Am Mittwochabend postete der Verein auf seinem Twitter-Kanal die kurze, aber deutliche Botschaft "#JeSuisCharlie" - zu deutsch: "Ich bin Charlie".
Es besteht kein Grund, an der Aufrichtigkeit und Glaubwürdigkeit dieses Statements zu zweifeln. Trotzdem ist der Grat der Moral ein schmaler - gerade auch im Falle von S04. Denn Schalke ist in diesen Tagen zum vierten Mal in Doha im Trainingslager. Katar ist ein Unrechtsstaat. Im Emirat werden Menschenrechtsverletzungen begangen, Juden sind dort nicht willkommen und Homosexuelle mindestens ebenso wenig. Bis zu 15 Jahre Gefängnis erwarten Menschen, die sich nicht in das in der Scharia formulierte Werteschema fügen wollen oder können.
Schalke 04 aber lebt seit dem ersten Tag von und durch Migranten, verkörpert Werte wie Toleranz und Integration (unter anderem im Punkt 8 des eigenen Leitbilds festgehalten) und nahm bei der Bekämpfung von rechtsradikalen Umtrieben unter den Fußballfans seit den 1990er Jahren in Deutschland sogar eine Vorreiterrolle ein. Angesichts der eigenen Geschichte war der Verein das den Opfern des Nationalsozialismus' allerdings auch schuldig. Denn die Verantwortung des Traditionsklubs war und ist eine Besondere: Insbesondere S04-Legende Fritz Szepan spielte in der NS-Zeit, der erfolgreichsten des Vereins, eine leider sehr unrühmliche Rolle.
Umso erfreulicher, dass ausgerechnet ein Schalker Spieler mit afrikanischen Wurzeln am Donnerstag eine beeindruckende Stellungnahme veröffentlicht hat:
Nun hat das, was in Paris passiert ist, freilich gar nichts damit zu tun, wo sich Schalke auf die Bundesliga-Rückrunde vorbereitet. Politik, Religion und auch noch Sport - Vorsicht ist in diesem sensiblen Spannungsfeld geboten. Die Opfer haben es verdient, dass man um sie trauert und ihnen Respekt entgegen bringt - und nicht absurde Zusammenhänge herstellt. Und allein die Täter von Paris, die vermeintlich (!) im Namen ihres Gottes handelten, können für ihr grausames Verbrechen verantwortlich gemacht werden, keine Religion und auch kein Staat.
Und trotzdem wäre es ein gutes und richtiges Signal des FC Schalke, die nun auslaufende Kooperation mit dem Wüstenstaat beziehungsweise der Aspire Academy nicht zu verlängern - seien Wetter und Trainingsbedingungen am Persischen Golf auch noch so gut. Diese Entscheidung wäre ein stärkeres und eindrücklicheres Statement als es jeder "Tweet" oder Facebook-Kommentar sein kann.
Das war im Übrigen schon am Dienstag meine Meinung, bevor jemand ahnen konnte, dass zwölf Menschen einen grausamen Tod sterben mussten. Und nicht nur meine: Schalkes (schlechtes) Gewissen hatte sich in Form von kritischen Fans wie dem Blogger Torsten Wieland vorher schon bemerkbar gemacht.