Nur wenige Schiedsrichter haben es geschafft, in der Bundesliga Kultstatus zu erlangen. Einer der legendärsten Unparteiischen der Bundesliga-Geschichte kam aus Oberhausen und ist noch heute – zehn Jahre nach seinem Tod – für ein Stück Historie des deutschen Oberhauses verantwortlich.
Eine Zeitreise: Wir schreiben den 8. November 1975, Werder Bremen empfängt Hannover 96. 32 Minuten sind in der Partie des 13. Bundesliga-Spieltags gespielt, als Schiedsrichter Wolf-Dieter Ahlenfelder die Pfeife ertönen lässt – und die irritierten Spieler vor 21000 ebenfalls verdutzten Zuschauern im Bremer Weserstadion in die Kabinen bittet. Nachdem die Spieler Ahlenfelder auf seinen Fehler hinweisen, setzt er die Halbzeit fort. Sein zweiter Halbzeitpfiff folgt „nur“ 90 Sekunden zu früh.
Das Spiel endet torlos und geht doch in die Geschichtsbücher ein. Wie es zum verfrühten Pfiff des gebürtigen Oberhauseners kam? Der in seiner ersten Bundesliga-Saison aktive Ahlenfelder hatte sich mit dem Bremer Schiedsrichterbetreuer ein Mittagessen genehmigt. Da durfte ein Absacker natürlich nicht fehlen.
„Ein Bier und ein Malteser zum Mittagessen, das wird doch wohl erlaubt sein“, gab Ahlenfelder nach dem Fauxpas als Antwort auf Kritik an seinem Fehlpfiff einen Einblick. Und sagte: „Wir sind Männer und trinken keine Fanta.“
Bleib auf deinem Hintern sitzen, sonst komme ich mit Pattex zu deiner Bank.
Wolf-Dieter Ahlenfelderr zu Otto Rehhagel
In der Hansestadt machte dieses 0:0 gegen Hannover den damals 31-jährigen Schiedsrichter fast so bekannt wie die Stadtmusikanten. Wenn man einen Ahlenfelder bestellte, so wurde und wird teils noch heute ein Bier mit einem Malteser serviert. Eine Gaststätte in Bremen trägt seit 2021 stolz den Namen „Ahlenfelder“.
Geschadet hat dieser verfrühte Pausenpfiff seiner Karriere in der Bundesliga nicht. Ahlenfelder blieb bis Mai 1988 aktiv und leitete 106 Spiele in der höchsten deutschen Spielklasse. Auch in der 2. Bundesliga pfiff er 77 Mal. Bei den Spielern war der kommunikative Spielleiter stets beliebt, im Jahr 1984 zeichnete ihn der DFB als besten deutschen Schiedsrichter mit der Goldenen Pfeife aus.
Ahlenfelder war immer ein Freund des lockeren, aber auch direkten Tons. Dem aufmüpfigen Trainer Otto Rehhagel versprach er: „Bleib auf deinem Hintern sitzen, sonst komme ich mit Pattex zu deiner Bank.“ Paul Breitner Aussage „Du pfeifst wie ein Arsch“ konterte der Unparteiische trocken: „Du spielst ja auch wie ein Arsch.“
Lockere Sprüche und direkte Worte
In einem Stern-Interview im November 2013 beklagte er: „Das Niveau der Schiedsrichter ist aber auch stark zurückgegangen. Die pfeifen Elfmeter und Abseits, da kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Dabei gibt’s inzwischen sogar extra zwei Torrichter, die in der Nase bohren, und so einen Sesselfurzer, der als vierter Mann Täfelchen hochhält. Wir haben das früher mit drei Mann hingekriegt!“ Wie wohl ein Ahlenfelder-Urteil zum VAR gelautet hätte?
Auch die neue Generation Spieler bekam 2013 ihr Fett weg. „Die kriegen rechts einen drauf, halten sich links den Fuß und rollen damit kunstvoll über den Rasen. Bei so Szenen bin ich früher dazwischen und habe denen Freiräume versprochen: Allein in der Kabine duschen ist ganz herrlich.“ Und doch blieb es in den 106 Bundesliga-Partien unter seiner Leitung bei vier Platzverweisen.
Knapp sechs Monate nach seinem 70. Geburtstag verstarb Wolf-Dieter Ahlenfelder am 2. August 2014 nach schwerer Zuckererkrankung in seiner Heimatstadt. Nicht nur durch seinen historischen Halbzeitpfiff wird der Oberhausener als einer der großen und beliebtesten deutschen Schiedsrichter noch lange im Gedächtnis bleiben.