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Klaus Fichtel wird 65
Den "Kaiser" vor der Nase

Schalke: Klaus Fichtel wird 65
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Er trat am 21. Mai 1988 im Bundesligaspiel Schalke 04 gegen Werder Bremen mit 43 Jahren, sechs Monaten und zwei Tagen von der großen Fußball-Bühne ab.

Herr Fichtel, wir sind ein wenig enttäuscht. Wir hätten gerne in Ihrem Garten ein Bild von Ihnen unter einer Tanne gemacht!

Klaus Fichtel: Tut mir leid, die haben wir vor einigen Jahren alle abgeholzt. Die Tannen sind mit der Zeit zu groß und von innen braun und kahl geworden. Das gefiel uns nicht.

Tat Ihnen das nicht in der Seele weh?

Sie meinen wegen meines Spitznamens? Ach, wir können doch einen Lebensbaum nehmen, der passt doch sowieso viel besser. Sie meinen wegen des Spruchs "Der Wald stirbt - die Tanne steht"?

Ja, Gott sei Dank bin ich von schweren Verletzungen verschont geblieben und kann auch heute noch regelmäßig in der Schalker Traditionself Fußball spielen. Nur in der Halle laufe ich nach zwei Meniskusoperationen nicht mehr auf.

Wer hat Ihnen denn den Spitznamen "Tanne" verpasst?

Das war mein damaliger Trainer Fritz Langner, der mich 1965 von Arminia Ickern nach Schalke geholt hat. Um die Weihnachtszeit wollte er wohl mit meinem Nachnamen spielen. So kam er über Fichtel und Fichte auf „Tanne“. Das hat sich gehalten. Noch heute werde ich in Schalke vor allem von den älteren Fans so angesprochen. Das wird sich wohl auch bis zu meinem Tod nicht mehr ändern.

Sie sind der ewige Schalker. Bis auf vier Spielzeiten bei Werder Bremen sind sie seit 40 Jahren im Dienst des Vereins!

Klaus Fichtel - Rekordspieler des FC Schalke (Foto: firo).

Ja, ich bin auch heute noch fest angestellt. Nur Trainer Fahrudin Jusufi mit seinem Jugendwahn wollte mich 1980 nicht mehr. Er meinte, ich sei mit 35 Jahren als Spieler zu alt. Eine fatale Fehleinschätzung. Rudi Assauer holte mich für 50.000 DM nach Bremen und Schalke stieg ab. Aber in Bremen habe ich gelernt, dass man einen Verein auch anders und seriös führen kann. Ich kannte bis dahin ja nur Schalke. Hätte Schalke damals den Vorstand von Bremen, Bayern oder Mönchengladbach gehabt, ich bin sicher, wir wären über Jahrzehnte hinaus in Deutschland führend gewesen.

Bevor Sie zu Schalke kamen, waren Sie Bergmann. War der Vertrag für Sie das Tor zu einem besseren Leben?

Die Arbeit auf dem Pütt war ein Knochenjob. Ich habe, wie viele andere auch, mit 14 Jahren unter Tage angefangen. Um 6 Uhr morgens ging es los, danach zum Training. Als die Chance bei Schalke kam, war mir klar, dass ich sie nutzen musste. Ich wollte so lange wie möglich spielen, denn zur Zeche zurück wollte ich nicht mehr. Alles, was ich später erreicht habe, verdanke ich dem Fußball.

Sie haben relativ spät den Sprung in die Bundesliga geschafft.

Mein Glück war, dass Schalke im Grunde schon abgestiegen war. Dann wurde die Bundesliga auf 18 Vereine aufgestockt. Mein Bruder war Vertragsspieler unter Fritz Langner bei Westfalia Herne. Daher war er oft bei uns zu Hause und kannte mich schon.

Sie profitierten also von der sogenannten "Lex Schalke"!

Ja, Schalke ist dadurch zwar drin geblieben, hatte aber keine Mannschaft mehr. Der halbe Kader wurde mit Amateurspielern aufgestockt. Horst Mühlmann, Hans-Jürgen Becher, Friedel Rausch, Manni Kreuz, Günter Herrmann, um diese Korsettstangen wurde eine Mannschaft aufgebaut. Wären auf den letzte Drücker dann nicht auch noch Alfred Pyka und Gerd Neuser verpflichtet worden, wir hätten es wohl nicht geschafft. So hielten wir über Jahre die Klasse, bis es 1969 langsam sportlich bergauf ging.

Ihre Karriere wäre vielleicht noch anders verlaufen, wenn es den Bundesligaskandal nicht gegeben hätte!

Man darf nicht vergessen, viele Spieler waren damals knapp über 20 Jahre alt. Ich hatte ja bereits erwähnt, wie hart man als Bergmann für sein Geld arbeiten musste. Und so viel Geld wie heute wurde damals auch noch nicht verdient. Das soll sicherlich keine Ausrede sein. Ich weiß nicht, ob es nicht damals sogar üblich war, dass gegen Saisonende das eine oder andere Spiel verschenkt wurde. Ich kann es nicht beweisen. Aber es gab schon auffallend viele komische Resultate gegen Ende der Spielzeiten. Und man hatte sicher auch ein Interesse daran, Bielefeld und nicht Saarbrücken in der Liga zu halten. Damals war man nicht mit dem Flugzeug unterwegs und mit dem Bus dauerte es eben nach Saarbrücken viel länger als nach Bielefeld.

"Tanne" beim Training mit Willi Schulz.

Sie haben trotz erdrückender Beweise noch 1978 vor dem Landgericht auf Freispruch plädiert, warum?

Ich kann das Urteil heute noch nicht begreifen. Ich bin in dem mit 0:1 verlorenen Spiel gegen Bielefeld 1971 beim Stand von 0:0 wegen eines Muskelfaserrisses im Oberschenkel ausgewechselt worden und ich bin trotzdem zu einer Geldbuße verurteilt worden. Es ist sicherlich vor dem Spiel darüber gesprochen worden, die Begegnung freiwillig zu verlieren. Aber ob eine Entscheidung darüber gefallen war, das Spiel zu verkaufen oder nicht zu verkaufen, das war meiner Meinung nach bis zum Spielende nicht klar. Mir zumindest nicht. Und was hinterher passiert ist, weiß ich nur vom Hörensagen. Ich bin direkt nach der Auswechslung von der Familie nach Hause gefahren worden, weil ich gar kein Auto mehr fahren konnte. Das Geld habe ich erst Tage später genommen.

2300 DM, trotzdem beeideten Sie im April 1972 etwas anderes!

Das war eine große Dummheit. Wir hatten Angst um unsere Karrieren. Die ersten Urteile zum Beispiel gegen den Stan Libuda lauteten damals ja lebenslänglich. Ich bin der Meinung, wenn wir damals durch Schalke anwaltlich besser vertreten worden wären, hätte das nicht diese Dimensionen angenommen.

Dennoch haben Sie es in 23 Jahren Bundesliga noch auf 552 Bundesligaspiele gebracht!

Ich wurde ja im Endeffekt vom DFB-Sportgericht nur drei Monate gesperrt, bin deshalb auch nicht, wie zum Beispiel Rolf Rüssmann oder Stan Libuda, ins Ausland gewechselt.

Sind Sie stolz auf ihren Titel als ältester Bundesligaspieler aller Zeiten?

Nein, das ist mir nicht wichtig. Ich habe als Assistenztrainer regelmäßig bei den Trainingspielen mitgemacht. Insofern stand ich gut im Saft und konnte noch mithalten. Heute wäre das als Feldspieler gar nicht mehr möglich. Das Spiel ist viel dynamischer und härter geworden, die Belastung größer. Früher reichte es, wenn du defensiv oder offensiv gut warst, heute müssen die Spieler kompletter sein. Deshalb ist es wohl zumindest als Feldspieler ein Rekord für die Ewigkeit.

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