Die Nachspielzeit findet in Saal B 26 statt: Vor dem Essener Amtsgericht streiten zwei B-Jugendfußballer, beide 16 Jahre alt, um 3000 Euro Schmerzensgeld. Diesen Betrag fordert der Linksaußen der SpVgg Steele 03/09 vom Torwart des SC Werden-Heidhausen. Dieser soll ihm absichtlich das Schienbein gebrochen haben.
Häufig sind diese Klagen nicht. Denn Fußballspieler nehmen die Risiken des Sports eigentlich in Kauf. Anlass für diesen Prozess gab der Spielbericht des 39 Jahre alten Schiedsrichters über die Partie in Steele am 27. September 2014: „Der Torhüter Nr. 1 von Werden/Heidhausen nahm mit seinem Foulspiel wissentlich eine Verletzung des gegnerischen Stürmers in Kauf, indem er in vollem Lauf mit beiden Beinen und offener Sohle voran in den gegnerischen Stürmer sprang.“
Dieses Spiel werde ich bis heute nicht vergessen
Der Schiedsrichter
Richterin Brigitte Stehmans vernimmt am Dienstag Zeugen. Sie konzentriert sich auf die Frage, ob der Torwart beim Abwehrversuch noch eine Chance hatte, den Ball zu spielen. Der Linksaußen von Steele verneint: „Ich hatte den Ball schon an ihm vorbei gespielt, der Ball war ein bis zwei Meter weg.“ Das bestreitet der Torwart: „Ich habe den Ball getroffen, sicher. Und dann habe ich den Kläger leider mit getroffen.“
Weiterer Prozesstag ist nötig
Vor Gericht bestätigt der Schiedsrichter seinen Spielbericht. Es sei eine ruppige Begegnung der beiden B-Jugendmannschaften gewesen: „Dieses Spiel werde ich bis heute nicht vergessen.“ Der Torwart sei mit Anlauf aus dem Tor hinaus in den Gegner gesprungen: „Er ging nur aufs Bein los.“ In 23 Jahren als Schiedsrichter hätte er das noch nicht erlebt: „Ich zögerte keine Minute und gab ihm die rote Karte.“
Emotional reagiert der 39-Jährige, der als Zeuge oft das Wort ergreift, als sei er der Richter. Emotionen gibt es im Hintergrund des Prozesses genügend. So warf der Anwalt des Torwartes, Frank Roeser, dem Schiedsrichter einmal vor, den Spielbericht „nachträglich geändert“ zu haben. Das weist der zurück. Auf der anderen Seite wirft Peter Küpperfahrenberg, Anwalt des verletzten Stürmers, dem Heidhauser Torwart vor, „sich persönlich bis heute nicht entschuldigt zu haben“. Das weist dieser zurück, denn auf „WhatsApp“ hätte er es ja versucht.
Beendet wird der Prozess am Dienstag nicht. Denn das Diktiergerät der Richterin, mit dem sie die Zeugenaufnahmen protokolliert, gibt seinen Geist auf. Ein weiterer Prozesstag ist nötig.