Fast täglich wird man im Fernsehen, in der Zeitung oder dem Internet mit erschreckenden Bildern aus Krisengebieten konfrontiert. Verzweifelte Menschen müssen von heute auf morgen ihre Heimat verlassen und oft an einem anderen Ende der Welt auf einen Neuanfang in sicherer Umgebung hoffen. Oft scheint es in diesen umkämpften Regionen so, als wäre ein Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlicher Herkunft und verschiedenen Glaubensrichtungen kaum mehr möglich. Wer die Augen jedoch genauer aufmacht, kann ein solches Zusammenleben direkt vor der Haustür finden.
Der FC Sandzak trotzt dem Vorurteil vom immer schwieriger gewordenen Miteinander verschiedener Kulturen. 2009 gründeten Mitko Bibic und sein Cousin den Verein, um an das friedliche Zusammenleben in Sandzak, einem Gebiet in Serbien, zu erinnern. Die Region, zu der etwa 500.000 Einwohner zählen, grenzt an den Kosovo, Montenegro und Bosnien-Herzegowina. Almir Kurbasevic, Vorsitzender des Vereins, erzählt wie es zu der Geburtstunde des Multikulti-Klubs gekommen ist: „Viele Jungs, die ich und die anderen Mitbegründer kannten, beklagten sich über ihre damaligen Vereine. Sie waren nie richtig glücklich in ihren Teams und wollten gerne zusammen spielen. Dann kamen wir auf die Idee einen Verein zu gründen, um unsere eigenen Ideen umzusetzen.“
Gesagt getan. Mittlerweile zählen rund 60 Spieler zu der ersten und zweiten Mannschaft des FC Sandzak-Hattingen, die beide in der Kreisliga spielen. In der ersten Saison stieg die „Erste“ des Liga-Neulings direkt in die Kreisliga B auf. „Ein tolles Erlebnis, an dass ich mich immer wieder gerne erinnere“, schwärmt Kurbasevic, wenn er an die Anfänge des zusammengewürfelten Vereins zurückdenkt: „Anfangs waren wir nur sieben Mann beim Training, eine Woche später hatte sich die Zahl schon verdoppelt. Unsere Vereinsatmosphäre hatte sich rasch über die Hattinger Grenzen herumgesprochen.“ Die Spieler kommen auch aus Herne oder Düsseldorf Das hat zur Folge, dass mittlerweile nicht nur Hattinger Jungs zum FC Sandzak gehören. Auch Spieler aus Herne, Wuppertal, Bochum und sogar Düsseldorf wechselten an die Berenbeck Straße nach Holthausen. „Viele der Kicker kommen ursprünglich aus Sandzak, zumindest aus der Balkan-Region. Aber generell sind wir bunt gemischt. Bei uns spielen Serben, Bosnier, Türken, Deutsche und Afrikaner. Was uns verbindet ist Hattingen. Wir sind Hattinger Jungs“, betont Kurbasevic, der selber Serbe ist. Charakter zählt Bei der Aufnahme in den Verein gebe es nach seiner Auskunft keine besonderen Kriterien. Was zählt, sei der Charakter, das Menschliche und eine gesunde Einstellung. Beim FC Sandzak ist jeder Spieler willkommen, egal welcher Religion er angehört oder welche Nationalität er hat. „Wer bei uns anfängt, erlebt neben dem üblichen Fußball-Tagesgeschäft weitaus mehr. Wir kommen regelmäßig zusammen, treffen uns mit den Familien und erzählen von unseren verschiedenen Heimaten. Bei jedem Heimspiel servieren wir traditionell hausgemachtes Cevapcici. Das ist eine schöne Sache“, freut sich Kurbasevic auch über das Engagement abseits des Platzes: „Auch, was das Fußballerische angeht, versuchen wir das Bestmögliche zu bieten.“ Der Vorsitzende möchte den Verein in Zukunft weiter ausbauen. Neu ist seit Saison-Beginn Trainer Basri Zaskoku. „Vielleicht schafft er es, dass meine Jungs irgendwann mal in der Kreisliga A spielen“, hofft Kurbasevic. Außerdem soll das Vereinsheim modernisiert werden. Die Stadt Hattingen plant zudem einen Kunstrasenplatz.
Der FC Sandzak verändert nicht nur die vereinsinternen Strukturen, sondern mit seiner Intention auch die Meinungen vieler Menschen. Der Verein steht für Integration und ein respektvolles Miteinader. In einer Welt, in der Kriege und Unruhen die Schlagzeilen im negativen Sinne beherrschen, steht Kurbasevic mit seinem Verein stellvertretend für Frieden. Der FC Sandzak-Hattingen: Ein kleiner Verein im Herzen des Ruhrgebiets, von dem sich die Welt einiges abschauen kann.„Bei uns spielen Serben, Bosnier, Türken, Deutsche und Afrikaner. Was uns verbindet, ist Hattingen!“
Almir Kurbasevic