An der rechten Ferse zwickt es ein wenig. Für Alexander Nouri stellt das jedoch kein großes Hindernis dar. Der Mittelfeldstratege des KFC Uerdingen beißt in der Vorbereitung auf die Zähne. "Ich will zum Start topfit sein, da lasse ich mich von kleinen Blessuren bestimmt nicht aus der Bahn werfen", sprüht der 24-Jährige voller Tatendrang. Wenngleich die Druckstelle, die sich durch falsches Schuhwerk entwickelte, bereits seit zwei Wochen konservativ behandelt werden muss. "Ist 'ne hartnäckige Sache", erklärt Nouri augenzwinkernd.
Dabei hat die Nummer zehn der Krefelder schon ganz andere Hürden in seiner jungen Karriere gemeistert. In seiner Zeit beim SV Werder Bremen lief zunächst alles wie am Schnürchen. Aus der A-Jugend schaffte Nouri direkt den Sprung in den Profikader des Bundesligisten. Unter dem damaligen Trainer Wolfgang Sidka schnupperte Nouri 1998 UI-Cup-Luft, qualifizierte sich im gleichen Jahr sogar dadurch für den Uefa-Cup mit den Hanseaten. "Ich hatte einen Profivertrag über zwei Jahre in der Tasche", blickt der gebürtige Buxtehuder zurück. Dann der Schock: Beim Training brach sich Nouri den Knöchel. Für den Techniker begann eine lange Leidenszeit - ganz ohne Fußball.
Bei seinem Comebackversuch 1999 hatte sich allerdings einiges verändert. Im Profibereich wurde Sidka von Felix Magath abgelöst, die Amateure übernahm damals ein gewisser Thomas Schaaf. "Als ich wieder fit war, befanden wir uns mit den Amateuren im Abstiegskampf. Schaaf setzte mehr auf Routiniers als auf junge Spieler wie mich. Ich war schließlich erst 19 Jahre alt", erklärt der Sohn eines Persers und einer Deutschen.
Glück im Unglück: Zu dieser Zeit suchte eine amerikanische Delegation in Bremen nach hoffnungsvollen Talenten, die in Amerika Spielpraxis erhalten sollten. Nouri fackelte nicht lange und wagte - auf Leihbasis - den Sprung nach Übersee. Genauer gesagt nach Seattle. Die ortsansässigen "Sounders" in der A-League, eine Klasse unter der Profiliga Major League Soccer (MLS), garantierten ihm einen Stammplatz. "Das halbe Jahr dort drüben hat mir sehr viel genutzt. Ich habe aus den Staaten einiges mitnehmen und lernen können", möchte er die Zeit im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" nicht missen.
Dennoch war aller Anfang schwer. Sprachlich gab es für den Abiturienten zwar keine Probleme, allerdings musste sich Nouri erst einmal an die Mentalität gewöhnen. "Nur zwei Mal die Woche Training, zu den Spielen kam der Großteil der Akteure sogar mit dem Flugzeug." Und: Nouri konnte in den ersten beiden Monaten kein Meisterschaftsspiel bestreiten, da es Probleme mit seinem Visum gab. "Die erste Zeit war schwer und gewöhnungsbedürftig. Danach habe ich mich akklimatisiert."
Was vor allen Dingen an der Hilfe des Teambesitzers lag. Neil Farnsworth, hauptberuflich Manager beim Softwaregiganten Microsoft, brachte Nouri in seinen eigenen vier Wänden unter. Nur drei Straßen entfernt vom Wohnsitz eines gewissen Bill Gates. "Persönlich habe ich ihn allerdings nie zu Gesicht bekommen. In unserem Haus hingen aber viele Fotos von ihm und Neil", erinnert sich Nouri besonders an die Bilder mit dem berühmten Nachbarn.
Nach einem halben Jahr USA ging es für Nouri im Oktober 1999 wieder nach Bremen zurück. Dort angekommen, schloss er sich abermals den Werder-Amateuren, mittlerweile trainiert von Frank Neubarth, an. "Trotz einer guten Saison hatte ich keine Chance, in den Profikader zu kommen. Da kam das Angebot von Uerdingen gerade recht. Jos Luhukay hat sich damals sehr um mich bemüht", blickt er zurück.
Doch nach einer Saison setzte der Holländer, der später als Co-Trainer nach Köln wechselte, nicht mehr auf seinen einstigen Wunschkandidaten. Nouri fand sich nach einer weiteren schweren Verletzung in der Vorbereitung plötzlich auf der Tribüne wieder. "Als dann Pelé Wollitz gekommen ist, habe ich gespielt. Er hat mir das Vertrauen geschenkt, so dass Fußball wieder Spaß gemacht hat. Den Schritt nach Krefeld habe ich nie bereut", erklärt der ehemalige U15/U16-Nationalspieler.
Daher betont Nouri auch, dass er gerne weiter mit Wollitz arbeiten möchte. In Krefeld? "Vielleicht. Mein Vertrag läuft aus und ich möchte es auf jeden Fall noch in den Profibereich schaffen. Schon als Kind war es mein Traum, eines Tages in der Bundesliga zu spielen." Auch mit dem KFC sei dieses Ziel mittelfristig zu verwirklichen. Nouri: "Wenn die Perspektive stimmt, würde ich auch gerne bleiben. Ich möchte jedoch nicht am Ende meiner Karriere nur auf eine Regionalliga-Laufbahn zurück blicken können."
Klar ist, ewig dauert die aktive Zeit nicht. Nouri möchte so lange spielen, wie es der Körper zulässt. Gedanken, was danach kommt, sind durchaus vorhanden. In die berufliche Richtung des Sportmanagments könnte es gehen. Ob hierzulande oder anderswo, das lässt der 24-Jährige offen: "Ich könnte mir vorstellen, eines Tages in Amerika zu leben. Der Kontakt dorthin ist nie abgerissen. Verwandte und Freunde wohnen dort."
Deutlich wird: Nouri ist eine Art Kosmopolit, ein weltoffener Typ mit vielseitigen Interessen. "Vielleicht kann man es so nennen", grinst er spitzbübisch. Und grübelt vor sich hin. "In erster Linie", hebt er jedoch schnell den Finger, "fühle ich mich als Mensch." Alexander Morel