Zunächst einmal komme ich um einen kurzen Blick in die Vergangenheit allerdings nicht herum. Ich erinnere mich noch genau an die Zeit um die Jahrhundertwende. Mit dem MSV ging es damals steil bergab, fünf Jahre zweite Liga am Stück sollten auf den treuen Zebra-Fan warten.
"Spitzenreiter"
Dabei hatten es die 90er-Jahre doch in sich gehabt. Tabellenführer (und das mit negativer Torbilanz!), DFB-Pokal-Finalist, UEFA-Cup, war das nicht toll? Das Wedaustadion war noch voll. Wie bereits erwähnt: Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts hat es mit dem MSV und allen, die den Duisburgern die Daumen drücken und die Treue halten, nicht besonders gut gemeint. Sieben Jahren Zweitklassigkeit stehen gerade einmal zwei Spielzeiten in der Beletage des deutschen Fußballs gegenüber. Das ständige auf- und ab auf der Achterbahn der großen weiß-blauen Gefühle hat bei dem einen oder anderen Anhänger der Meidericher deutliche Spuren hinterlassen.
Zugegeben recht spät im Alter von 14 Jahren stand Moritz das erste Mal auf den Treppen des Duisburger Wedaustadions. Die damalige Südgerade gefiel dem Jungen, der 1989 mit seiner Mutter und seinen zwei Geschwistern aus Stuttgart in den "Pott" gekommen war, nicht so recht. Zu kalt, zu nass und viel zu wenig los. Also wechselte Moritz das Terrain. In der legendären Duisburger Nordkurve war es zwar nicht trockener als auf dem alten Platz und selbstverständlich pfiff auch hier der Wind recht frisch, dafür war die Stimmung deutlich besser. Der MSV ist zwar längst zu dem geworden, was sich so harmlos klingend "Fahrstuhl-Mannschaft" nennt, doch Moritz ist den "Zebras" dennoch - oder vielleicht gerade deshalb - treu geblieben und legt nun wöchentlich in seiner Fan-Kolumne Zeugnis über sein blau-weißes Gefühlsleben ab
Die oft unbefriedigende Zuscherresonanz der letzten Jahre spricht hier eine nur allzu deutliche Sprache. Doch zu Duisburg gehört auch, dass der Kern der Fans den Glauben an seinen Klub nicht verliert. Ein Lied, das gerade in den schlechten Zeiten immer wieder durch die Kurve schwappte, ist mir besonders gut in Erinnerung geblieben. Fußballfans werden es kennen. Es geht in etwa so: „2010, ihr werdet es schon sehen, wir holen den DFB-Pokal und wir werden deutscher Meister, Meister!“
Hoffen auf 2010
Als ich den „Song“ das erste Mal hörte, da waren die "90er" noch in vollem Gange. 2010, dachte ich mir damals, dass ist ja noch eine halbe Ewigkeit entfernt. Und auch einige Jahre später, der MSV war in der zweiten Spielklasse einmal mehr nicht über Platz elf hinausgekommen, hatte das Lied nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Im Gegenteil, je schlechter der MSV kickte, desto trotziger intonierte die Kurve: „2010, ihr werdet es schon sehen...“.
Die Hoffnung einer ganzen Generation- meiner Generation- von „Zebra-Fans“ auf einen neuen, erfolgreicheren Anlauf im zweiten Jahrzehnt des laufenden Jahrhunderts drückte sich in diesen paar Zeilen aus. Wie gesagt: 2010 war immer ganz weit weg, und die Hoffnung in dieser fernen Zukunft den ganz großen Wurf zu landen, sprich den Pokal zu holen oder die Meisterschaft zu gewinnen (oder beides), schien immer voll und ganz berechtigt zu sein. Doch die Realität holt uns dieser Tage ein. Waren es Mitte des vergangenen Jahrzehnts noch etliche Jahre bis 2010, so sind es nun, am Ende von zehn ereignisreichen, aber wenig erfolgreichen Duisburger Fußballjahren, nur noch wenige Stunden bis das so oft besungene Jahr anbricht.
Pokalgewinn und eine rauschende Meisterfeier an der Wedau sind derzeit allerdings kaum in Sicht. Doch schlimm ist das nicht, schließlich sind wir Zebra-Anhänger nicht die einzigen, die in ihrem Glauben an das Jahr 2010 - den aktuellen Status Quo immer vor Augen habend - zunächst einmal enttäuscht worden sind. Schließlich kann man mit 2010 ja viel unangenehmere Dinge in Verbindung bringen, als die Aussicht in der Rückrunde vielleicht doch noch einmal um den Aufstieg mitspielen zu können.
Bessere Chancen als die SPD
Ganz spontan würde mir da jetzt die Agenda 2010 einfallen. Ganz so schlecht wie das Wahlergebnis der SPD im September und die jetzigen Umfragewerte der (ehemaligen) Volkspartei sind die Aussichten der Meidericher in Punkto Aufstieg noch lange nicht. Bleibt die Hoffnung, dass die Verantwortlichen in Duisburg nicht zum Beginn des neuen Jahres mit der Agenda 2020 oder dem Projekt 2015 um die Ecke kommen.
In Karlsruhe („Projekt KSC 2000“) und im Willy-Brandt-Haus in Berlin weiß man von der Gefährlichkeit groß aufgezogener Projekte durchaus ein Liedchen zu singen. Apropos singen: Gegen eine Neuauflage eines meiner Lieblingsfußball-Lieder hätte ich allerdings nichts einzuwenden. „2020, ihr werdet es schon sehen...“ Klingt beim Singen allerdings ziemlich schlecht und reimt sich nicht die Bohne. Vielleicht fällt mir in der Silvesternacht ja noch etwas Besseres ein.
Bis dahin, wünsche ich allen „Zebras“ einen guten Rutsch und ein erfolgreiches Jahr 2010!