An der Hagenstraße ist mächtig was los: Die marode Sportanlage wird umgekrempelt, im Amtsdeutsch geht es darum den „ersten Bauabschnitt“ zu beenden. Am Ende soll unter dem Blockbuster-verdächtigen Banner "Triple X" eine im Kreis Recklinghausen einmalige Sportanlage stehen: Drei Fußballplätze, etliche Leichtathletikanlagen und als Krönung ein großzügig dimensioniertes, topmodernes Sanitärgebäude - Investitionsvolumen alles in allem über drei Millionen Euro.
Aufgrund der Witterungsverhältnisse werden der erste Kunstrasenplatz dort und die weiteren Kunststoffflächen erst im Frühjahr 2010 fertiggestellt werden können. Und erst dann können die weiteren Bauabschnitte in Angriff genommen werden. Im zweiten Schritt sollen ein Naturrasenplatz und die Zufahrten realisiert werden. Im Idealfall bis Spätsommer 2010.
So soll es demnächst an der Hagenstraße aussehen - die Pläne sind fertig (RS-Foto: Redemann).
Problem: Der Kreis Recklinghausen hat den Daumen auf dem Haushalt der Stadt, die Kommune ist vom Wohlwollen der Aufsichtsbehörde abhängig. „Das ist der wunde Punkt“, waren sich die Dezernentinnen Cordula Thume und Dr. Barbara Duka bei der Informationsveranstaltung am Donnerstagabend einig. Andererseits: „Uns wurde vorgeworfen, dass Marl zu viele Sportanlagen betreibt. Da wäre es wiedersinnig, wenn jetzt die Mittel nicht genehmigt würden.“
Das Finanzierungskonzept sieht jedoch den Verkauf der Anlagen an der Hervester Straße, an der Kampstraße und im Volkspark vor. Die „attraktiven Flächen“ sollen dann als Bauland ausgewiesen werden, wie der neue Bürgermeister Werner Arndt (SPD) ausführte. Aber noch tragen dort die SG Marl, der VfL Drewer und die SpVg. Marl ihre Heimspiele aus. Die Frage ist nicht nur, wie lange noch, sondern: wie lange existieren die drei Vereine überhaupt noch? Denn auf „Triple X“ sollen nicht drei Klubs ein neues Zuhause finden, sondern ein neuer Fusionsverein.
Neben den Fußballern soll "Triple X" auch Schülern und Schülerinnen als sportliche Heimat dienen. Das Doppel-Gymnasium Albert-Schweitzer-/Geschwister-Scholl-Gymnasium wird die Anlage für den Schulsport nutzen. Sowohl Lehrer als auch Vereinsvertreter hoffen, dass durch "Triple X" ein engere Verknüpfung von Schul- und Vereinssport erreicht wird.
Doch bis dieses Kind aus der Taufe gehoben werden kann, muss noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Neben dem ersten Mann der Stadt, der den Infoabend in launiger Weise moderierte, sind die Vereinsvorsitzenden gefordert. Claus Lanczek war einer derjenigen, der damals mit den anderen auf die Stadt zu ging und ein zukunftsfähiges Konzept forderte. „Der Weg war steinig, aber das Produkt steht für sich. Wenn wir am Ziel sind, besitzen wir ein einmaliges Zukunftsprojekt“, schwärmte der 1. Vorsitzende der SG Marl.
Der Rivale der SG in der Kreisliga A ist die SpVg. Marl, ihr „Boss“ Alfred Körnig sah das Thema etwas skeptischer: „Das Ganze hat sich sehr lange hingezogen, jetzt wollen wir endlich wissen, wann die Anlage fertig ist. Unseren Platz geben wir mit sehr viel Wehmut auf, noch aber ist nicht geklärt, wann wir umziehen. Sollen wir noch in die erste Mannschaft investieren? Solche Fragen sind solange noch unklar“, runzelte Körnig die Stirn. „Ohne Fusion geht es nicht – aber das letzte Wort haben die Mitglieder.“
Beim Infoabend im Marler insel-Saal wurden auch kritische Fragen laut (RS-Foto: Redemann).
Und bei denen ist das Misstrauen am größten. Wie viele Mannschaften wird der neue Verein am Ende unterhalten? Haben sie alle Platz in den Kabinen und können alle in gewohntem Umfang trainieren? Bürgermeister Arndt warb für Vertrauen: „Wir wollen alle mitnehmen, keiner soll auf der Strecke bleiben.“ So sah es auch Peter Millucks, Vorsitzender des VfL Drewer: „Unsere Plätze sind nicht mehr auf dem neuesten Stand, im Winter kann bei uns Training nur noch im Wald oder in der Halle stattfinden. Wenn die Maschine erstmal ins Laufen kommt, wird mancher froh sein, dass er nicht mehr im Matsch trainieren muss“, war sich der Bezirksliga-Vertreter sicher.
Auch wenn es noch keinen Zeitplan für die Zusammenlegung der Vereine gibt, ist sie aus Sicht der Vorstände zwingend: „Die Fusion muss kommen, es gibt keine andere Chance. Leute, setzt die Scheuklappen ab und blickt über euren eigenen Tellerrand hinaus“, appellierte Millucks an die rund 80 Zuhörer. Ein sportliches „Schwergewicht“ soll aber nicht erschaffen werden: „Wir wollen nicht mit anderen höherklassigen Mannschaften konkurrieren, sondern für den Breitensport da sein.“
Noch ist diese Vision nicht Realität; auf dem langen Weg zur großen Vereins-Ehe wird aber schon der erste kleine Schritt getan: Gemeinsam sollen die drei Beteiligten die Hallenstadtmeisterschaften ausrichten. Körnig sprach aus, was alle dachten: „Das wird unsere Bewährungsprobe.“