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Wattenscheid: Versammlung vertagt, Mitglieder fassungslos
„Ein Karnevalsverein!“

Sportvorstand "Gundi" Busch (re.) und seine Kollegen starten die nächste Episode im Wattenscheider Komödiantenstadl (RS-Foto: pozo).
Sportvorstand "Gundi" Busch (re.) und seine Kollegen starten die nächste Episode im Wattenscheider Komödiantenstadl (RS-Foto: pozo).
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So etwas nennt man kurzentschlossen: Nur knapp 24 Stunden vor der richtungweisenden Jahreshauptversammlung der krisengeschüttelten Sportgemeinschaft hat der amtierende Vorstand entschieden, die Sitzung auf den 27. April zu verschieben.

Der Wortlaut der obskuren Begründung aus der Pressemitteilung vom Sonntag: nicht ausreichend fortgeschrittene Umbaumaßnahmen im 09-Jugendheim an der Berliner Straße.

„Das ist schon richtig“, erklärt Guiseppe Tomasello, der durch das Engagement des ehemaligen Jugendleiters Hermann Heroven den Betrieb des Klubhauses übernommen hat - nachdem der amtierende Vorstand monatelang vergeblich versuchte, einen Pächter zu finden. „Wir befinden uns mitten in der Renovierung. Die sanitären Anlagen können nicht genutzt werden, außerdem streichen wir gerade“, berichtet der Gastronom, der aber nachlegt: „Wenn man will, kann man dort tagen. Es ist halt nur nicht so komfortabel.“ Dabei ist Komfort in der aktuellen Situation wohl weniger gefragt, den Mitgliedern fehlt es derzeit schlicht und ergreifend an Transparenz. Keine 30 Sekunden Fußweg vom Jugendheim entfernt liegen die Toiletten der Sportanlage. Zur allergrößten Not hätte man auch einfach in die Turnhalle am Lohrheidestadion ausweichen können, die ausreichend bestuhlt ist und bei größeren Spielen als VIP-Bereich genutzt wird. Das wissen auch die rund tausend Mitglieder der SG 09, die sich momentan einfach nur verschaukelt fühlen.

Bleibt also die Frage, wo die wahren Hintergründe des Aufschubs liegen. Präsident Guido Tann hält sich jedenfalls bedeckt: „Leider sind wir mit den Renovierungsarbeiten noch nicht so weit, wie wir dachten. Mehr kann ich dazu nicht sagen, eine andere Begründung gibt es nicht.“ Ein Schlag ins Gesicht für die Wenigen, die der Sportgemeinschaft nach den Turbulenzen der letzten Jahre die Treue halten, ihre Mitgliedsbeiträge zahlen oder sich sogar ehrenamtlich engagieren. Für den Vorsitzenden der Lohrheide-Kicker maximal ein Kollateralschaden: „In diesem Rahmen wollen wir nicht tagen. In einem Monat sieht das alles ganz anders aus.“

Es bleibt also dabei. Die Informationspolitik des Traditionsvereins ist schwächer denn je, keiner der Funktionäre scheint wirklich zu wissen, wo der Weg des ehemaligen Bundesligisten hinführt. Selbst Christoph Jacob, der zum 23. März das Amt des Vorsitzenden übernehmen sollte, zuckt derzeit nur mit den Schultern. „Ich habe auch erst am Sonntag davon erfahren. Mit mir hat keiner geredet, ich weiß auch nicht, was die Herren vorhaben. Jedenfalls ist die Situation aktuell extrem unbefriedigend. Ich habe im Vorfeld so viele Gespräche geführt und überall verkündet, dass es am 23. März los geht. Der Frust ist bei allen Beteiligten riesig.“

Bleiben also nur zwei mögliche Szenarien: Der amtierende Vorstand ist seinen Verpflichtungen, die ausstehenden Gehälter bis zum 23. März auszugleichen, nicht nachgekommen. Aus Mannschaftskreisen ist zu hören, dass das Entgelt aus dem Monat Februar noch nicht den Weg auf die Girokonten gefunden hat. Obwohl bereits am Freitag kundgegeben wurde, dass die Gelder längst unterwegs seien. Jacob bestätigt: „Es wurden diverse Zahlungen durch den Vorstand zugesagt und verschriftlicht, die sind schlicht und ergreifend nicht eingegangen. Wir waren uns einig, dass ich als Vorstand einen Teil der Schulden übernehme. Nur ist die Summe inzwischen viel größer, als ursprünglich angekündigt. Die Zahlen ändern sich im Wochentakt.“

Oder die Funktionäre haben plötzlich einen Plan B und den Ausweg aus der Misere gefunden, möglicherweise ohne ein Engagement Jacobs. Fakt ist aber, dass der Umgang mit den unwissenden Mitgliedern, Fans und Förderern des Vereins mal wieder eine bodenlose Frechheit ist. Ein Zitat aus einer Mail eines ehrenamtlichen Helfers, die der RS-Redaktion am gestrigen Abend zuging: „Nur weil der Vorstand und der Aufsichtsrat ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, werden wohl am Abend einige Vereinsmitglieder vor verschlossenen Türen stehen. Ein Karnevalsverein!“

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