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1.200 Kilometer für Bochum: Schlaflos in Cottbus
Die Zwei des VfL

1.200 Kilometer für Bochum: Schlaflos in Cottbus
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Zwei Tickets hatte der VfL bis zum Ende der vergangenen Woche für das Auswärtsspiel in Cottbus am Sonntag verkauft. Selbst Pressesprecher Christian Gruber kam ob dieser historisch kleinen Anzahl mitreisender Fans aus dem Schmunzeln nicht heraus, wollte die beiden Personen, ein Mann und eine Frau, sogar miteinander verkuppeln. Vermutlich wäre das sogar gelungen, muss man doch ganz bestimmte Eigenschaften verkörpern, will man an einem Sonntag mal eben 1.200 Kilometer bis in die Lausitz und zurück abreißen. Und hier sind wir auch schon am unangenehmen Teil der Geschichte angelangt.

Es ist doch immer wieder erstaunlich, welche Bundesligapartien an einem Sonntagabend über die Bühne gehen dürfen. Cottbus gegen Bochum ist da nur ein Beispiel. Längst hat man sich, so scheint es, bei der DFL daran gewöhnt, dass bei gewissen Spielansetzungen eben nur verschwindend kleine Anhängergrüppchen ihre Teams begleiten.

Ob damit eine gewachsene Fankultur langsam aber sicher ausdörrt, scheint den Machern egal zu sein. Auch Widerspruch aus den Fanszenen regt sich kaum noch. Im Gegenteil: Längst mehren sich die Stimmen derer, die eine weitere Flexibilisierung der Anstoßzeiten fordern, weil der Zuschauer ja blöderweise immer nur ein Spiel gleichzeitig an der Glotze konsumieren kann. Ganze zwei Fans, die eine Erstligamannschaft zum ersten Auswärtsspiel einer neuen Saison begleiten wollen, sind mehr als ein alarmierendes Zeichen. Allein merken wird es auch diesmal niemand, weil die Stadien in Zeiten boomender Zuschauerzahlen zumeist trotzdem gerappelt voll sind.

In den letzten Tagen hat der VfL immerhin weitere 40 Karten absetzen können. Und auch wenn es "um die 100 Personen sein werden, die mit nach Cottbus reisen", hat der Fanbeauftragte Dirk Michalowski hier ein fades Bauchgefühl und dort vollstes Verständnis für seine Mitstreiter. "Das ist in der Tat die unglücklichste Ansetzung, die du haben kannst. Ein Spiel in Cottbus an einem Sonntagabend. Nur mitten in der Woche wäre da noch schlimmer", meint "Moppel".

Einer derjenigen, der den weiten Weg auf sich nehmen will, ist Markus Striebeck. Der 38-Jährige ist Mitglied bei der Fanorganisation "Die Treuen 1983". Als sogenannter Allesfahrer nimmt er mittlerweile auch bei einem der älteren VfL-Fan-Clubs eine Ausnahmestellung ein. "Ich versuche in dieser Saison wieder sämtliche Freundschafts- und Pflichtspiele mitzumachen. Aber die meisten haben familiäre Verpflichtungen oder Sorge um ihren Arbeitsplatz", kann Striebeck diejenigen, die den weiten Weg nicht auf sich nehmen, durchaus verstehen.

Nicht jeder habe das Glück wie er, bei einem Unternehmen wie der Deutschen Post beschäftigt zu sein. "Ich bin da völlig schmerzfrei, fahre notfalls direkt zum Dienst. Auf jeden Fall heißt es am Montag um 6.30 Uhr antreten", genießt der Briefzusteller an solchen Tagen seinen Job an der frischen Luft besonders.

Weil das eben nicht selbstverständlich sei, so tolerante Arbeitgeber zu haben, habe auch er es bei Sonntagsspielen immer schwerer Mitfahrer zu finden. "Außerdem ist es ja auch bequemer den Fernseher anzustellen, als sich die Nacht auf der Autobahn um die Ohren zu schlagen. Auch meine Freundin und ihre zwei Kinder sind nicht begeistert. Aber ich fahre trotzdem", lacht Striebeck. Die nachfolgende Generation habe, bis auf die Ultras, kaum mehr die emotionale Bindung zu den Vereinen, "wie wir sie hatten", fühlt sich Striebeck fast wie ein Mitglied einer aussterbenden Rasse.

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