. "Ich habe gehört, Du hattest ein paar Wochen schlechte Laune", sagte Kölns Sportdirektor Volker Finke väterlich zu Tese. Der schaute nur schweigend zu Boden.
In Köln hat er fürs Erste sein Strahlen wieder. Die Nummer 9, die er künftig tragen darf, ist schließlich eine "Bestnummer". Das lustige Tese-Deutsch, vor dem nicht nur Finke "höchsten Respekt" hat, könnte in Köln Kult werden. Wirklich durchsetzen wird sich der Stürmer aber nur mit Toren - egal, ob als Ersatz für oder Partner von Podolski.