Der Aufwärtstrend der deutschen Nationalmannschaft hat auch im "Tollhaus von Teheran" angehalten. Die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gewann bei ihrem ersten Gastspiel im Iran vor 110.000 Zuschauern im riesigen Azadi-Stadion 2:0 (1:0) und verbuchte im dritten Spiel unter Bundestrainer Jürgen Klinsmann den zweiten Auswärtssieg. Allerdings konnte das DFB-Team nicht ganz an die guten Leistungen aus den Partien in Österreich (3:1) und gegen Weltmeister Brasilien (1:1) anknüpfen.
"Tolles Erlebnis"
Jürgen Klinsmann war dennoch mit dem Spiel und der Leistung seiner Spieler zufrieden. "Wir haben hier ungeheuer viele Erfahrungswerte gesammelt. Das Spiel in der ersten Halbzeit lief etwas zerfahren und nervös. Danach wurde es aber etwas besser gegen gute Iraner, die ja immerhin zur Elite in Asien gehören. Vor dieser Kulisse dann mit 2:0 zu gewinnen, ist ein tolles Erlebnis", so der Bundestrainer.
Ernst und Brdaric erzielen erste Länderspieltreffer
Nach dem frühen Führungstreffer durch den Bremer Fabian Ernst (5.) sorgte Thomas Brdaric (53.) vom Bundesliga-Tabellenführer VfL Wolfsburg nach sehenswerter Vorarbeit durch Andreas Görlitz für die Vorentscheidung. Beide Torschützen kamen erstmals von Beginn an im DFB-Team zum Einsatz und erzielten jeweils ihr erstes Länderspieltor. "Die jungen Spieler haben mich überzeugt. Es ist generell wichtig, dass wir jedem eine Chance geben. Wir haben eine unglaublich große Qualität in der Mannschaft, hier wächst etwas zusammen", meinte "Klinsi" nach dem Sieg.
"Luxusproblem" im Tor
Allerdings hatte Torwart Jens Lehmann vom englischen Meister Arsenal London, der für den gar nicht erst angereisten Oliver Kahn eine Bewährungs-Chance erhielt, besonders in der ersten Halbzeit mit zahlreichen Klasseparaden eingreifen müssen. Die neu formierte Vierer-Abwehrkette mit Görlitz, Robert Huth, Christian Wörns und Philipp Lahm wirkte nicht immer sicher und ließ zu viele Chancen zu. Klinsmann äußerte sich nach der Partie auch zur Torwart-Diskussion: "Jens Lehmann hatte hervorragende Aktionen in der ersten Halbzeit und hat seine Aufgabe sehr gut gemacht. Es ist ein Luxusproblem, das ich auf der Torhüterposition habe. Alle anderen Themen rund um Lehmann und Kahn werden wir in Ruhe in der nächsten Woche diskutieren. Gegenseitiger Respekt ist dabei das Allerwichtigste".
Zunächst wurde die deutsche Mannschaft aber von dem herzlichen Empfang vor der riesigen Kulisse überwältigt. Gut 100.000 Zuschauer hatten schon drei Stunden vor Beginn der Partie im Stadion für Partystimmung gesorgt, gut 150.000 Menschen ohne Karten standen nach Angaben der Sicherheitsbehörden bei Spielbeginn noch vor der Arena. Das zweite Spiel in der DFB-Geschichte gegen den Iran nach dem 2:0 bei der WM 1998 in Frankreich, als Klinsmann und der heutige Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff die Tore erzielten, kam vor allem den Opfern des verheerenden Erdbebens vom 23. Dezember 2003 in Bam zugute. Allein der DFB spendete eine Million Euro.
Im insgesamt 749. Länderspiel einer deutschen Nationalmannschaft war es die sechstgrößte Kulisse. Der Rekordbesuch bei einer Partie mit deutscher Beteiligung wurde am 21. März 1982 im Maracana-Stadion in Rio de Janeiro verzeichnet, als 169.000 Zuschauer den 1:0-Sieg der Brasilianer gegen den damaligen Europameister verfolgten.
Schneider setzt Ernst in Szene
Unterstützt von ihren Anhängern, nahmen die Gastgeber in den ersten Minuten gleich das Heft in die Hand und starteten wilde Angriffsversuche in Richtung deutsches Tor. Nach zwei Ecken für den Iran führte allerdings der erste Eckstoß der DFB-Auswahl zur Führung für den Vize-Weltmeister. Nach guter Vorarbeit von Bernd Schneider gelang Ernst mit einem strammen Schuss von der Strafraumgrenze das 1:0. Der Mittelfeldspieler war für den am Knie verletzten Torsten Frings in die Anfangsformation gerückt.
In der elften Minute hatten die Gäste allerdings großes Glück. Aliresa Nikbahkt scheiterte nach hervorragender Vorarbeit von Ali Karimi aus aussichtsreicher Position. Obwohl die Hausherren eine optische Überlegenheit herausspielen konnten, hatte die deutsche Mannschaft zunächst die besseren Möglichkeiten. Schneider zirkelte in der 13. Minute den Ball knapp über die Latte. Sechs Minuten später hätte der Leverkusener selbst abschließen müssen, als er am Fünf-Meter-Raum den Ball in die Mitte spielte, wo allerdings kein Mitspieler zu finden war.
Die beste Möglichkeit vergab der Bremer Miroslav Klose in der 22. Minute, als er nach glänzender Vorarbeit von Sebastian Deisler am iranische Torwart Ebrahim Mirzapour scheiterte. Die Gastgeber vergaben besonders in der Schlussphase der ersten Halbzeit Chancen zum Ausgleich. Lehmann rettete aber mit Klasseparaden gegen Karimi (40.) und Jevad Nekounam (41.).
Premiere für Hitzlsperger und Mertesacker
Nach der Pause wurden die Angriffsbemühungen der Gastgeber immer unkontrollierter, auch weil die deutsche Abwehr vor dem sicheren Lehmann immer souveräner aufspielte. Nach dem 2:0, das Görlitz mit einer zentimetergenauen Flanke auf den Kopf von Brdaric vorbereitete, brachte der Vize-Weltmeister die Führung locker über die Zeit. Für viel versprechende Angriffsaktionen konnten die Deutschen aber auch nach den Einwechslungen der Angreifer Gerald Asamoah und Lukas Podolski in einer ereignisarmen zweiten Hälfte nicht mehr sorgen. Thomas Hitzlsperger von Aston Villa (ab der 68. Minute) und Per Mertesacker von Hannover 96 (81.) feierten noch ihr Debüt im DFB-Trikot.