Langsam wird klar, was Kiegelmann meint, dass der Klub in der Türkei eine „richtig große Nummer ist“. Denn im Raum sind nicht nur Spieler und Vorstandsmitglieder, sondern auch einige türkischen Journalisten, die für Agenturen und Zeitungen das Thema „Hacheney“ beackern.
Neue "Helden der Kreisklasse". Foto: Cevdet Albay
„Sport kennt keine Sprache“ ist das Motto des zweiten Anlaufs Hacheneys, etwas Besonderes auf die Beine zu stellen. In der Saison 2004/05 war es die Dortmunder Legende Manni Bürgsmüller, die – von Privatsender Kabel 1 eindrucksvoll inszeniert – dem Amateurklub das „gewisse Etwas“ verlieh. Als Trainer versuchte er nicht nur, die Mannschaft sportlich auf Trab zu bringen. Auf sein Engament hin wurde auch so rund um die Hacheneyer Straße einiges bewegt. Immerhin gelang nach dem verpassten Klassenerhalt der sofortige Wiederaufstieg.
Doch kaum war die Karawane der Medienschaffenden und Schaulustigen weitergezogen, ging es mit dem Klub wieder bergab. Nach dem Motto: „Fernsehen weg, Spieler weg.“ „Es wurden damals Fehler gemacht, den Verantwortlichen fehlte es verständlicherweise an der nötigen Erfahrung, um mit den Rummel richtig umzugehen“, gesteht Michael Wiese ein. Der Sportliche Leiter kam „zufällig“ in der unruhigen Zeit zum SSV Hacheney zurück, um dort in der Alt-Herren-Mannschaft zu spielen. Mittlerweile ist er für den Erfolg der ersten Seniorenmannschaft verantwortlich.
Im Jahr 2011 feiert der Verein sein 50. Jubiläum. Um bis dahin nicht in der sportlichen Bedeutungslosigkeit zu versinken, mussten Visionen her. „Da kam uns in den Sinn, etwas im sozialen Bereich zu unternehmen. Denn Verständigung und der Abbau von Vorurteilen sind aus unserer Sicht auch unsere Aufgaben. Der Sport, oder in unserem Fall der Fußball, verbindet“, ist Wiese überzeugt. Der 1. Vorsitzende Hacheneys geht sogar einen Schritt weiter: „Wir wollen eine regelrechte Lawine entfachen, die Missgunst und Neid aber auch rechtsradikale Auswüchse unter sich begräbt“, Gerhard Beisken wird fast feierlich, wenn er die hochgesteckten Ambitionen formuliert.
Volles Haus beim SSV Hacheney. Foto: Cevdet Albay
Und die Lawine rollt – zumindest in der Türkei. Dorthin haben Korrespondenten aus Deutschland die Nachricht vom kleinen Verein mit der großen Idee getragen. Da es mit Trainer Aksoy, ehemaliger Spieler von Phoenix Eving, einen Landsmann als Protagonisten gibt, waren die Zeitungen sofort Feuer und Flamme. Blätter wie die „Türkiye“ oder das Wochenmagazin „Post“, die bericheten ausführlich - und das europaweit. Höhepunkt des Medieninteresses war ein Auftritt im türkischen Fernsehen, beim „Kanal Avrupa“. Dort wird das Projekt als Vorzeige-Modell gesehen, die Politik ist bereits aufmerksam geworden und hat ihre Unterstützung zugesichert. Auch das Landesministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration ist mittlerweile im Boot.
Diese Präsenz macht die Sponsorenakquise natürlich um einiges leichter. Wenn der Geldhahn einmal sprudelt, dann sind auch Verpflichtungen von Hochkarätern wie Savas Demirci (bisher VfL Schwerte), der ab sofort die Schuhe in der zweituntersten Spielklasse schnürt, möglich.
Und möglich ist für den SSV Hacheney jetzt scheinbar alles. Das Wintertrainingslager findet in der Türkei statt, ein Testspiel gegen den Zweitligisten Zongulakspor ist fix. Das Ende der Fahnenstange ist das aber noch lange nicht. „Die Kooperations-Verhandlungen mit einem der ganz großen Klubs aus der Türkei laufen gut. Und mit einem türkischen Profi von Bayern München, der als „Pate“ fungieren könnte, haben wir auch schon Kontakt aufgenommen“, reibt sich Aksoy die Hände.
Die „Helden der Kreisklasse“ von einst sind tot - aber Hacheney lebt wieder auf.