Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß hatte zuletzt mit der Unterstellung aufhorchen lassen, Michael Ballack würde den deutschen Rekordmeister allein des Geldes wegen verlassen. Den Berater des Kapitäns der deutschen Nationalmannschaft, Michael Becker, lassen diese Vorwürfe jedoch kalt. "Diese Feststellung ist haltlos. Ich bin überrascht und erstaunt", betonte er gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: "In der Preislage, in der Michael angesiedelt ist, geht es nicht allein ums Geld. Er hat eine sportliche Entscheidung zu treffen. Wir sind in ernsthaften Verhandlungen mit Chelsea London."
Hoeneß hatte zu Wochenbeginn im Fachmagazin kicker gemutmaßt: "Es war immer klar, dass es Michael nicht darum ging, eine neue Sprache oder eine neue Kultur kennenzulernen, sondern eine neue Währung." Zuvor hatte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge Mittelfeld-Star Ballack in der Süddeutschen Zeitung ein eher schlechtes Zeugnis ausgestellt. Dessen Vorgänger Stefan Effenberg stehe für den internationalen, Ballack lediglich für den nationalen Erfolg. Zudem sprach er mit Blick auf Ballack von einem "Führungsvakuum" im aktuellen Bayern-Team.
Rummenigge will "nicht nachgetreten" haben
In der Sport-Bild beteuerte Rummenigge nun zwar, er habe "nicht nachgetreten. Ich habe nur Fakten aufgezählt. Nur, wie viele Erfolge er hat und wie viele Effenberg." Becker aber sieht in den Angriffen eine Strategie. "Ich erkenne eine Parallele zur Saison 2003/04. Auch damals wurde in Ballack ein Sündenbock für den ausbleibenden sportlichen Erfolg gesucht und gefunden", sagte er. Vor der wichtigen Champions-League-Partie der Bayern gegen Celtic Glasgow etwa habe es geheißen, "Michael sei nicht fit".
Nicht Ballack, sondern die Bayern-Chefetage habe sich im Vertrags-Poker falsch verhalten, ergänzte Becker. "Ich habe nie verstanden, warum sich andere Führungsspieler zum Jahresbeginn 2006 entscheiden sollten, Michael aber schon im November 2005." Die Bayern zogen ihr 36-Millionen-Euro-Angebot für die nächsten vier Jahre Mitte November zurück, weil Ballack zu lange gezögert hatte.
Der Rekordmeister habe sich schlicht verpokert, meinte Becker. "Offensichtlich hatten die Bayern nur Real (Madrid, d. Red.) auf der Liste." Wegen der dortigen Führungskrise habe der Klub auf einen "Gang nach Canossa" (Hoeneß) Ballacks gehofft, also darauf, dass der 29-Jährige das Bayern-Angebot doch annehmen würde. Nach dem Einstieg von Chelsea in die Verhandlungen wurde ein Bußgang aber hinfällig.
Im Vergleich zu ihren Mitwerbern schneiden die Bayern Becker zufolge nicht gut ab. "Die Tatsache der Ablösefreiheit wurde von allen Mitkonkurrenten anders bewertet als von den Münchnern selbst", sagte er. Deshalb waren die Offerten von Manchester United, Inter Mailand und Olympique Lyon deutlich lukrativer als das Angebot der Münchner.