Denn eigentlich stehen die in keinem Verhältnis zum Ergebnis und der Verweildauer des Geschaffenen? Die Antwort ist sicher ganz einfach: „Die Liebe zum Verein, man will der Mannschaft und dem Klub ein Geschenk machen“, betont ein aktiver Anhänger der Kölner Fanszene, der aber nicht genannt werden möchte, da die „echten“ Fans oftmals schlicht keine Lust auf irgendeinen Umgang mit den Medien haben.
Aber zurück zu den Choreos: Ob in Köln, in Gladbach, in Schalke, beim BVB, zuletzt in Kaiserslautern oder auch bei der Nationalmannschaft. Es bleibt der Fakt, dass die Fans, die die Arbeit auf sich nehmen, in regelmäßigen Abständen einem ordentlichen Stress ausgesetzt sind. Denn es gibt unheimlich viel zu tun, am Ende staunt das gesamte Stadion, vielleicht auch der eine oder andere Spieler für einige Sekunden beim Betreten des Platzes. Und dann ist der Spuk auch schon wieder vorbei. Doch bevor es überhaupt zur Choreo kommt, gibt es einige Hürden zu meistern.
Foto: firo.
Ein Beispiel ist die WM 2006, als nur eine Gruppe von der FIFA zugelassen wurde, um die Begegnungen der Nationalmannschaft aufzuhübschen. Michael Dötsch und Konsorten bekamen den Zuschlag für die DFB-Choreos beim Turnier im eigenen Land. Und damals musste man die Ideen, die man schon ein Jahr vorher gesammelt hatte, sogar für zwei Stadien umsetzen, da man nicht frühzeitig wusste, in welchem Stadion die Löw-Elf antreten muss.
Etwas andere Probleme hatten die Bayern-Anhänger im Rahmen des Champions League-Spiels gegen den AS Rom. Eine Fan-Aktion, die auf den Monty-Phyton-Klassiker „Life of Brian“ anspielte, war für die UEFA zu beleidigend. Die für das Spiel gegen die Roma geplante Choreographie wurde verboten. Es ging um die Schriftzüge „Romani ite domum“ und „Life of Bayern“: Hätten die Münchner dieses Verbot ignoriert, hätte es eine Geldstrafe - eventuell sogar einen Punktabzug - hageln können. Der „Club Nr.12“, ein 1200 Anhänger zählender Zusammenschluss mehrerer Fan-Klubs, zeigte sich „sehr irritiert“ über den Kurs der UEFA. Das Verbot sei eine „Respektlosigkeit gegenüber den Fans“, hieß es in einer Pressemitteilung. Zweite Auseinandersetzung zwischen Bayern und der UEFA Es ist bereits die zweite Auseinandersetzung zwischen der UEFA und Bayern-Fans. Beim Champions-League-Finale in Madrid im vergangenen Mai wurde dem Dachauer Fanklub „Dachau City“ das Aufhängen der Klubfahne untersagt, da die Aufschrift „Dachau“ der UEFA zufolge aufgrund des ehemaligen NS-Konzentrationslagers in der Stadt einen Verstoß gegen die Fair Play-Regeln darstellte.
Diese Art von Problemen kennt man in der Bundesliga nicht. Dort sorgten in den letzten Wochen vor allem Kaiserslautern und Köln mit atemberaubenden „Tribünen-Verkleidungen“ für Aufsehen. Beim FCK ging es um den 90. Geburtstag des 2002 verstorbenen Idols der Pfalz, Fritz Walter. In Köln um den Zusammenhalt in den 86 Veedeln, „egal, wat och passeet.“ Es nützte allerdings wenig, denn das anschließende Derby gegen Mönchengladbach ging mit 0:4 in die Hose. Der FC-Fan betont: „Da hat das tatsächlich nichts bewirkt. Das Problem ist, macht man eine Choreo auf Kölsch, dann versteht außer Lukas Podolski sowieso kaum ein Spieler den Spruch. Poldi kommt manchmal zu uns und lässt verlauten, dass er das super fand. Aber ich lasse es mal dahingestellt, ob die Jungs das beim Einlaufen immer wirklich alles wahrnehmen.“
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Was die Anhänger nicht davon abhält, die nächsten Choreos schon zu planen: Allerdings sind die Kosten für die diversen Aktionen nicht zu verachten. In Köln wurden für die Ideen gegen Dortmund und Gladbach lockere 16.000 Euro ausgegeben. Daher startete man bei den FC-Fans vor dem Match gegen den BVB einen Spendenaufruf in den Kölner Medien, da „die Choreo zwar von uns organisiert wurde, doch ist der finanzielle Aufwand für eine solch aufwendige Choreo natürlich immens. Wir erhoffen uns durch die Spendenaktion eine Teil-Refinanzierung der Aktion, die insgesamt 8075,59 Euro gekostet hat. Wir freuen uns natürlich über jede Spende und werden auch in Zukunft versuchen, mit tollen Choreos die Südkurve erstrahlen zu lassen.“
Schon gegen Gladbach war das der Fall, wieder gingen 8000 Euro drauf. Und jede Menge Arbeitszeit, wie unser Ansprechpartner verrät. „Zumeist sind die Derbys das Ziel oder Geburtstage von Größen des Vereins. Die Ideen werden das ganze Jahr über gesammelt. Die erste Umsetzungsphase gibt es am Computer. Da kann man schon sehen, wie das Ergebnis am Ende aussehen wird. Im kleineren Kreis wird dann besprochen, welche Choreos schlussendlich umgesetzt werden sollen. Es folgt die Bastelarbeit, die dann etwa vier bis sechs Wochen vorher losgeht.“
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Wobei es eigens geschaffene „Abteilungen“ gibt, in denen jeder weiß, was er zum Gelingen des Gesamtprojektes beizutragen hat. Und das alles für 30 Sekunden oder eine Minute der Präsentation. Doch der kurze Zeitraum, in dem man die Choreos sehen kann, ist für den FC-Anhänger kein wirkliches Problem. „Wir machen das nicht für uns selber, wir machen das für den Verein. Wir wollen dem Klub ein Geschenk machen, auch wenn wir die ganze Geschichte natürlich jedes Mal auf Bildern und Videos festhalten. Aber hier gilt es nicht, sich selber abzufeiern. Die Hauptintention ist die Motivation der Mannschaft. Natürlich ist es etwas ernüchternd, wenn man sieht, dass das alles nur eine Minute dauert. Wenn man die Arbeitszeit sieht, dann tendiert der Kosten und Nutzenfaktor gegen Null.“
Denn in den Wochen vor dem Termin der Choreo werden auch gerne mal Nachtschichten eingelegt um bis zum Spieltag fertig zu werden. Da werden alle Leute zusammengetrommelt und dann geht es am Wochenende oder auch mal unter der Woche abends rund. Ein Bekenntnis zum Verein, das so manchem Spieler sicher auch nicht schlecht zu Gesicht stehen würde. Der FC-Fan legt sich fest: „Das kann auch in die Nacht hinein gehen. Da wird alles in der gewünschten Größe an die Wand projiziert und dann wird Teil für Teil vorgezeichnet und anschließend ausgemalt. Nach den letzten Verbesserungen werden alle Teile zusammengeklebt und dann zum Stadion gebracht.“
„Damals hat man uns Steine in den Weg gelegt“
Wo man in jedem Verein auf die Mithilfe des Vereins angewiesen ist. Zum einen muss man am Spieltag früher reingelassen werden um alles anbringen zu können. Zudem sollte der Klub bereit sein, die anschließenden Entsorgungskosten zu tragen, da jedes Stadion sowieso gesäubert werden muss. In Köln war das in einem Fall nicht gegeben, sonst wäre die Choreo gegen den BVB „schon vor einem Jahr gegen Gladbach hochgegangen“, wie der FC-Fan erläutert. „Aber damals hat uns der Klub Steine in den Weg gelegt. Da es in Leverkusen Ärger mit zündelnden FC-Fans gab, sagte man uns, dass wir auch die Kosten für die Reinigung übernehmen sollten. Damit war das Thema für uns damals erledigt.“
Und die Zuschauer kamen erst gegen zum Heimspiel gegen Borussia Dortumd in den Genuss der glänzenden Südtribüne. Damals kam jede Menge Glitzerfolie zum Einsatz, zudem der Spruch „Unser Verein überstrahlt alles.“ Seitdem läuft es aber wieder zwischen Klub und Fans, schließlich erwartet die Anhängerschaft nicht sehr viel und nach einer gelungenen Choreo schmückt sich jeder Klub auch sehr gerne mit dem, was zuvor in der Fankurve abgezogen wurde.
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Der Fan bestätigt: „Finanzielle Unterstützung lehnen wir ab, weil wir die Choreos als Geschenk für den Verein sehen.“ Stattdessen ist man sich nicht zu schade, auch mit dem Klingelbeutel rumzugehen und vor den Spielen in der Südkurve auf Spendenfang zu gehen. Wobei das Tätigkeitsfeld der Choreographien für die Zukunft auch weiterhin die Südkurve bleibt. Es gab mal den Gedanken zum 60. Geburtstag das ganze Stadion zu schmücken, doch „die Choreos sind ein Geschenk der treuesten Fans und die stehen nun einmal auf der Südtribüne.“