Die deutsche Nationalmannschaft unter Bundestrainer Jürgen Klinsmann durchleben ausgerechnet kurz vor dem Confederations-Cup die erste kleine Krise. Klinsmann will sich trotz des Krachs mit Bayern München, der Auseinandersetzungen mit dem Verband und der Ausfälle von Leistungsträgern im fernen Belfast am liebsten nur mit der Vorbereitung auf die Mini-WM (15. bis 29. Juni) befassen. "In Nordirland müssen wir ein erstes Zeichen setzen", betonte Klinsmann vor der Partie den deutschen Nationalmannschaft gegen den 113. der Weltrangliste am heutigen Samstag (20.30 Uhr MESZ/live in der ARD).
Klinsmann von Bayern abhängig
Bei der Umsetzung seiner Ziele ist Klinsmann aber ausgerechnet auf den FC Bayern angewiesen, mit dessen Führung es in den vergangenen Tagen und Wochen wiederholt teils heftiges Gezänk gab; zuletzt waren Bayerns Vorstands-Boss Karl-Heinz Rummenigge und DFB-Teammanager Oliver Bierhoff zusammengerasselt. Jetzt, da Philipp Lahm, Dietmar Hamann und Miroslav Klose für den "Confed-Cup" ausfallen und nicht alle Nationalspieler in Bestform sind, ist der Bundestrainer mehr denn je vom deutschen Double-Gewinner 2005 abhängig.
Die Doppelspitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) fordert derweil die "Streithähne" zur Mäßigung auf. "Mit Streitereien in den Zeitungen werden wir nicht Weltmeister. Die Nationalmannschaft muss in Ruhe gelassen werden", sagte der Geschäftsführende DFB-Präsident Theo Zwanziger in der Zeitung "Die Welt" und ergänzte: "Ich würde mir wünschen, dass wir miteinander und nicht gegeneinander an dem großen Ziel Weltmeister 2006 arbeiten." Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder will während des Confederations Cup als Schlichter aktiv werden.
Womöglich vier Bayern in der Startelf
Voraussichtlich vier der fünf nominierten Bayern, die beim 4:2 gegen die DFB-Auswahl am vergangenen Dienstag im Trikot ihres Klubs überzeugten, werden am Samstagabend im Windsor Park von Belfast zum Einsatz kommen. Und das ist gut so, versichern die Mitspieler: "Ich bin froh, dass die Bayern wieder dabei sind, jeder hat gesehen, wie wichtig die Bayern-Fraktion für die Nationalmannschaft ist", sagte Angreifer Kevin Kuranyi, der vor allem auf die Vorlagen von Michael Ballack, Sebastian Deisler und Bastian Schweinsteiger hofft.
Auch der Münchner Vorstands-Chef Rummenigge, der sich von Bierhoff jegliche Einmischung in die Angelegenheiten des deutschen Rekordmeister verbeten hatte, plädiert für eine "rote Fraktion" in der DFB-Auswahl: "Ich will Jürgen Klinsmann nicht in die Aufstellung reinreden, aber ich glaube, er wäre nicht schlecht beraten, wenn er diesen Bayern-Block auch in der Nationalmannschaft spielen lässt." Vierter und Fünfter im Bunde sind Torsten Frings und Oliver Kahn, der in Belfast aber Jens Lehmann den Vortritt lassen muss.
Klinsmann legte am Freitag die Torwart-Rotation für die kommenden vier Partien fest. Demnach wird Lehmann gegen Nordirland spielen, danach ist zweimal Oliver Kahn in den Partien gegen Russland am kommenden Mittwoch in Mönchengladbach sowie im Auftaktspiel beim Konföderationen-Cup gegen Australien am 15. Juni in Frankfurt im Einsatz. Im zweiten Gruppenspiel gegen Tunesien am 19. Juni in Köln rückt dann wieder Lehmann zwischen die Pfosten.
Verständlicherweise argumentieren auch die Bayern-Spieler selbst für eine Block-Bildung bei der Nationalmannschaft - freilich nicht ohne Grund. "Wir Bayern haben viel Selbstvertrauen. Wir werden jetzt versuchen, unseren Siegeswillen auf die Nationalmannschaft zu übertragen", versicherte Schweinsteiger: Die Kollegen seien zwar ebenfalls gute Spieler, die Münchner aber eingespielt. Und wie zum Beweis leuchtete über dem Abflug-Gate der Nationalmannschaft auf dem Münchner Flughafen auch noch das Emblem des FC Bayern auf.
Nordirland und Russland nur Aufwärm-Programm
Der Bundestrainer wird sich dem Trend wohl nicht verschließen, betont aber zugleich, dass er die Spiele in Nordirland und danach am Mittwoch (20.45 Uhr/live im ZDF) gegen Russland in Mönchengladbach nicht als die ultimative Standortbestimmung vor der "Mini-WM" sieht. "Natürlich ist es wichtig, dass wir ein gutes Spiel gegen Nordirland oder gegen Russland machen", sagte Klinsmann, letztlich dienten die Partien aber nur als Aufwärm-Programm: "Sie sind nicht so wichtig wie der Konföderationen-Pokal."
Das Training hatte Klinsmann in den vergangenen Tagen deshalb schon ganz auf die "WM-Generalprobe" abgestimmt - in den zwei jetzt anstehenden Partien kalkuliert er damit ein, dass nicht alles läuft wie geschmiert. "Wir nehmen es in Kauf, das Risiko einzugehen, dass die Spieler am Samstag und am Mittwoch auch mal nicht ganz so fit sind und mit dicken Oberschenkeln auf dem Platz stehen. Da müssen wir durch, weil wir die Überzeugung haben, dass das Timing passt. Genauso wird es vor der WM sein."