Wenn die Rot-Weissen an diesem Freitag zu ihrem letzten Regionalligaspiel des Jahres bei Fortuna Düsseldorf II (18.30 Uhr, Paul-Janes-Stadion) auflaufen, wird Nico Lucas vermutlich wieder in der Startelf stehen. Dann übrigens zum vierten Mal in Folge. Vor drei Wochen hatte RWE-Trainer Sven Demandt dem 19-jährigen Youngster erstmals das Vertrauen geschenkt und ihn gegen Wiedenbrück von Beginn an auf den Rasen geschickt. Selbstverständlich nicht, weil der junge Mann der Sohn des Sportlichen Leiters Jürgen Lucas ist, sondern weil er in den Trainingseinheiten einen guten Job gemacht und sich eine Chance verdient hatte.
Es hat ganz gut funktioniert. Lucas ragte nicht heraus, machte aber auch keine nennenswerten Fehler, was ja schon eine beachtliche Leistung ist in diesem Alter. Und gegen Bonn leitete der Mittelfeldmann immerhin das 2:0 durch Benjamin Baier ein. Es war sein erster Assist im Regionalliga-Trikot. Das Talent aus der eigenen Schmiede hat sich entwickelt, im Prinzip sind es aber noch immer die ersten Schritte im Erwachsenen-Fußball. Es ist der Anfang des Weges, der nach wie vor weit und beschwerlich ist.
Seit der U10 kickt Nico Lucas an der Hafenstraße. Er war Kapitän in der U19, mit der er in die Bundesliga aufgestiegen ist. Schon als A-Jugendlicher durfte er hin und wieder mit den „Großen“ trainieren. Und ja, bereits zu jener Zeit, als noch Sportvorstand Uwe Harttgen und Marc Fascher an der Hafenstraße die sportlichen Geschicke lenkten, unterschrieb Lucas einen Vertrag bei Rot-Weiss Essen.
Ich glaube, wir schaffen das ganz gut, den Fußball losgelöst von der Familie zu betrachten
Nico Lucas
Der erste Einsatz im Regionalliga-Team, es war im Januar 2015 bei einem Testspiel gegen Borussia Mönchengladbach, und sein Pflichtspiel-Debüt im Niederrheinpokal seien persönliche Highlights gewesen, sagte Nico Lucas Anfang des Jahres, als ihn der damalige Trainer Jan Siewert ins Trainingslager in die Türkei nach Belek mitnahm. Seit Juli gehört Nico Lucas nun fest zum Kader der Roten genauso wie sein ehemaliger U19-Mitstreiter Timo Becker, der mit ihm aufgerückt ist und zuletzt auf der rechten Seite verteidigte. Zwei Eigengewächse in der ersten Mannschaft, so stellt man sich eine produktive Nachwuchsarbeit vor.
Gleichwohl ist der Fall Nico Lucas ein ganz spezieller. Denn er ist und bleibt halt der Filius vom Sportchef. „Für mich spielt es keine Rolle und für meinen Vater sicherlich auch nicht“, versicherte der Junior noch im Januar dieses Jahres. „Ich glaube, wir schaffen das ganz gut, den Fußball losgelöst von der Familie zu betrachten.“ In der A-Jugend haben es die beiden ja offenbar ganz gut geregelt bekommen, denn Jürgen Lucas war damals Trainer des Nachwuchsteams.
Nicos größter Kritiker
Natürlich gibt es im Umfeld immer irgendwann und irgendwo Zweifler: „Ach, der spielt doch nur, weil sein Vater Sportlicher Leiter ist“, argwöhnten einige wenige vor dem Wiedenbrück-Spiel. „Es ist meine Pflicht, das Ganze professionell und mit dem nötigen Abstand zu beurteilen“, entgegnet Jürgen Lucas energisch. Als Papa sei er natürlich ein bisschen stolz, wenn sein Junge die Chance nutze, die ihm Trainer Demandt böte. „Aber glauben Sie mir, ich bin da wohl Nicos größter Kritiker.“
Vetternwirtschaft im Hause Lucas? Nach drei Einsätzen dürfte Nico Lucas diesen Verdacht mit seiner Leistung zerstreut haben. „Ich habe gelernt, damit umzugehen“, kommentierte der junge Mann bereits früh solche argwöhnischen Kommentare. Und überhaupt: Den Sportchef sogar nach dem Spiel noch zu Hause an seiner Seite zu wissen, das könnte ja manchmal auch ganz schön hart werden.