Deutschlands Handball-Weltmeister haben ihren Gold-Coup bis in die frühen Morgenstunden im Mannschaftshotel "Zur Post" im oberbergischen Wiehl gefeiert. Selbst eine durchzechte Nacht und kaum Schlaf konnten das Team von Erfolgstrainer Heiner Brand am Montagvormittag nicht von einer Fortsetzung ihres weltmeisterlichen Feiermarathons abhalten. "Das ist wie ein Traum. Unbeschreiblich", sagte Rückraumspieler Pasal Hens mit leuchtenden Augen und gleich zwei Kölsch in der Hand. ##Picture:panorama:3106## Beim Empfang auf dem Rathausbalkon von Wiehl, wo die Mannschaft ab dem Viertelfinale gewohnt hatte, präsentierten sich die frischgebackenen Titelträger zwar etwas angeschlagen, aber noch immer in Fetenlaune. Das Bier jedenfalls floss weiter, allerdings steht für die meisten schon Mitte der Woche wieder Training in ihren Vereinen an. Auch Brand blickte aus kleinen Augen in die Welt. "Ich bin schon ein bisschen müde, weil ich erst gegen vier Uhr im Bett war. Es ist unglaublich, was in Handball-Deutschland in den letzten Tagen passiert ist", erklärte ein etwas heiserer und beeindruckter Brand.
Schulen schieben "Wandertag" ein
Rund 3000 begeisterte Fans verabschiedeten die Medaillengewinner nach Hause - darunter viele Jungendliche und Kinder, nachdem an den Schulen in Wiehl wegen des WM-Titels kurzfristig ein "Wandertag" eingeschoben worden war. Brand freute sich trotz allem schon auf ruhigere Tage. "Ich habe eine besondere Prämie: Einige Tage ausspannen und mich einfach erholen. Ich werde zwar nicht gleich, aber bald erst einmal abtauchen." Der Bundestrainer will sich auch von einem Mediziner durchchecken lassen. Der kultige Mannschafsarzt Berthold Hallmaier unkte ob der Belastungen der letzten Wochen sogar: "Heiner braucht jetzt mindestens drei Wochen Urlaub."
Eine besonderes Andenken wird der "Gold-Schmied" aber noch einige Tage behalten. Als er den 30 Kilogramm schweren WM-Pokal in die Höhe hieven wollte, landete dieser auf Brands Kopf und hinterließ eine kleine Beule. "Aber das werde ich schon überleben", schmunzelte der 54-Jährige, der ganz unfreiwillig bei den Feierlichkeiten im Mittelpunkt gestanden hatte: Als "Architekt des Wunders", wie Andreas Thiel seinen einstigen Weggefährten voller Hochachtung beschrieb. Florian Kehrmann blickte nach dem erfüllten WM-Traum sogar schon in die Zukunft. "Jetzt werden wir 2008 noch Olympiasieger und dann trete ich zusammen mit Heiner Brand ab", kündigte der Handballer des Jahres mit einem Augenzwinkern an.
"Es war wie bei den Fußballern"
Nachdem knapp 30.000 Fans die kleinen Stars auf dem Kölner Rathausplatz enthusiastisch empfangen hatten, folgte im oberbergischen Wiehl die längste "After-Work"-Party. Kurz vor Mitternacht bereiteten rund 2000 zumeist mit Fahnen bestückte und schwarz-rot-gold-geschminkte Anhänger Kapitän Markus Baur Co. vor dem Mannschaftshotel "Zur Post" einen gebührenden Empfang. "Auch auf der Fahrt von der Halle zum Rathaus und dann hierher standen Leute an der Straße. Die haben uns zugejubelt. Es war wie bei den Fußballern", schwärmte Hens. Der Mannschaftsbus war längst mit der Aufschrift "Weltmeister" verziert.
Selbst die Tatsache, dass seine goldene Papp-Krone zerrissen war und der "Brand-Schnäuzer" nicht mehr hielt, quittierte Hens mit einem müden Schulterzucken. "Dann lasse ich mir eben einen wachsen. Bei meinem Bartwuchs dauert das allerdings drei Jahre", witzelte der Hamburger. Der beste deutsche WM-Torschütze bewies auch als Einpeitscher seine Qualitäten. Zusammen mit dem ins Allstar-Team gewählten Michael Kraus bestieg der 2,03-m-große "Pommes" Hens in den frühen Morgenstunden einen Übertragungswagen und heizte den ausharrenden Fans per Megaphon ein. Die professionellen DJ´s Giovanni und Vincent im Hotel konnten da nur staunen.
Vergebliche Suche nach dem Anzug
Etwas ungläubig blickte auch "Standby"-Nationalspieler Christian Schwarzer drein. Der vom Urlauber zum Weltmeister mutierte 37-Jährige genoss den Rummel - im T-Shirt. "Ich weiß, ich bin im Gegensatz zu den anderen etwas "overdressed", aber egal", sagte "Blacky", der nicht der einzige war. Auch Shootingstar Torsten Jansen, im Finale mit acht Toren und einer hundertprozentigen Torausbeute überragend, musste mit einem kurzärmeligen Shirt vorlieb nehmen. "Ich habe meinen Anzug nicht mehr gefunden. Auch die Autogrammkarten waren nicht da. Alles war irgendwie weg", meinte Linksaußen Jansen leicht verzweifelt.