Vielleicht können Sie ja dabei helfen. Ihr Trainer hat gesagt, Sie seien ein Typ, der immer Reizpunkte setzt. Was meint er damit? Ich gebe ihm da absolut Recht. Ich würde sagen, dass Konflikte im Fußball notwendig sind, denn das ist ein Männersport. Der Fußball lebt von Emotionen – besonders hier in Essen. Ich mag es nicht, wenn einer Mannschaft die Emotionen fehlen. Ich versuche deshalb immer, welche einzubringen. Dadurch entstehen zwangsläufig mal Konflikte, die aber am Ende viel mehr zusammenschweißen, als wenn man sich immer nur den Arsch pudert.
Ein rauer Ton kann also förderlich sein? Ich bin der Meinung: Jungs müssen Jungs sein dürfen. Männer müssen aber auch Männer sein. Wir müssen uns auch mal die Meinung geigen und uns verbal auf die Fresse hauen – alles über der Gürtellinie! Nur so kommt Leben in die Mannschaft und nur so können wir Erfolg haben. Ich habe das Gefühl, dass in Zeiten von sozialen Netzwerken viel zu oft Fresse halten angesagt ist und so kommt man nicht voran.
Was stört Sie an den sozialen Netzwerken? Heutzutage liest man ständig Ausdrücke wie „Shitstorm“. Ich glaube, mit erhöhtem Druck von außen werden Spieler weichgeklopft. Sie passen alle darauf auf, was sie sagen, was sie tun und was sie nicht tun. Ich bin in der 90ern aufgewachsen, da konnte man noch Mist bauen, ohne dass es jeder mitbekommt. Heute bekommt es jeder mit, da fehlt den jungen Spielern auch die Freiheit. Deshalb tun sie mir manchmal leid.
In Essen ist Druck immer wieder ein Thema. Jeder freut sich, vor großem Publikum zu spielen. Ist das manchmal auch belastend? Wenn du zu Rot-Weiss Essen wechselst, musste du mit Druck umgehen können. Wenn du noch nicht so weit bist, dann musst du zumindest wissen, dass du es dir aneignen kannst. Im Allgemeinen habe ich aber das Gefühl, dass wir dazu neigen, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. Da muss ich dem Trainer Recht geben, der gesagt hat: Wenn sieben Leute im Stadion pfeifen, heißt es noch nicht, dass 7000 pfeifen. Da sind weit über 6000, die das Geschehen vernünftig einordnen können. Es würde uns allen guttun, wenn sich in Essen alle bewusst machen, dass wir hier in der Regionalliga spielen und nur gemeinsam dort herauskommen. Wenn die Leute mehr Lust haben, auf den negativen Dingen herumzureiten, müssen sie wissen, was sie damit verursachen.
Wo wir beim Thema Fans sind: Die Ultras Essen haben sich gerade aufgelöst. Wie haben Sie das aufgenommen? Ich finde es schade um jeden Fan, der nicht ins Stadion kommt. Wenn ich lese, dass so viel Arbeit und Herzblut dahinter steckt, dann tut es mir leid, dass es so eine Entwicklung gegeben hat. Da ich aber nicht in der Materie drinstecke, will ich nicht urteilen. Ich glaube, dass jeder einzelne Fan uns fehlen wird und hoffe, dass es andere gibt, die diesen Verlust auffangen.
Wichtig ist am Ende aber immer noch aufm Platz... Klar, die Philosophie, die der Verein entwickelt hat, müssen wir mit Leben füllen. Als Mannschaft haben wir final den größten Einfluss darauf, wie es läuft. Wir müssen jedem Gegner, ob zuhause oder auswärts, unser Spiel aufzwingen. Dafür brauchen wir Konstanz. Die jungen Spieler müssen sich entwickeln, immer wieder einen Schritt vorwärts machen. Wir müssen unsere Leistung bringen, aber auch die Geduld haben, den jungen Spielern die Zeit zur Entwicklung zu geben. Wenn es auch mal Unzufriedenheiten gibt, muss sich jeder Einzelne daran erinnern, dass er den geilsten Job der Welt ausüben darf.
Kann dann am Ende der Essener Traum vom Aufstieg irgendwann doch wahr werden? Es gibt glaube ich über 90 Regionalligateams in Deutschland und davon steigen jedes Jahr nur drei auf. Das schaffst du nur, wenn du hochtalentierte Spieler hast, die von heute auf morgen explodieren und wenn du mit dem Grundgerüst dahinter eine Mauer aufbaust. Ich glaube, dass unser Weg auf Dauer dahin führen kann.