Der 18. Mai 2002 gehört zu den schwärzesten, bittersten Momenten in der mittlerweile 114-jährigen Vereinsgeschichte von Rot-Weiss Essen.
Alles war an diesem Tag dafür angerichtet, dass RWE mit einem Sieg in Münster den Aufstieg in die 2. Bundesliga feiert. Die Essener machten auch ihre Hausaufgaben und gewann nach einem 0:1-Pausenrückstand mit 3:1 an der Hammer Straße. Spieler, Funktionäre und Verantwortliche jubelten, weil sie dachten, dass RWE die Rückkehr in die 2. Liga geschafft hatte.
Doch das aus Essener Sicht so wichtige Parallelspiel zwischen Eintracht Braunschweig und der SG Wattenscheid 09 lief noch. Braunschweig durfte nicht gewinnen. Bis in die Schlussminute stand es an der Hambuger Straße auch 1:1. Beim mitgereisten RWE-Anhang in Münster war die Stimmung auf dem Siedepunkt. Abpfiff in Münster, Jubel unter allen Rot-Weissen - und dann das: Das Spiel in Braunschweig lief noch und Thomas Piorunek erzielte in der 90. Minute das 2:1 für die Eintracht - Jubel in Braunschweig, Frust, Trauer, Wut bei allen Essenern in Münster. Ein Teil der RWE-Fans randalierte und zerstörte das Stadion an der Hammer Straße.
Die Szenen vom 18. Mai 2002 im Youtube-Video
RevierSport hat 19 Jahre nach diesem bitteren Tag für Rot-Weiss Essen, bei einigen Beteiligten nachgefragt, wie sie denn die Szenen vom 18. Mai 2002 in Erinnerung haben:
Erwin Koen: "Das Spiel ist leider noch in meiner Erinnerung. Meine ganze Familie war da - Eltern, Schwiegereltern. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und das Spiel gewonnen. Leider hat auch Braunschweig gesiegt. Danach hat der Stadionsprecher alle Essener mit seiner Art und Weise der Ergebnis-Ankündigung aus Braunschweig provoziert. Das musste nicht sein. Klar ist aber auch, dass der Frust der Fans sich nicht in Gewalt verwandeln darf. Das war für alle Essener ein bitterer Tag und die Enttäuschung saß auch lange. Ich hoffe, dass wir am Dienstag in Münster gewinnen und die Hammer Straße diesmal für diese Saison ein gutes Omen sein wird."
Ich muss aber auch mit knapp 20 Jahren Abstand sagen, dass es irgendwo auch ein Highlight war. Wir hatten eine super Truppe beisammen und die Fans waren sensationell.
Dennis Brinkmann
Dennis Brinkmann: "Wir haben das auf dem Platz natürlich mitbekommen und waren am Ende auch immer mit einem Ohr mit Braunschweig verbunden. Dass das alles so ausgeartet ist, war natürlich nicht schön. Plötzlich sah ich, wie die Fans das Spielfeld stürmten und ein Essener Fan mit einem Torpfosten herum lief. Ich hatte keine Angst oder dergleichen. Aber mit damals 23 Jahren schon ein mulmiges Gefühl. Wir sind dann in der Kabine verschwunden. Ich muss aber auch mit knapp 20 Jahren Abstand sagen, dass es irgendwo auch ein Highlight war. Wir hatten eine super Truppe beisammen und die Fans waren sensationell. Ich erinnere mich noch als wir nach diesem Münster-Spiel in Essen etwas trinken waren. Mein Bruder Tim war auch dabei. Bei der Kneipen-Tour haben wir dann mit vielen RWE-Fans gesprochen. Sie waren nicht aggressiv oder wütend, sie waren nur todtraurig. Man hat einfach gespürt wie groß die Sehnsucht bei den RWE-Fans nach dem Profifußball ist. Ich hoffe, dass der Verein endlich den Aufstieg packt."
Wir haben keine Angst vor unseren Fans gehabt, die Wut hatte sich ja nicht gegen uns gerichtet. Die persönliche Enttäuschung war riesig. Ich saß in den Katakomben irgendwo im Flur und war im Tunnel - im Tunnel der Enttäuschung.
Andreas Winkler
Andreas Winkler: "Das Spiel werde ich nie vergessen, weil ich damals die ganze Woche aufgrund von Schmerzen nicht trainieren konnte. Doch Harry Pleß wollte mich unbedingt einsetzen. Ich habe dann mit Schmerzmittel gespielt. Das habe ich aber auch nie bereut. Den ich habe an diesem Tag fest damit gerechnet, dass wir aufsteigen. Das war am Ende alles ehr, sehr bitte. Wir haben keine Angst vor unseren Fans gehabt, die Wut hatte sich ja nicht gegen uns gerichtet. Die persönliche Enttäuschung war riesig. Ich saß in den Katakomben irgendwo im Flur und war im Tunnel - im Tunnel der Enttäuschung. Aktuell beobachte ich die Regionalliga West mit Abstand. Wer am Ende aufsteigt, kann man zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht prognostizieren."
In Essen haben wir dann den Frust auf der Alfredstraße in Rüttenscheid weggespült.
Achim Weber
Achim Weber: "Ich erinnere mich nur noch sehr vage an das Spiel, man versucht solche Negativerlebnisse auch aus dem Gedächtnis zu streichen. ich weiß aber noch, wie der Stadionsprecher, wie ich finde mit ein wenig Häme in der Stimme, den Zuschauern mitteilte, das Braunschweig das 2:1 erzielt hat. Danach kippte die Stimmung. Die Fans waren wütend und stürmten das Spielfeld. Da wurde dann das Tor abmontiert. Wir haben nur geguckt, dass wir schnell in die Kabine kommen. Wir saßen dann dort bestimmt zwei Stunden. Irgendwann aber stellen sie sich den wenigen, noch wartenden RWE-Fans. Wir haben versucht, Gespräche mit den Fans zu führen. Aber das hat alles keinen Sinn gemacht. In Essen haben wir dann den Frust auf der Alfredstraße in Rüttenscheid weggespült."