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Dopingfall Beltran drängt Sport in den Hintergrund
"Wer Basso säht, muss Beltran ernten"

Tour de France: Dopingfall Beltran drängt Sport in den Hintergrund
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Als 90 Minuten vor Beginn der achten Etappe der Mannschaftsbus des Liquigas-Rennstalls am Start in Figeac erschien, war es mit dem Frieden bei der Tour de France vorbei. Am Morgen nach dem Ausschluss des Spaniers Manuel Beltran aufgrund einer positiven A-Probe als Hinweis auf Epo-Missbrauch wurde der Sport bei der Frankreich-Rundfahrt wieder einmal vom Doping-Problem in den Hintergrund gedrängt.

Die italienische Equipe schirmte sich erst einmal ab, verschanzte sich hinter einer Wagenburg aus Teamfahrzeugen und zog die Vorhänge zu. Dafür ergriffen andere das Wort. "Wer Basso säht, muss Beltran ernten", wetterte Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer. Das Liquigas-Team hatte sich im April mit der Verpflichtung des derzeit noch gesperrten ehemaligen Girosiegers und Tourzweiten Ivan Basso unter Missachtung des zwischen den Mannschaften vereinbarten Ethikcodes viel Kritik eingehandelt.

Der ohnehin vorbelastete Rennstall, dessen früherer Kapitän Danilo Di Luca schon eine dreimonatige Sperre wegen Verwicklung in eine Doping-Affäre absitzen musste, steht mit dem Fall Beltran einmal mehr im Abseits.

"Beltran symbolisiert das, was wir im Radsport noch zu erledigen haben. Denn auch wenn wir schon ein gutes Stück weiter gekommen sind, haben wir das Dopingproblem noch lange nicht endgültig beseitigt", sagte Holczer. Beltran, der nach Bekanntwerden seines positiven Epo-Tests von der ersten Etappe (5. Juli) noch am Freitagabend von seinem Team aus dem Rennen genommen wurde, ist für den deutschen Teamchef der klassische Fall eines "ewig Gestrigen": "Ein unbelehrbarer, alter ... - und jetzt könnte man jedes beliebige Schimpfwort einfügen", klagte Holczer. Beltran, der in seiner Profikarriere (seit 1995) schon an der Seite von Jan Ullrich (Coast/2003) und Tour-Rekordsieger Lance Armstrong (US Postal/2004, Discovery/2005/06) fuhr, war am Freitagabend von der französischen Polizei abgeführt und zwei Stunden lang verhört worden. Am Samstagmorgen trat er die Heimreise an. Falls die B-Probe das Ergebnis bestätigt, droht dem 37-Jährigen eine zweijährige Sperre - und damit wohl das Karriereende.

Tourchef Christian Prudhomme zeigte sich zwar einerseits vom "Fall Beltran" enttäuscht, lobte aber andererseits die Qualität der Dopingkontrollen: "Es gibt leider Fahrer, die immer noch nicht verstanden haben, was die Stunde geschlagen hat. Aber wir sehen, dass die Tests wirken. Und das Gute ist, dass damit ein Betrüger weniger auf den Straßen der Tour unterwegs ist", sagte der 47-Jährige. Liquigas-Teammanager Roberto Amadio beteuerte derweil, dass Beltran ein Einzelfall sei. "Ich bin geschockt und fühle mich von ihm betrogen", sagte der Italiener. Ein Rückzug der gesamten Equipe kommt für ihn allerdings nicht in Frage: "Wir haben Beltran bis auf weiteres suspendiert und sind damit unserer Pflicht nachgekommen."

Bei den Fahrer-Kollegen herrschte teilweise Fassungslosigkeit über den ersten Dopingfall der diesjährigen Tour. "Man ist geradezu entsetzt von der Dummheit einiger Kollegen, die es immer noch nicht begriffen haben", sagte der Berliner Jens Voigt (CSC) als Sprecher der Fahrer-Vereinigung: "Eigentlich sollte man meinen, dass alle etwas aus den Skandalen der letzten Jahre gelernt hätten."

Dieser Hoffnung gibt sich Voigts Teamchef Bjarne Riis, selbst geständiger Dopingsünder hinsichtlich seines Toursiegs 1996, gar nicht erst hin. "Beltran ist nicht der erste Fall und wird auch nicht der letzte bleiben", so der Däne, der dennoch auf die Signalwirkung des neuerlichen Dopingfalls hofft: "Das zeigt immerhin, dass die, die weiter betrügen, bestraft werden." Hinsichtlich der bekanntgewordenen Auffälligkeiten bei den Blutproben zahlreicher Fahrer, die vor dem Tourstart von der französischen Anti-Doping-Agentur AFLD getestet worden waren, kursierten am Samstag bereits Gerüchte um einen weiteren Namen. Die Sportzeitung L'Equipe nannte den italienischen Giro-Zweiten Riccardo Ricco als einen der Radprofis, die wegen ihrer Werte derzeit unter besonderer Beobachtung stehen.

Ricco hatte am Donnerstag die erste Bergankunft dieser Tour in Super-Besse gewonnen und war in den zurückliegenden Tagen bereits viermal von der AFLD getestet worden. Für den kleinen Bergspezialisten war dies allerdings kein Problem. "Ich brauche mich nicht zu verstecken, denn ich habe mir nichts vorzuwerfen", sagte Ricco.

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