Rot-Weiss Essen ist auf einem guten Weg. Das gilt von der Regionalliga-Mannschaft bis zu den jüngsten Nachwuchsteams mehr oder weniger einvernehmlich. Daher konnte die Vereinsführung, vor allem natürlich der 1. Vorsitzende Dr. Michael Welling und Aufsichtsratschef Christian Hülsmann, in gut dreieinhalb Stunden beinahe ausschließlich positive Ergebnisse vermelden. Mit einem Gewinn von 8.000 Euro hat der Regionalligst demnach das vergangene Geschäftsjahr abgeschlossen. Den Etat für die Regionalliga-Mannschaft kann RWE in der kommenden Saison um 300.000 Euro auf dann rund 1,5 Millionen für die Regionalliga-Mannschaft erhöhen.
Das Stadion bleibt indes ein großes „Ja, aber“. Die neue Heimspielstätte hat sich auf der Einnahmeseite spürbar niedergeschlagen. So konnte der Regionalligist alleine durch VIP-Catering und mit dem Stadion verbundenen Werbeeinnahmen 39 Prozent mehr Einnahmen gegenüber der Vorsaison verzeichnen. In Summe nicht weniger als 837.000 Euro. Dem gegenüber stehen aber auch Kosten wie die Reinigung (73.000 Euro statt zuletzt 42.000 Euro) oder die Pacht von 52.000 Euro.
Daher bilanzierte Welling folgerichtig: „Das Stadion lohnt sich, aber Umsatz ist eben nicht Gewinn.“ So rechnete der 1. Vorsitzende vor, dass RWE an einer Karte durchschittlich 3,59 Euro verdiene. So können alleine durch Zuschauereinnahmen etwa 460.000 Euro erlöst werden – rund ein Drittel des Etats der Regionalliga-Mannschaft.
Doch bei allen positiven Effekten des Umzugs ließen sich die offenkundigen Misstöne im Hintergrund nicht verhehlen. Vor allem Hülsmann wollte und konnte nicht länger schweigen und nutzte die „halböffentliche“ Bühne des Congresscenter Süd der Messe Essen, um die städtischen Verantwortungsträger offen zu kritisieren. Die Posse um den noch immer nicht fixierten Pachtvertrag hemme RWE schließlich in seiner Entwicklung. RWE sei durchaus bereit, sich an den Kosten zu beteiligen. Für die 3. Liga etwa wäre eine Pacht von 500.000 Euro veranschlagt. „Das ist etwa fünf Mal so viel wie RWE zu Zweitliga-Zeiten gezahlt hat“, unterstrich Hülsmann.
Es ginge dem Verein nicht darum, sich vor Kosten zu drücken. Kompromissvorschläge wie etwa der, die Spielbetriebsorganisation selbst in die Hand zu nehmen und so Kosten im sechsstelligen Euro-Bereich zu sparen, seien bislang aber auf taube Ohren gestoßen. Fest stehe jedoch auch, so Hülsmann, dass der Pachtvertrag für die perspektivische Planung unerlässlich sei. „Dass wir einfach zur Kasse gebeten werden, ohne über die Kosten mitreden zu dürfen, das sehen wir nicht ein. Ich werde keinen Vertrag unterschreiben, der sich von dem unterscheidet, den wir vor eineinhalb Jahren ausgehandelt haben. Wir sind keine Pommesbude, wir sind Rot-Weiss Essen!“ Ferner schieße sich die Stadt selbst ins Knie, wenn sie einen Aufstieg in die 3. Liga durch eine unverhältnismäßig hohe Pacht zusätzlich erschwere.
Neben dem scheinbar endlosen Zank um das neue Stadion war die Vorstellung von Christian Knappmann vielleicht noch der heikelste Unterpunkt der Tagesordnung. Doch spätestens als Welling ein Plädoyer für den 32-Jährigen hielt, waren auch die letzten Gemüter beruhigt.
Dass Vorstand und Aufsichts- sowie Ehrenrat unterdessen nahezu einstimmig in ihren Ämtern bestätigt wurden, konnte angesichts der vorgelegten Bilanzen nicht verwundern. Und so blieb schließlich genug Raum, um die 15 Minuten lange Vereinshymne „In Ewigkeit und Amen (Hallelujah)“ der Cafe Nova Staudertrinkers, das nicht nur den Interpreten selbst zu Tränen rührte, als emotionales Highlight wirken zu lassen.
Saisonziel Top drei, aber: „Alles kann, nichts muss“
Eine Frage galt es dann freilich auch noch zu klären: An dem Erreichen welches sportlichen Ziels will sich Welling denn nun an gleicher Stelle im kommenden Jahr messen lassen? „Im nächsten Jahr und in den nächsten Jahren - sollte es noch weitere geben - sollte unser Anspruch sein, unter die Top drei zu kommen“, erklärte Welling. „Aber alles kann, nichts muss.“