Ein Blick auf die aktuelle Tabelle der 1. Bundesliga genügt, um festzustellen, wer derzeit den erfolgreichsten Fußball in Deutschland spielt. Mittlerweile beträgt der Vorsprung der Dortmunder Borussia auf Mainz 05 vier Punkte, der auf Bayer Leverkusen, momentan bestplatzierter Meisterschaftskandidat, sogar sieben. Die ersten elf Spieltage der noch jungen Saison waren eine klare Kampfansage des BVB an die Konkurrenz.
Während sich das Revier vor Lobeshymnen auf die Dortmunder „Himmelsstürmer“ überschlägt, fühlt man sich dort für die bisher gezeigten Leistungen nicht genug gewürdigt. Jürgen Klopp kritisierte nach dem Sieg in Hannover und angesprochen auf einen vermeintlichen Kräfteverschleiß, dass sich „niemand außer uns ernsthaft mit Borussia Dortmund beschäftigt“.
Jetzt legte Nuri Sahin nach, bemängelte, die Borussia werde stets auf ihre hohe Laufbereitschaft reduziert. Und zudem habe die Berichterstattung über den BVB stets etwas Negatives an sich.
Wie man in Dortmund zu einer solchen Betrachtungsweise kommt, steht allerdings in den Sternen. Kein Tag schließlich, der ohne neue Superlative und Lobhudeleien auskommt: „Klopp ist der geilste Typ der Liga“, „Dortmund einfach GÖTZ-lich!“, heißt es dann. Oder auch: „Die Unglaublichen: BVB auf dem Weg zur Titelreife“. Kaum jemand zweifelt noch an, dass der „BVB ein ernsthafter Kandidat für den Titel“ ist.
Deshalb noch einmal zum Mitschreiben: Natürlich ist die extrem hohe Laufbereitschaft die Basis für den Dortmunder Erfolg, doch noch mehr beeindrucken: Das atemberaubende Tempo im Offensivspiel, das geschickte Defensivspiel, bei dem der BVB fast ohne Fouls auskommt, die taktische Raffinesse, das präzise Passspiel, die erstaunliche Reife, die die Klopp-Elf auch in kritischen Phasen die Ruhe behalten lässt und die Phantasie, die neben Nuri Sahin vor allem die „Superschnäppchen“ Shinji Kagawa und Mario Götze verkörpern.
Dies alles sind freilich keine neuen Erkenntnisse, ebenso wenig können diese als exklusiv gelten. Daher erstaunt es schon, dass man sich in Dortmund fast schon ungerecht behandelt fühlt. Zumal dort ohnehin nur „von Spiel zu Spiel“ geschaut und nicht eine Sekunde an den Titel gedacht wird. So tabu wie das „M-“ (Meisterschafts) und „C-Wort“ (Champions-League) ist nur der Blick auf die Tabelle – also könnte sich der BVB doch einfach darüber freuen, so lange unterschätzt und auf seine Laufbereitschaft reduziert zu werden, bis er am Ende Deutscher Meister ist.