Am schwärzesten Tag in der Karriere von Jens Lehmann hat der FC Barcelona zum zweiten Mal in seiner Vereinsgeschichte nach 1992 Europas Fußballthron bestiegen. Das Finale der Champions League, das der spanische Meister gegen den FC Arsenal in Überzahl durch den Treffer von "Joker" Juliano Belletti in der 81. Minute mit 2:1 (0:1) gewann, war für Deutschlands Nummer 1 bei der WM nach einer Notbremse gegen "Barca"-Torjäger Samuel Eto'o bereits in der 18. Minute beendet.
Lehmann nach Notbremse vom Platz gestellt
Lehmann hatte den Kameruner nach einem Pass von Superstar Ronaldinho kurz vor der Strafraumgrenze zu Fall gebracht. Zutiefst geknickt trottete der Nationaltorhüter mit seinem in diesem Moment wertlosen neuen Rekord von 763 Minuten ohne Gegentor in der Champions League in Folge vom Platz des Stade de France in Paris. Der Platzverweis war am Ende der Knackpunkt des Spiels, in dem Sol Campbell (37.) Arsenal sogar in Führung geschossen hatte, bevor Eto'o mit seinem sechsten Treffer im Wettbewerb zum Ausgleich traf.
"Ich bin einen Tick zu spät gekommen, aber wir hatten selbst in Unterzahl noch Chancen. Das 1:1 war ein Abseitstor, das ist bitter für eine Mannschaft, die so gekämpft hat wie wir. Der Fußball ist manchmal sehr hart", sagte Lehmann und Coach Arsene Wenger ergänzte: "Seiner Aktion ging ein Stellungsfehler in der Innenverteidigung voraus, so musste er aus dem Tor heraus. Er hat keinen großen Fehler gemacht."
Dabei hatten die "Gunners" vor den Augen des britischen Premierministers Tony Blair und des spanischen Königs Juan Carlos auf der Ehrentribüne der mit 77.500 Zuschauern ausverkauften WM-Arena von 1998 den wesentlich besseren Start erwischt. Zwar hatte Coach Arsene Wenger auf den offensiven Jose Antonio Reyes verzichtet, was aber den Angriffsaktionen des 23-maligen englischen Meisters keinen Abbruch tat. Schon nach drei Minuten musste Barcelonas Torhüter Victor Valdes mit dem Fuß gegen den freistehenden Thierry Henry klären, bevor der Franzose wenige Sekunden später mit einem Distanzschuss für die nächste Schrecksekunde in der spanischen Abwehr sorgte.
Das Spiel der Londoner erhielt einen Bruch, nachdem Lehmann, der seinen Klub mit einem gehaltenen Elfmeter im Halbfinale gegen den FC Villarreal ins Endspiel geführt hatte, seinen Platz für Reservekeeper Manuel Almunia räumen musste. Coach Wenger hatte als Feldspieler den Franzosen Robert Pires aus dem Spiel genommen.
Campbell bringt dezimierte "Gunners" nach vorn
In der Manier einer Handball-Mannschaft spielten Ronaldinho und Co. in der Folge um den Arsenal-Strafraum. Die dezimierten Engländer lauerten in ihrem ersten Champions-League-Finale auf Konter. Die erste gefährliche Situation nach dem Platzverweis verwertete ausgerechnet der erst vorm Finale zurückgekommene englische Nationalverteidiger Sol Campbell, der nach einem Freistoß von Henry per Kopf zum 1:0 verwandelte. Campbell war im Frühjahr für einige Tage spurlos verschwunden und aus psychischen Gründen für längere Zeit nicht im Kader. Pech hatte auf der Gegenseite der Kameruner Eto'o in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit, als Arsenals Keeper Almunia den Ball nach seinem Schuss aus der Drehung an den Pfosten lenkte.
Von 20.000 Fans frenetisch angefeuert begannen die Katalanen nach dem Wechsel äußerst druckvoll, fanden aber zunächst keine Mittel gegen die gut organisierte Abwehr von Arsenal. Auch Weltfußballer Ronaldinho vermochte dem Spiel des 18-maligen spanischen Meisters nicht die erhofften Impulse zu geben. Der Ausnahmefußballer ließ sich ungewohnt weit ins Mittelfeld zurückfallen, um sich der Doppelbewachung zu entziehen.
Ronaldinho dreht in der Schlussphase auf
Erst in der Schlussphase tauchte der brasilianische Ballzauberer verstärkt in und am englischen Strafraum auf. In der Phase, in der Barcelona nach rund einer Stunde auf den Ausgleich drängte, hatte der ehemalige Stuttgarter Aleksandr Hleb bei einem Konter sogar das 2:0 auf dem Fuß. Wenig später in der 69. Minute parierte "Barca"-Torhüter Valdes bravourös gegen den Schweden Fredrik Ljungberg, bevor Henry (70.) dem möglichen Matchball vergab, als er mit einem Flachschuss das Tor nur knapp verfehlte.
In der Schlussphase setzte Barcelona alles auf eine Karte und schaffte die Wende als Arsenal dem kraftraubenden Spiel mit nur neun Feldspielern Tribut zahlen mussten.