Von den Einheimischen war uns Bad Ragaz als ein wahrer Tummelplatz für japanische Touristen beschrieben worden, wir allerdings konnten das lange nicht bestätigen. Im Gegenteil: Tag für Tag waren die einzigen drei Japaner im Ort Shinji Kagawa, dessen Dolmetscher und ständiger Begleiter Jumpei Yamamori, sowie ein einziger Journalist aus Fernost, der die weite Reise nicht gescheut hatte.
Geschrien, gelacht, gequakt und fotografiert
Jetzt aber waren sie also da. Mitten in der Nacht verwandelten sie den Flur in unserem Hotel in einen Rummelplatz. Koffer wurden ge- und verschoben, auf dem Flur aus- und wieder eingepackt. Da wurde geschrien, gelacht, gequakt und fotografiert, dass es eine wahre Freude war. Attraktivität Nummer eins für die Asiaten in der Gegend ist natürlich das berühmte Heididorf. Schließlich war es dieser kleine Fleck auf der Landkarte ganz nahe dem Örtchen Bad Ragaz, wo Heidi einst angeblich gemeinsam mit dem Geißenpeter und dem Alpöhi unter dunklen Tannen saß und in aller Ruhe den Ziegen beim Grasen zuschaute. Heure rollen die Reisebusse dort den ganzen Tag über an.
Was aber tun, wenn dieser Tagesordnungspunkt auf der Liste mit den Sehenswürdigkeiten erst einmal abgehakt ist? Bad Ragaz ist schließlich klein, das Alpenpanorama zwar beeindruckend, aber auch kein abendfüllender Spielfilm. Also hieß es auf durch den Ort und die wichtigsten Gebäude knipsen. Also die Luxushotels im Dorf, das berühmte alte Thermal-Bad, den alten Bahnhof und die nahe Schlucht. Einfach ist die Orientierung allerdings nicht, wenn man weder Schrift noch Sprache beherrscht und so standen die Touristen aus Fernost am frühen Morgen doch recht verloren auf dem Kronenplatz, wussten nicht wohin mit sich und ihren hochmodernen Kameras. Weil die wenigen Passanten mit den Fragen der Japaner nur wenig anfangen konnten, trat schließlich das ein, was ich geahnt und – zugegebenermaßen – auch etwas befürchtet hatte.
"Tourist, Tourist"
Kaum hatte ich den Frühstücksraum verlassen und war auf die Straße getreten, da standen auch schon drei der Japaner um mich herum, redeten auf mich ein, gestikulierten wild mit Händen und Füßen, versuchten auch Englisch zu sprechen, doch das einzige was ich verstand war „Tourist, Tourist“. Nun gut, dass es sich bei den Damen und Herren um solche handelte, hatte ich mir fast gedacht. Was also konnte gemeint sein. Es dauerte lange, ehe ich dahinter kam – oder zumindest dachte, ich hätte verstanden.
Fast hatte ich dieses Vorkommnis vergessen, als ich wenig später auf dem Weg zum Trainingsgelände, das ein Stücken außerhalb der Stadt liegt, plötzlich einen seltsamen Menschenauflauf vor einem kleinen Gebäude beobachtete. Und tatsächlich: Da standen die 35 aufgeregten Japaner und fotografierten - die Touristen-Information von Bad Ragaz.