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"Gladbach muss internationale Ansprüche haben"

"Gladbach muss internationale Ansprüche haben"
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Im sid-Gespräch spricht Jupp Heynckes über seine Ziele, die er in der kommenden Saison mit Borussia Mönchengladbach verfolgt. Der neue Coach will durch Kontinuität die "Fohlen" zu alter Stärke zurückführen.

Sechs Tage vor dem Bundesliga-Start gegen Energie Cottbus spricht Gladbachs neuer Coach Jupp Heynckes über seine Ziele, die er sich für die kommende Saison mit der Mannschaft gesetzt hat. Mit kontinuierlicher Arbeit will der 61-Jährige die Elf vom Niederrhein wieder in den internationalen Wettbewerb führen. ##Picture:panorama:1985## sid: "Nach 19 Jahren sind Sie nach Mönchengladbach zurückgekehrt. Worin sehen Sie ihre Hauptaufgabe bei der Arbeit mit der Mannschaft?"

Jupp Heynckes: "In den vergangenen Jahren war die Fluktuation bei den Spielern und bei den Trainern sehr groß. Es geht für mich darum, in den Verein Kontinuität hineinzubringen. Wir müssen in unserem Spiel Konstanz entwickeln und klare fußballerische Strukturen schaffen. Wir müssen den Spielaufbau aus der Defensive verbessern und Spielzüge zeigen, die dem modernen Fußball entsprechen. Die Mannschaft muss in der Lage sein, ein Spiel zu kontrollieren. Aber das braucht Zeit."

sid: "Was haben Sie denn in den ersten Wochen schon verändert?"

Heynckes: "Der Fitnesszustand der Mannschaft war nicht besonders gut, als sie aus dem Urlaub kam. Fünfeinhalb Wochen Ferien waren einfach zu lang. Wir haben sehr intensiv gearbeitet, besonders im Kraft- und Ausdauerbereich. Denn Fußball wird mit dem Kopf, den Beinen und dem Body gespielt. Das hat die WM deutlich gezeigt. Wir müssen in der Vorbereitung eine physische und psychische Basis schaffen. Gerade die jungen Spieler müssen an Muskelmasse noch deutlich zulegen."

sid: "Von den jungen Spielern haben Sie eine ganze Reihe in der Mannschaft. Ist die Arbeit mit diesen Leuten die Zukunft des Vereins?"

Heynckes: "Es ist immer meine Philosophie gewesen, mit jungen Leuten zu arbeiten. Wenn Sie aus dem eigenen Stall kommen, identifizieren sie sich viel besser mit dem Klub. Ich würde nie einen Spieler holen, der mit 28 Jahren schon bei 10 Vereinen gespielt hat. Es gibt jetzt eine neue Generation von jungen Spielern, die lernen und malochen wollen. Diesen Spielern muss man eine Chance geben. Es ist die Aufgabe des Trainers, diese Leute zu motivieren und ihnen den Spaß und die Lockerheit zu vermitteln. Es ist wichtig, dass sie keinen Druck verspüren. Das hat Jürgen Klinsmann mit seinem Team bei der WM phantastisch gemacht."

sid: "Was unterscheidet die heutige Generation an jungen Leuten von den Spielern vor 10 oder 15 Jahren?"

Heynckes: "Die Spieler sind wieder bereit und mit Engagement bei der Sache. Sie müssen wieder dahin kommen, dass sie einfach nicht verlieren wollen. Das ist das Wichtigste. Ich kann Niederlagen nicht akzeptieren. Für die Öffentlichkeit schon, aber nicht für mich. Das habe ich von Hennes Weisweiler übernommen. Wenn wir früher ein Spiel verloren haben, dann herrschte auf der Rückfahrt im Bus Stille. Da hat kein Akteur geredet, es gab keine Musik und kein Essen. Niederlagen habe ich oft ein paar Tage mit mir herumgeschleppt."

sid: "Wo wollen Sie Borussia hinführen?"

Heynckes: "Es muss der Anspruch von Gladbach sein, wieder um die europäischen Plätze mitspielen zu können und dann international dabei zu sein. Ich denke, dass dies in zwei, drei Jahren möglich ist. Der Verein muss das Ziel haben, dadurch talentierte Leute zu halten und für gute Spieler wieder interessant zu sein. Der sportliche Reiz und der wirtschaftliche Faktor sind für die Akteure entscheidend. Es muss für die Spieler wieder etwas besonderes sein, für Borussia aufzulaufen. Gladbach ist ein Traditionsverein, der immer noch einen guten Ruf besitzt."

sid: "Woran merken Sie das?"

Heynckes: "Als ich in Spanien gearbeitet habe, bin ich immer wieder angesprochen worden. Auf dem Flughafen kamen Leute zu mir und wollten Autogramme. Sie wussten, dass ich mal bei Gladbach gespielt habe, und in den 70er-Jahren waren wir in Europa eine Zugnummer."

sid: "Worin liegen denn die Unterschiede für einen Trainer bei der Arbeit in Deutschland und in Spanien?"

Heynckes: "In Spanien und Italien wird der Trainer Mister genannt. Dort ist er eine Respektsperson. In Spanien geht alles sehr professionell zu, alles wird vom Verein gesteuert. Die Spieler sind sehr diskret und fleißig, aber auch sehr selbstkritisch. Dort winkt keiner ab, wenn er mal ausgewechselt wird."

sid: "Kommen wir wieder zur aktuellen Situation. Mit dem Argentinier Federico Insua konnten Sie ihren Wunschspieler verpflichten. Was erwarten Sie von ihm?"

Heynckes: "Er ist ein kreativer Spieler, der über eine gute Spielübersicht verfügt und taktisch sehr stark ist. Er muss unser Angriffsspiel entscheidend beeinflussen. Er muss sich aber erst noch an die Liga, das Klima, die Sprache und die Mentalität gewöhnen."

sid: "Schließt sich mit Ihrer Rückkehr nach Gladbach der Kreis?"

Heynckes: "Ich hatte mir eigentlich nicht mehr vorstellen können, noch einmal bei der Borussia zu landen. Ich hätte gerne die Aufgabe bei Schalke zu Ende geführt. Aber ich glaube, dass es für den Verein jetzt noch einmal eine große Chance ist. Wenn es so läuft, wie es sich beide Seiten vorstellen, dann wird es sicher meine letzte Station als Trainer sein. Ich werde nicht noch einmal in die Welt ziehen. Meine Arbeit in der Vergangenheit hat viel Substanz gekostet."

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