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Benfeld im Interview
„Das Leben in Belgien war nicht so stressig“

Interview: Der unbekannteste Europapokalsieger

Joachim Benfeld existiert gar nicht. Weder Sport-Nerds noch dem Statistik-Tempel www.fussballdaten.de sagt sein Name etwas. Dabei ist er ein ganz Großer.

Wie war der Anfang in Belgien?

Es war ungewohnt. Wir hatten nur fünf, sechs Profis und haben daher nur nachmittags trainiert. Das Leben war nicht so stressig wie bei den Bayern, das gefiel mir sehr gut. Mechelen hatte auch große Ambitionen, aber ich habe keinen großen Druck gespürt. Sportlich war der Auftakt nicht berauschend.

Wir konnten den Abstieg zwar nicht mehr verhindern, sind aber direkt wieder aufgestiegen. Und dann hat sich Mechelen kontinuierlich gesteigert und ist professionell geworden. Der Präsident hatte sein Wort gehalten.

Hätten Sie damit gerechnet, neun Jahre als Profi in Belgien zu bleiben?

Eigentlich hatte ich gedacht, dass ich ein bisschen spiele und dann mit 25 noch mal versuche, den Sprung in die Bundesliga zu schaffen. Und tatsächlich ist Hermann Koch aus Gevelsberg mit Borussia Mönchengladbach ins Gespräch gekommen.

Warum wurde nichts daraus?

Die Gladbacher haben mich mehrmals beobachtet und zwei Mal mit mir gesprochen. Aber letztlich ist es an der hohen Ablöseforderung gescheitert. Mechelen hat 1,2 Millionen D-Mark verlangt. Wahrscheinlich wollten sie mich einfach nicht verlieren. Das hat ja auch ganz gut geklappt.

So sind Sie zu zwei Titeln gekommen.

1987 sind wir belgischer Pokalsieger geworden und im Jahr darauf haben wir sogar den Europapokal der Pokalsieger gewonnen. Wir haben zum ersten Mal europäisch gespielt. Dass wir den Titel holen würden, war eine reine Utopie. Wir wären schon froh gewesen, wenn wir ein oder zwei Runden überstanden hätten.

Wie kam es zur Sensation?

Damals stand man schon nach vier Runden im Finale. Heute ist es mit den Gruppeneinteilungen wesentlich schwieriger. Trotzdem haben wir überhaupt nicht damit gerechnet, noch nicht einmal vor dem Finale. Normalerweise spielten wir vor 3.000, 4.000 Zuschauern. Im Europapokal kamen 15.000 Fans zu unseren Heimspielen, weil nicht mehr ins Stadion passten. Zum Finale in Straßburg haben uns 25.000 Menschen begleitet – eine Euphorie, die es so noch nie zuvor gab. Wie kam es, dass Sie ausgerechnet bei dem Highlight nur auf der Bank saßen?

Ich habe alle Spiele auf dem Weg dorthin mitgemacht, aber ausgerechnet im Finale musste ich auf der Bank sitzen. Unser Trainer Aad de Mos wollte gegen Ajax Amsterdam nicht so offensiv spielen. Also hat er mich für einen defensiveren Mittelfeldspieler geopfert. Trotzdem war ich nach dem Schlusspfiff voll dabei. Wir haben tagelang gefeiert, das kann man sich gar nicht vorstellen. Mechelen ist nur ein bisschen größer als Gevelsberg, aber die ganze Stadt war auf den Beinen.

Auf Seite 3: "Ich fühle mich als Europäer"

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